Geheimnis des Verlangens
natürlich nicht schwer, zu der Erkenntnis zu kommen, dass sie sich in ihrer Einschätzung, was mit ihr geschehen würde, wieder einmal gewaltig geirrt hatte. Es hatte alles viel zuviel Geld gekostet, der Kauf von Pferden, der Kauf von Fahrkarten für zwei Flußdampfer — der Kauf einer ganzen Taverne. O Gott, sie konnte immer noch nicht glauben, dass sie das getan hatten! Und nicht einmal, um Gewinn daraus zu schlagen, denn sie hatten die Taverne im Handumdrehen weiterverkauft, und zwar mit Verlust.
Dieses Verhalten widersprach jeglicher Vernunft. Es bedeutete, dass Geld für sie keine Rolle spielte. Es bedeutete, dass sie es vielleicht wirklich nur zu ihrem, Tanyas, Nutzen taten, wie Stefan behauptet hatte, nämlich um alles aus dem Weg zu räumen, was sie nach Natchez zurückzog. Und sie konnte sich nicht einmal an die Hoffnung klammern, dass er diesbezüglich gelogen hatte, weil sie in jener Nacht, als er sie aus der Taverne trug, einen solchen Lärm gemacht hatte, dass Bertha und eins der Mädchen auf ihre Veranda herausgekommen waren, um der Sache auf den Grund zu gehen. Und Tanya konnte nicht widerstehen, diese unselige Frage zu stellen.
Bei Lichte betrachtet hatte sie sie mehr herausgeschrien: »Hast du das Harem von diesem Teufel gekauft?«
»Na klar, Süße«, hatte Bertha zurückgeschrien. Sie hatte Tanya ohne ihre Maskerade nicht einmal erkannt und war höchstens belustigt über die Rauferei, die sich da vor ihren Augen abspielte. »Ich werd's mit Schlafzimmern füllen. Haste Lust, eins davon zu übernehmen?«
Anschließend war die Bordellwirtin lachend im Innern ihres Hauses verschwunden. Tanya hatte schließlich aufgehört, sich gegen Stefans Griff zu wehren, und sie hatte seitdem kein Wort mehr mit ihm gesprochen.
Aber sie wusste jetzt, wie dumm es von ihr gewesen war, Stefan und seine Freunde durchschauen zu wollen. Sie hatten mehr Geld für sie ausgegeben, als sie jemals dafür bekommen konnten, wenn sie sie an ein Bordell verkauften. Daher sah sie sich also gezwungen, sich von der Idee zu verabschieden, dies könne ihr Motiv sein. Aber diese Geschichte von Königen und verlorengegangenen Prinzessinnen war nach wie vor zu fantastisch, um daran zu glauben. Das Ärgerliche aber war, dass sie sich jetzt keinen einzigen plausiblen Grund mehr ausdenken konnte, warum diese Männer sie entführt hatten, es sei denn ... Vielleicht lebte ja doch noch jemand von ihrer Familie und hatte die Männer damit beauftragt, sie zu finden. Vielleicht hatte man ihnen aus irgendeinem Grund aufgetragen, ihr nichts darüber zu sagen. Vielleicht... Vielleicht sollte sie aufhören, sich selbst um den Verstand zu bringen, indem sie pausenlos darüber nachdachte.
Schließlich gab es eine ganze Anzahl von Dingen, über die sie dringend nachdenken musste , zum Beispiel die Frage, was sie nun mit dem Rest ihres Lebens anfangen sollte. Jetzt, nachdem die einzige Chance auf Unabhängigkeit ihr genommen worden war. Sie würde sich Arbeit suchen müssen. Sie würde zur Abwechslung sogar dafür bezahlt werden, aber sie würde wieder Befehle entgegennehmen müssen, wieder gezwungen sein, zu gefallen und alles so zu machen, wie ein anderer es wollte, und nicht wie sie es wollte. Sie war so nah daran gewesen, niemals mehr jemandem Rede und Antwort stehen zu müssen ... Dieser verfluchte Stefan sollte in der Hölle braten.
Ihr Zorn über das, was sie ihr angetan hatten, wollte einfach nicht nachlassen, und er konzentrierte sich ausschließlich auf Stefan, obwohl der Kauf der Taverne durchaus eine gemeinschaftliche Entscheidung gewesen sein konnte, das wusste sie. Rachsucht keimte in ihr auf. Und es war etwas gänzlich Neues für sie, «einmal mit jemandem abrechnen zu wollen. Sie war daran gewöhnt, alles, was mit ihr geschah, widerspruchslos hinzunehmen, und sie wusste nicht einmal, wie man jemandem etwas heimzahlen konnte, mit gleicher Münze. Sie hatte versprochen, Stefan zu erschießen, aber das hatte sie natürlich nicht so gemeint.
Sie zog es in Erwägung, für noch mehr Verspätung zu sorgen. Zeit schien für sie eine große Rolle zu spielen, obwohl sie an den Gründen, die man ihr genannt hatte, nach wie vor zweifelte. Sie spielte auch mit dem Gedanken, sie gegeneinander aufzuhetzen, obwohl sie nicht sicher war, ob das funktionieren würde, denn sie hatte bisher noch nie erlebt, dass sie ihre Wut gegeneinander gerichtet hätten — nur gegen sie.
Aber sie konnte überhaupt nichts tun, solange sie in dieser Kabine
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