Geheimnis um ein Haus im Walde
den Knochen.”
„Es könnte ungefähr so beginnen”, meinte Dicki.
„Geheime Dinge gehen vor,
Oh, es ist kaum zu glauben!
Verbrecher bereiten Verbrechen vor,
Sie wollen entführen und rauben,
Doch auch die Bösen brauchen Ruh,
Auch Schurken müssen mal rasten.
Dann sind wir da und stoßen zu,
Dann kriegen sie eins auf den Kasten.”
Die Spürnasen lachten aus vollem Halse. Ern aber blieb ernst. Was für wundervolle Pösie! Er konnte es kaum fassen, daß Dicki die Verse einfach so aus dem Ärmel schüttelte.
„Alle Wetter!” rief er hingerissen. „Hast du das wirklich aus dem Kopf aufgesagt? Ich brauche Stunden dazu, um ein Gedicht zu machen. Du mußt ein – ein Genie sein.”
„Schon möglich”, meinte Dicki gelassen. „In der Schule sollten wir mal für die Literaturstunde ein Gedicht aufschreiben. Ich hatte es ganz vergessen. Als der Lehrer mich nun danach fragte, kramte ich in meinen Heften herum, fand das Gedicht aber natürlich nicht. Ich sagte also: ,Verzeihung! Ich kann es nicht finden. Wenn Sie gestatten, sage ich es Ihnen auf.’ Und dann deklamierte ich sechs Strophen aus dem Kopf. Ich bekam eine Eins dafür.”
„Das glaube ich nicht”, sagte Flipp.
„Ich kann es euch ja aufsagen”, erwiderte Dicki leicht gekränkt.
Aber das wollten die anderen nicht. „Hör mit deiner ewigen Angeberei auf!” sagte Rolf. „Laßt uns lieber an die Arbeit gehen. Wie kamen wir überhaupt auf Gedichte zu sprechen? Nächstens wirst du Ern noch auffordern, uns etwas vorzutragen.”
Das hätte Ern nur zu gern getan. Leider hatte er infolge seines hastigen Aufbruchs sein „Pösiebuch” zu Hause liegen lassen. Dafür zeigte er den Kindern ein anderes prächtiges Notizbuch mit schwarzem Deckel, Gummiband und einem Bleistift hinten am Rücken.
„Dein Onkel hat genauso eins”, sagte Betti. „Hat er es dir geschenkt?”
Ern zog den Bleistift heraus und beleckte die Spitze.
„Mir geschenkt? Ha, ha, ha! Ich habe es aus seinem Schreibtisch geklaut.”
Die Kinder sahen ihn entsetzt an. „Du mußt es wieder zurücklegen”, sagte Dicki streng. „Wie kannst du nur so etwas tun!”
Ern war erstaunt und gekränkt. „Was ist denn dabei, wenn ich mir ein Buch von meinem Onkel nehme? Ich brauche es doch für die Detektivarbeit. Tu doch nicht plötzlich so tugendhaft.”
„Es ist mir gleichgültig, ob du mich tugendhaft findest oder nicht.” Dicki stand auf. „Ich finde es jedenfalls gemein von dir, etwas aus dem Schreibtisch deines Onkels zu nehmen, ohne ihn zu fragen.”
„Ich werde es zurücklegen”, sagte Ern betreten. „Für Pösie hätte ich es nicht genommen. Aber da es für Detektivarbeit ist, dachte ich, es macht nichts.”
„Dann hast du falsch gedacht”, entgegnete Dicki. „Leg das Buch schleunigst zurück. Hier ist ein altes von mir, das kannst du haben. Wir werden dir sagen, was du reinschreiben sollst.”
Kleinlaut nahm Ern Dickis Notizbuch und kramte in seiner Hosentasche nach einem Bleistift, denn den aus dem schwarzen Notizbuch getraute er sich nicht mehr zu nehmen.
„Schlag die erste Seite auf und schreib in großen Druckbuchstaben ,Indizien’ rüber”, sagte Dicki.
Ern schrieb eifrig. Die nächste Seite erhielt die Überschrift „Verdächtige Personen”.
„Und was soll ich darunter schreiben?” fragte Ern.
„Die Namen der Personen, die anscheinend etwas mit dem Geheimnis zu tun haben. Nachdem du deine Liste aufgestellt hast, ziehst du Erkundigungen über die einzelnen Leute ein und streichst diejenigen, deren Unschuld sich herausstellt.”
Ern kam sich ungeheuer wichtig vor. Er kritzelte hingegeben, während ihm die Zunge aus dem Mundwinkel guckte.
Plötzlich sprang Purzel auf und knurrte. Dicki ergriff ihn am Halsband. „Ruhig, Purzel! Ich wette, Wegda schnüffelt draußen rum.” Er zwinkerte den andern Kindern zu und deutete verstohlen auf Ern, der sichtlich erschrak.
„Daß er es wagt hierherzukommen, nachdem du ihn heute morgen so kurz abgefertigt hast, Ern! Du schickst ihn am besten gleich wieder fort. Ich finde es ziemlich unverschämt von ihm, dir nachzuschnüffeln.”
Ern wurde immer unruhiger. Ein Schatten fiel in den gemütlichen Raum, und der Kopf des Polizisten erschien am Fenster. Ern starrte schreckensbleich zu ihm auf.
„Komm heraus, Ern!” donnerte Herr Grimm. „Ich habe Arbeit für dich.”
Ern stand auf und ging zur Tür. Als er sie öffnete, schoß Purzel wie ein Blitz hinaus und stürzte sich kläffend auf die Hosenbeine des
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