Geheimnis um ein Haus im Walde
Dieser Gedanke quälte ihn sehr.
Dann fiel ihm das Gedicht über seinen Onkel ein. Er stand auf und machte Licht. Das Poesiebuch lag auf dem Tisch. Er schlug es auf und las noch einmal Dickis Gedicht. Er las es immer wieder und wieder, bis er es auswendig konnte. Es gefiel ihm ungemein.
„Ich muß es im Schlaf geschrieben haben”, sagte er sich.
„Alle Wetter! Wer hätte gedacht, daß ich solch ein herrliches Gedicht schreiben kann! Es ist noch besser als Dickis Verse. Vielleicht bin ich doch ein Genie.”
Er schlüpfte ins Bett und schob das Buch unter sein Kopfkissen. Zu schade, daß das Gedicht nicht beendet war! Wie merkwürdig, daß er sich nicht daran erinnern konnte, es geschrieben zu haben! Sein Gehirn mußte unentwegt tätig sein – selbst wenn er schlief.
Ern weinte nicht mehr um seine schmerzenden Hände. Es tat ihm nicht einmal mehr leid, daß der Onkel nun die Diebesbeute finden würde. Er war stolz und glücklich in dem Bewußtsein, ein großer Dichter zu sein.
Während er die Verse vor sich hin sagte, schlief er ein. Es war warm und behaglich in seinem Bett. Herr Grimm aber stapfte unterdessen durch die kalte Nacht zum Mühlenhügel, um eine Diebesbeute zu suchen, die gar nicht da war.
Eine unangenehme Nacht für Herrn Grimm
Keuchend kletterte Herr Grimm den Mühlenhügel hinauf. Dabei schaute er eifrig nach Blinklichtern aus und horchte auf ungewöhnliche Geräusche. Aber er konnte nichts Verdächtiges bemerken. Alles war friedlich. Nur die schweren Schritte des Polizisten durchbrachen die Stille der Nacht. Am Himmel stand der abnehmende Mond und warf sein mildes Licht über das schlafende Land.
Nun tauchten die Umrisse der alten Mühle vor Herrn Grimm auf. Er ging leise darauf zu. Wenn das Diebesgut dort versteckt lag, waren die Verbrecher vielleicht auch nicht weit. Vorsorglich tastete er nach seinem Gummiknüppel. Er dachte an den Mann, der ihn neulich nachts überfallen hatte, und freute sich wieder darüber, wie schnell er mit ihm fertig geworden war.
In der alten Mühle schien niemand zu sein. Eine Ratte huschte über den Boden, als Herr Grimm durch die Tür trat. Eine aufgestörte Eule strich so dicht an ihm vorbei, daß sie ihn fast berührte. Er leuchtete mit seiner Taschenlampe durch den großen Raum, in dem allerlei Gerümpel umherlag. In den Wänden befanden sich breite Risse, und der Fußboden war voller Löcher.
Nun fiel das Licht seiner Lampe auf einen Haufen alter Säcke. Vielleicht war die Beute darunter versteckt. Während der Polizist darin herumwühlte, erhob sich eine dichte Staubwolke. Ein dumpfer, ekliger Geruch benahm ihm fast den Atem. Er hustete und nieste. Da er zwischen den Säcken nichts fand, durchsuchte er einen Stapel halbverrotteter Kisten. Dabei stöberte er ein paar Ratten auf. Eine schnappte wütend nach seiner Hand. Er schlug mit der Taschenlampe nach ihr, verfehlte sie jedoch und traf statt dessen die Wand. Das war das Ende der Lampe. Sie flackerte noch einmal kurz auf und verlosch. Kein Schütteln und Schrauben brachte sie wieder zum Leuchten.
„Kaputt!” Wütend schleuderte er die Lampe gegen die Wand. „Diese verflixte Ratte! Nun kann ich überhaupt nichts mehr sehen.”
Schimpfend zog er eine Streichholzschachtel aus der Tasche und steckte ein Streichholz an. Da entdeckte er in einer anderen Ecke noch mehr Säcke. Als er darauf zugehen wollte, erlosch das Streichholz. Er trat mit einem Fuß durch den morschen Fußboden und hatte Mühe, ihn wieder herauszuziehen.
Keuchend durchwühlte er die Säcke nach Beutestücken. Als seine Finger etwas Hartes berührten, begann sein Herz schneller zu schlagen. Ein Kästchen! Vielleicht enthielt es Schmuck. Er öffnete es im Dunkeln und griff hinein, zog seine Hand jedoch schnell wieder zurück, weil ihn etwas stach, und steckte ein neues Streichholz an.
In der Schachtel lagen verrostete Nägel. Enttäuscht warf er sie zu Boden und leckte das Blut von seinen Fingern ab.
Etwa eine Stunde lang arbeitete Herr Grimm im Schweiße seines Angesichts. Er durchsuchte schmutzige Lumpen, alte Säcke und verstaubte Zeitungen. Er öffnete Schachteln und Kartons und steckte seine Hand in jedes Loch, das er entdeckte, störte jedoch nur einige Mäusefamilien auf. Von einer Diebesbeute fand er keine Spur. Schließlich blieb er schwer atmend stehen und fuhr sich mit den schmutzigen Händen über sein erhitztes Gesicht.
„Hier ist nichts versteckt”, brummte er ärgerlich vor sich hin. „Wenn dieser Dietrich Ern
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