Geheimnis um eine verschwundene Halskette
war zu erschrocken und habe nichts bemerkt. Ach, wie dumm! Es war solch ein wundervolles Indiz – und auch eine verdächtige Person.”
Endlich ereignet sich etwas
Am Nachmittag schlüpfte Dicki wieder in die Maske des alten Mannes und hoppelte zu der Bank auf der Dorfstraße. Sein linker Fuß, den das Dreirad des kleinen Jungen überfahren hatte, war angeschwollen und schmerzte. Mit einem Stoß Zeitungen unter dem Arm ließ er sich ächzend auf der Bank nieder.
In der Konditorei gegenüber saß wieder Herr Grimm in Flanellhosen und kremfarbenem Hemd, das am Halse offen war. Er litt sehr unter der Hitze und wünschte sehnlichst schlechtes Wetter herbei – möglichst Frost und Schnee. Noch nie in seinem Leben hatte er so viel geschwitzt wie in diesem Sommer.
Nun trat Rolf ein, setzte sich an den Fenstertisch und bestellte eine Zitronenlimonade. Herr Grimm hatte sich daran gewöhnt, daß stets eins der Kinder anwesend war. Er beachtete Rolf nicht und hielt sich die Zeitung vors Gesicht, ließ den Alten auf der Bank dabei aber nicht aus den Augen.
Dicki schien fest eingeschlafen zu sein. Rolf gähnte. Doch plötzlich stutzte er. Ein Mann erschien auf der Straße, blieb vor einem Laden stehen und sah zu dem Alten auf der Bank hin. Ob er ihm eine geheime Botschaft zustecken wollte? Herr Grimm bemerkte den Mann ebenfalls und beobachtete ihn scharf.
Der Fremde blickte sich nach allen Seiten um und steckte sich dann eine Zigarette an. Die Dorfstraße war sehr still und verlassen an diesem heißen Nachmittag. Ein Auto fuhr vorbei und verschwand. Dann tauchte ein Hund auf, schnüffelte ein wenig auf dem Erdboden umher und legte sich hechelnd hin. Rolf und Herr Grimm starrten wie gebannt aus dem Fenster. Der Mann schlenderte über die Straße hinüber und blieb eine Weile vor dem Schaufenster eines Radiogeschäftes stehen. Schließlich ging er langsam auf die Bank zu und setzte sich.
Dicki tat, als schliefe er, warf dabei jedoch einen verstohlenen Blick zur Seite. Ein Gefühl sagte ihm, daß der Mann nicht zufällig hier war, sondern einen bestimmten Zweck verfolgte. Er fuhr mit einem Ruck hoch, als wäre er plötzlich aufgewacht, und schnüffelte laut. Nachdem er sich die Nase an seinem Ärmel abgewischt hatte, beugte er sich wieder über seinen Stock. Dann hustete er pfeifend.
„Sie haben einen schlimmen Husten”, sagte der Mann an seiner Seite. Dicki, der ja den Schwerhörigen spielen mußte, antwortete nichts, sondern hustete wieder.
„Sie haben einen schlimmen Husten”, wiederholte der Mann lauter. Dicki legte die Hand ans Ohr und krächzte: „Wassis?”
Der Fremde lachte ein wenig, zog ein Zigarettenetui hervor und hielt es ihm hin. Es war nur eine einzige Zigarette darin. Nachdem Dicki sie genommen hatte, füllte der Mann es wieder aus einem neuen Päckchen.
„Danke, mein Herr!” krächzte Dicki und steckte die Zigarette ein. Sein Herz schlug schnell. Bestimmt war eine geheime Botschaft in der Zigarette versteckt. Was würde sie enthalten? Er wagte es nicht, den Mann näher anzusehen, und hoffte, daß Rolf sich sein Äußeres einprägen würde.
Das tat Rolf auch – und Herr Grimm ebenfalls. Beide wiederholten im stillen immer wieder dasselbe. „Grauer Flanellanzug, blaues Hemd, schwarze Schuhe, kein Schlips, grauer Filzhut, Schnurrbart, groß, schlank, lange Nase, kleine Augen.”
Nun stand der Mann auf und verschwand. Auch für Dicki war es Zeit, sich aus dem Staub zu machen. Er stand also ebenfalls auf und schoß mit einer für einen alten Mann erstaunlichen Schnelligkeit davon.
Aber kaum war er um die Ecke gelangt, als er erschrocken stehenblieb. O weh! Dort kam der echte alte Mann, der offenbar einen kleinen Spaziergang machen wollte. Dicki durfte sich auf keinen Fall von ihm sehen lassen. Der Alte würde überaus erstaunt und entsetzt sein, wenn er sich plötzlich einem Doppelgänger gegenübersähe. Kurz entschlossen schlüpfte Dicki durch eine Gartenpforte und verbarg sich hinter einem Busch. Es war auch die allerhöchste Zeit, denn schon kam Herr Grimm um die Ecke gekeucht. Um ein Haar wäre er mit dem alten Mann zusammengestoßen. Hastig packte er ihn am Arm.
„Ha, jetzt habe ich dich!” rief er.
Der Alte fuhr erschrocken zurück. Er konnte sich gar nicht denken, was der Mann mit dem roten Gesicht von ihm wollte, denn er erkannte den Polizisten in der Zivilkleidung nicht.
„Wo ist die Zigarette?” stieß Herr Grimm hervor.
„Wassis?” krächzte der Alte verwirrt.
Nun tauchte
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