Geheimnis Um Mitternacht
bewusst, dass es zu einem noch viel schlimmeren Ergebnis führen würde, ihm ihre Liebe nicht zu geben. Sich jetzt einer Ehe mit ihm zu verweigern, wäre reine Feigheit. Es gab nur einen Weg für sie - sich ihm hinzugeben. Wenn sie das nicht tat, verleugnete sie ihre Liebe, verleugnete sich selbst. Ein Leben voll verbitterter Einsamkeit würde sie erwarten, und all das nur, weil sie Angst vor dem letzten, unwiderruflichen Schritt hatte.
Mit einem leisen Aufstöhnen lief sie die Stufen hinunter. Sie raffte ihren Rock und eilte durch den Garten, folgte dem Pfad, den Gideon genommen hatte. Der Mond spendete das einzige Licht, und als sie die dunkleren Gebiete des Gartens erreichte, wo die Bäume und Sträucher eng nebeneinander wuchsen und das Licht ausschlossen, konnte sie nur noch gehen.
Endlich kam sie zum Ende des Gartens und zu dem schmalen Pfad, der zu den Ruinen führte. Zu ihrer Rechten lag der Wald, dunkel und undurchdringlich. Zu einem anderen Zeitpunkt hätte sie vielleicht Angst gehabt, hier allein entlangzugehen, aber in dieser Nacht dachte sie an nichts anderes als an Gideon.
Dort vor ihr standen die Ruinen des Turms, und ihre Schritte beschleunigten sich, bis sie beinahe rannte. „Gideon!"
Während sie zum Fuß des Turmes eilte, rief sie noch einmal seinen Namen. An der verfallenen Tür blieb sie stehen, eine Hand an den Stein gelegt, und sog die Luft ein. Plötzlich fühlte sie sich unsicher, und als sie diesmal seinen Namen sagte, klang es ein wenig zögernd. „Gideon?"
Sie hörte das Geräusch von Holz auf Stein, und ein Licht fiel über ihr in das Treppenhaus. „Irene?"
„Ja." Ihr Herz klopfte so laut, dass sie glaubte, er müsse es selbst im oberen Stockwerk noch hören. „Ich bin hier."
„Irene!" Schritte eilten über die Steinstufen. Er kam auf dem Absatz über ihr zum Stehen und sah zu ihr hinunter.
Seine Augen schimmerten dunkel in dem matten Licht. Seine Miene wirkte angespannt.
„Meine Antwort ist Ja", sagte sie, unfähig, das leichte Stocken in ihrer Stimme zu verbergen.
Er nahm zwei Stufen auf einmal, schlang seine Arme um sie, hob sie hoch und barg sein Gesicht in ihrem Haar.
„Irene, Irene ... Ich bin halb wahnsinnig geworden. Ich dachte, dass ich ein vollkommener Schwachkopf gewesen bin, so zu gehen und dich zu einer Entscheidung zu zwingen."
Er küsste ihr Ohr, ihr Haar, das Gesicht, während die Worte aus ihm herausbrachen. „Ich wollte gerade zurückkommen und dir sagen, dass ich ein Idiot bin und so lange warten werde, wie du brauchst, um dich zu entscheiden."
Glücklich lachte Irene auf. „Aber das brauchst du nicht, denn ich bin jetzt hier, und ich habe mich entschieden. Ich will dich. Ich will dich heiraten."
„Dann sind wir uns vollkommen einig." Er hob sie in seine Arme und begann, die Stufen hinaufzusteigen. „Das passiert uns ohne Zweifel zum ersten Mal - und vielleicht auch zum letzten."
„Du denkst, dass wir uns streiten werden?", fragte Irene und sah ihn mit gespielter Bestürzung an. „Aber, Mylord, wir werden ein Herz und eine Seele sein."
„Wenn du je aufhören solltest, dich mit mir zu streiten, wüsste ich vermutlich nicht, was ich tun sollte. Vielmehr würde ich wohl glauben, dass irgendetwas nicht stimmt."
Gideon trug sie in den Raum, den er in dem Turm eingerichtet hatte, setzte sie ab und trat die Tür hinter ihnen zu.
Er stand vor ihr und sah für einen langen Moment auf sie hinab, ehe er seine Hände um ihr Gesicht legte.
„Lady Radbourne. Meine Ehefrau", sagte er versuchsweise.
„Noch bin ich nicht deine Ehefrau", erinnerte sie ihn.
Er nahm eine ihrer Hände, hob sie an seinen Mund, küsste ihre Knöchel. „Wir sind nun verlobt. Einander versprochen. Ich werde es morgen meiner Großmutter sagen, und dann werde ich zusammen mit dir nach London fahren, um formell bei deinem Bruder um deine Hand anzuhalten. Aber ich habe die Antwort bekommen, die einzige, die ich heute Nacht brauche."
Er drehte ihre Hand um und drückte einen Kuss in ihre Handfläche. „Ich habe nur eine Bedingung", sagte er und küsste ihre Hand ein weiteres Mal.
„Und die wäre?"
„Dass wir bald heiraten", erwiderte er mit einem bedeutungstollen Lächeln auf den Lippen.
Er strich ihre Wange entlang, beobachtete den Weg, den sein Finger nahm, als er ihr Kinn streichelte und über die zarte Haut ihres Halses fuhr, tiefer und tiefer, bis er die sanft gerundeten brüste erreichte und in die dunkle Spalte dazwischen glitt.
Irene stockte der Atem, und ihr
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