Geheimnis Um Mitternacht
schnell verfliegen würde. Und sie ist schon immer eng mit den Lilles verbunden gewesen. Ich glaube, Lady Odelia schwärmt für sie."
„Ich kann mir nicht vorstellen, dass Lady Odelia für irgendjemanden schwärmt", erwiderte Irene ehrlich, verfolgte die Sache aber nicht weiter. Sie beobachtete, wie Francescas Blick durch den Raum irrte und schließlich am Duke of Rochford hängen blieb, der bei seiner Schwester Callie stand und mit ihr redete.
„Nun, es ist ohnehin egal", fuhr Francesca strahlend fort. „Wenn Sie mich entschuldigen würden, ich möchte jetzt gerne meine Runde bei all unseren Mädchen machen."
„Natürlich." Irenes Neugier war geweckt, aber sie war zu höflich, um Francesca weiter zu bedrängen.
Francesca war schon im Begriff zu gehen, als sie sich noch einmal umdrehte und Irene einen Blick zuwarf, der von ihrer Klugheit sprach. „Er behauptet vielleicht, kein Interesse an der Liebe zu haben, aber ich denke, man darf sehr wohl behaupten, dass Lord Radbourne ein deutliches Interesse an Ihnen hat."
Mit einem Nicken war sie verschwunden.
Irene blieb nicht lange allein. Bald kam Piers zu ihr hinüber, um sie zum Tanzen aufzufordern. Danach blieb er bei ihr stehen, unterhielt sich mit ihr und betrachtete das Geschehen um sie herum. Und lange bevor der Abend vorbei war, hatte sie mit fast jedem Mann im Raum getanzt, sogar mit dem einschüchternden Duke of Rochford. Nur ein Mann redete nicht mit ihr oder forderte sie zum Tanzen auf - der einzige Mann, von dem sie es sich wirklich wünschte.
Gideon beobachtete sie. Sie wusste das, denn sie hatte ein oder zwei Mal bemerkt, dass sein Blick auf ihr ruhte. Sie waren zu den Klängen eines Walzers durch den Ballsaal gewirbelt, jeder mit einem anderen Partner, aber sie war sich die ganze Zeit bewusst gewesen, wo er war, und sie spürte, dass er sich ihrer genauso bewusst war. Aber dennoch forderte er sie nicht zum Tanzen auf.
Es ging schon auf Mitternacht zu, als die Musik aufhörte und alle zu einem aufwändigen Souper hinuntergingen, das im Empfangszimmer aufgedeckt worden war. Irene glaubte schon nicht mehr daran, dass Gideon je auftauchen würde, als sie plötzlich aufsah und bemerkte, dass er direkt auf sie zukam. Er blickte nicht zur Seite oder blieb stehen, um mit irgend jemandem zu reden, sondern hielt seinen Blick nur auf sie gerichtet, seine Absicht unmissverständlich.
Ihre Hand krampfte sich um ihren Fächer, und ihr Magen zog sich nervös zusammen. Ihr Blick traf und hielt den seinen. Sie hatte das Gefühl, als ob ihr das Herz aus der Brust springen wollte.
„Irene." Er blieb direkt vor ihr stehen.
Sie nickte ihm zu, kämpfte um einen Hauch von kühler Selbstsicherheit. „Mylord."
Gideon warf Mr. Surton, der neben Irene stand und mit ihr geredet hatte, einen scharfen Blick zu, und der Mann verlor keine Zeit, der unausgesprochenen Aufforderung nachzukommen. „Entschuldigen Sie mich bitte. Ich ... äh ...
ich sehe gerade jemanden, mit dem ich sprechen muss ..."
Seine Stimme verlor sich, als er sich vor Irene verbeugte und ging.
„Ich glaube, das ist mein Tanz", sagte Gideon, als die Musiker erneut ansetzen wollten.
„Tatsächlich?" Sie hob eine Augenbraue, verärgert über seinen Ton. „Ich kann mich nicht erinnern, dass Sie mich darum gebeten haben."
„Ich bitte jetzt darum."
Sie hatte den Wunsch, mit ihm zu streiten, aber dann sah sie in seine Augen, und die Worte erstarben auf ihren Lippen. Verlangen regte sich und wirbelte tief in ihrem Bauch, geweckt von der Hitze seines Blicks. Sie nickte nur und nahm seinen Arm.
Langsam gingen sie zur Tanzfläche. Sein Arm war wie Stahl unter ihrer Hand, und Irene wusste, dass ihre Finger ein klein wenig zitterten. Sie fragte sich, ob er es fühlen konnte und ob er etwas von dem Gefühlsaufruhr ahnte, der in ihr tobte.
Sie drehte sich zu ihm, und er nahm ihre Hand in die seine. Die andere Hand legte er leicht auf ihre Taille. Für einen langen Moment standen sie reglos da, während die ersten eindringlichen Töne der Geigen im unverwechselbaren Rhythmus eines Walzers erklangen. Dann endlich begannen sie zu tanzen.
Gideon sprach nicht, und auch Irene wollte nicht reden. Denn sie empfand zu viel Freude, zu viel Gefühl in diesem Moment. Es war genug, seinen Arm um sich zu spüren, seine Hand in der ihren. Es war genug, in sein Gesicht zu sehen und den Hunger zu sehen, der dort geschrieben stand.
Sie brauchte keine Worte, um zu wissen, was er fühlte, denn dasselbe Verlangen
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