Geheimnis Um Mitternacht
seine Worte beißend und sein Blick hart. Es schien Irene offensichtlich, dass dieser Mann nur wenig für seine neu entdeckte Familie übrig hatte - oder vielleicht war es einfach auch Verachtung für die Aristokratie allgemein. Sie konnte ein leichtes Mitgefühl nicht unterdrücken.
Schließlich wurde sie selbst wegen ihrer direkten Art und deutlichen Sprache von ihresgleichen und selbst Mitgliedern ihrer eigenen Familie mit Missbilligung, wenn nicht gar tatsächlicher Abneigung betrachtet.
Radbourne fuhr fort: „Sie haben einen Plan ausgeheckt, meine Fehler auszubügeln, indem sie mich an eine Frau aus guter Familie ketten. Ich vermute, sie haben die Hoffnung, dass sie mich zu angemessenerem Verhalten erziehen wird - oder wenigstens einige meiner unpassenderen Eigenschaften überspielen kann."
„Sie sind ein erwachsener Mann", gab Irene zu bedenken. „Ihre Familie kann Sie nicht zwingen zu heiraten."
Er verzog das Gesicht. „Nein. Sie können mich nur zu Tode reden."
Irene verkniff sich ein Lächeln. Sie kannte die Macht unermüdlicher Tiraden nur zu gut.
Ergeben zuckte er die Schultern. „Aber ich weiß, dass ich heiraten und für einen Erben sorgen muss. Wenn ich mich jetzt weigere, zögere ich das Unvermeidliche nur heraus. Ich habe schon mit der Idee geliebäugelt, eine Operntänzerin oder jemand Vergleichbares zu heiraten, nur um sie zu ärgern. Aber es wäre unfair von mir, jemand anderen dadurch in Verlegenheit zu bringen. Und ich möchte nicht, dass meine Kinder dazu verurteilt sind, mit dem ewigen Klatsch und Geflüster hinter ihrem Rücken leben zu müssen. Ich werde sie nicht zu Ausgestoßenen unter ihresgleichen machen. Deshalb habe ich zugestimmt, eine passende Ehefrau zu heiraten. Sie sind, wenn ich das richtig verstehe, weder verheiratet noch verlobt, und laut meiner Großtante erfüllt Ihre Familie bestens alle Anforderungen. Lady Haughston hat zugestimmt, Lady Pencully bei ihren Bemühungen zu unterstützen, also habe ich vorgeschlagen, dass Sie als eine der möglichen Kandidatinnen in Erwägung gezogen werden sollten."
Irene starrte ihn an, für den Moment sprachlos. Schließlich platzte sie heraus: „Sie überlegen, mich zu heiraten, weil ich Sie einmal mit einer Pistole bedroht habe?"
„Ich vermute, dass Sie weniger langweilig sind als all die affektierten jungen Damen, die mir bisher vorgestellt worden sind", antwortete er mit einem kleinen Lächeln.
Sie starrte ihn noch einen Augenblick an und richtete sich dann zu ihrer vollen Größe auf. Ihre Augen blitzten.
„Sind Sie wahnsinnig? Ihre Worte sind in so vielfacher Hinsicht beleidigend, dass ich kaum weiß, wo ich anfangen soll."
Er versteifte sich ein wenig, und auf seinem Gesicht zeigten sich harte Linien. Seine Stimme klang seidenweich und gefährlich, als er sagte: „Die Vorstellung, mich zu heiraten, ist eine Beleidigung für Sie?"
„Haben Sie gedacht, dass ich mich geschmeichelt fühlen würde, weil Sie mich als 'Möglichkeit' in Ihrer Brautparade ,in Erwägung ziehen'? Soll ich mich geehrt fühlen, dass Sie unter all den anderen gerade mich ausgesucht haben wie eine Stute auf dem Pferdemarkt? Weil sie mich als weniger langweilig und verachtenswert empfinden als die anderen unverheirateten Frauen des Ton?"
Sein Mund nahm einen harten Zug an. „Es ist nicht so, wie es sich jetzt bei Ihnen anhört. Ich will mir keine Ehefrau erkaufen. Aber es wäre ein praktisches Arrangement, das auch für Sie Vorteile hätte. Ich nahm an, Sie hätten das Alter hinter sich gelassen, in dem man mädchenhafte Fantasien über die Liebe hegt."
„Glauben Sie mir, ich war nie so jung, dass ich solche Fantasien hatte", schoss Irene zurück. Ärger stieg in ihr auf und ließ sie alles andere vergessen.
Sie machte einen Schritt auf ihn zu, die Hände an ihren Seiten zu Fäusten geballt, und funkelte ihn an. Dass er so kühl und gefasst wirkte, machte sie rasend. „Haben Sie gedacht, ich wäre so verzweifelt zu heiraten, so unfähig, meinen Weg ohne die Führung eines Mannes durch die Welt zu machen, dass ich mich auf so eine Gelegenheit stürzen würde?"
„Ich habe gedacht, dass Sie erwachsen und vernünftig genug wären, um die Vorteile für beide in so einem Arrangement zu erkennen", erwiderte er. „Offensichtlich habe ich mich getäuscht."
„Ja. Offensichtlich. Sie mögen mich 'passend' finden, aber ich kann Ihnen versichern, dass nichts an Ihnen ist, das zu mir passt!"
Seine Augen blitzen bei diesen Worten, sodass Irene
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