Geheimnis Um Mitternacht
Lächeln zustande, aber es verschwand sofort wieder. Sie warf einer schnellen, schuldbewussten Blick zur Tür und senkte die Stim me. „Ich fürchte, dass es sehr anstrengend werden wird. Ich will gewiss nichts Schlechtes über die Frau deines Bruders sagen aber..."
„Ich weiß, Mutter. Niemand könnte freundlicher sein als du. Die Wahrheit ist, dass Maura auch in ihren besten Zeiten schwierig ist."
„Es ist nicht leicht für ein junges Paar, mit einer Mutter zusammenleben zu müssen. Ich wünschte, dein Vater hätte uns mehr Geld hinterlassen. Wäre es nicht wundervoll, unser eigenes kleines Cottage zu haben?" Sie lächelte vor sich hin, als sie darüber nachdachte.
„Ja, das wäre es." Irenes Gedanken in Bezug auf ihren Vater waren deutlich weniger wohlwollend als die ihrer Mutter. „Vater hätte besser für uns sorgen müssen."
„Nun, was geschehen ist, ist geschehen." Irene wusste, dass Lady Claire nicht gerne schlecht über ihren Ehemann redete. „Wir müssen uns eben große Mühe geben, dass es im Haushalt keine Probleme gibt. Maura wird in den nächsten Monaten bestimmt Hilfe brauchen. Aber vielleicht zieht sie es auch vor, dass ihre eigene Mutter und Schwester kommen, auch wenn das Haus dann etwas voll sein wird."
Lady Claire hielt inne und runzelte ein wenig die Stim. „Vielleicht hätte ich gestern Abend nicht so viel tanzen sollen. Maura hat es nicht gefallen, dass mich mein Cousin so häufig aufgefordert hat. Das habe ich ihr deutlich angesehen. Es war wohl nicht angemessen."
„Du könntest dich niemals anders als angemessen verhalten", beruhigte Irene ihre Mutter. „Es war absolut nichts Falsches daran, mit deinem Cousin und deinen Freunden zu tanzen. Du hast dein ganzes Leben im Ton verbracht und weißt besser, was angemessen ist, als die Tochter irgendeines Landjunkers aus Yorkshire, die gerade erst in die Stadt gekommen ist."
„Irene!" Ihre Mutter warf einen ängstlichen Blick zur Tür hinüber und wandte sich dann wieder an ihre Tochter.
„Du darfst so etwas nicht sagen. Du hast versprochen, dass du dir mehr Mühe geben wirst, mit ihr auszukommen."
„Das werde ich", sagte Irene verstimmt. „Allerdings heißt das nicht, dass ich keine eigene Meinung mehr haben kann. Doch ich verspreche, dass ich sie nicht mehr vor Maura äußere. Aber nur deinetwegen, Mutter, nicht weil mir Mauras Ansichten und Gefühle wichtig sind. In Wahrheit ist deren Haut nämlich in etwa so dünn wie die eines Elefanten."
Ihre Worte zauberten ein überraschtes, glucksendes Lachen auf Lady Claires Lippen, die schnell eine Hand auf den Mund legte, um das Geräusch zu unterdrücken. Tadelnd schüttelte sie den Kopf. Dann nahm sie einen Schluck Tee, setzte die Tasse ab und sagte strahlend: „Nun, nachdem wir das Frühstück beendet haben, müssen wir Garn für eine Babydecke aussuchen. Es wird ein Vergnügen sein, Sachen für das Baby zu machen."
„Oh, ja."
Ihre Mutter plauderte weiter, ohne auf Irenes spöttischen Ton einzugehen.
„Schühchen und Mützchen und kleine Jacken - oh, es gibt nichts Niedlicheres als Babykleidung."
Irene nahm an, dass es durchaus eine schöne Aufgabe sein konnte, wenn man die werdende Mutter mochte. Aber es war wichtig, die Gedanken ihrer Mutter bei angenehmen Themen zu belassen und fern von der Sorge, ihrer Schwiegertochter zu missfallen. Also leistete sie keinen weiteren Widerstand, sondern ging mit ihrer Mutter auf deren Zimmer, um Garn und Strickanleitungen herauszusuchen und ihr zuzuhören, wie sie über Käppchen, bestickte Kleidchen und Babydecken plauderte. Es schien, dass bei der Ankunft eines Babys noch mehr Kleidungsartikel benötigt wurden als für die Aussteuer einer Braut.
Sie versuchte, sich für die Aufgabe zu wappnen, Maura glücklich zu machen. Auch wenn es ihr unmöglich schien, würde sie es um ihrer Mutter willen versuchen. Es ärgerte sie, dass sie Mauras Launen nachgeben und mit ihrer eigenen Meinung zurückhalten musste, wann immer sie nicht mit der ihrer Schwägerin übereinstimmte. Und dass sie ein freundliches Lächeln aufsetzen musste, wenn Maura sie kritisierte. Aber wenn sie sich nicht so verhielte, würde sie ihrer Mutter ständige Sorge bereiten. Claire würde es als ihre Aufgabe ansehen, sich für sie zu entschuldigen und Abbitte zu leisten, wenn ihre Tochter sich Maura entgegenstellte. Und Irene konnte den Gedanken nicht ertragen, dass ihre Mutter sich auf diese Art vor einer Frau erniedrigen musste, die eigentlich dem Himmel danken
Weitere Kostenlose Bücher