Geheimnis Um Mitternacht
für den Ball durchzusprechen, Fragen von gehetzten Dienstboten zu beantworten, Menüs abzunicken oder zu ändern, und natürlich mussten sie sich um all die unvermeidlichen Probleme kümmern, die immer im letzten Moment aufzutauchen schienen.
Es war schon später Nachmittag, als Irene Francesca aus den Klauen der Haushälterin befreien und sie zu einem erholsamen Spaziergang im Garten entführen konnte.
„Gott sein Dank, dass Sie mich aus dem Haus gelockt haben", sagte Francesca mit einem Seufzen, hakte sich bei Irene unter und hob ihr Gesicht der warmen Sonne entgegen. „So eine Aufregung. Natürlich hätte es zu keinem schlechteren Zeitpunkt passieren können, wo morgen alle Gäste kommen. Und dass ich das Haus und die Diener nicht kenne, macht die ganze Angelegenheit noch schlimmer. Ich habe das Gefühl, Horroughs genießt es geradezu, mit immer neuen Gründen anzukommen, warum das eine oder das andere nicht gemacht werden kann."
„Sie können viel besser mit ihm umgehen, als es mir möglich wäre, das kann ich Ihnen versichern", bestätigte Irene ihr.
Francesca lächelte. „Ich habe auch Übung darin. Der Butler auf dem Landsitz der Haughstons war ganz genau so.
Ich war so glücklich, als er mit dem übrigen Besitz an den Erben meines Mannes ging."
Irene lachte glucksend. „Bei Ihnen hört es sich so an, als gehörte er mit zum Inventar."
„So war es auch beinahe", erwiderte Francesca. „Er sagte immer: ,Aber so haben wir das hier nie gehandhabt, Mylady.' Man hatte den Eindruck, dass er dort gewesen war, seit der erste Lord Haughston den Grundstein gelegt hat." Sie verdrehte die Augen. „Ich wollte Ihnen danken, dass Sie mir so viel geholfen haben."
„Ich fürchte, Namen auf Platzkarten zu schreiben und Blumen zu arrangieren ist wenig genug", erwiderte Irene mit einem Lächeln. „Und ich hatte viel Zeit dafür, seit Gideon nicht mehr zu seinen Stunden erscheint."
„Ich bin mir sicher, diese neuen Informationen müssen ihn sehr getroffen haben." Francesca schüttelte den Kopf.
„Es muss ein schrecklicher Schock für ihn gewesen sein. Haben Sie mit ihm gesprochen?"
„Ich habe mit ihm gesprochen, aber es hat wenig genützt. Es war ein Schock, aber er ist geradezu ehern damit umgegangen."
„Nachdem ich die letzten zwei Stunden mit Teresa verbracht habe, kann ich Ihnen versichern, dass ,ehern' eine willkommene Abwechslung ist. Ich hätte nicht gedacht, dass sie überhaupt so viele Tränen produzieren kann."
Irene krauste die Stirn. „Sie hat mit der ganzen Sache doch überhaupt nichts zu tun."
„Sie macht sich Sorgen, dass diese Enthüllungen Fragen über ihre eigene Ehe aufwerfen."
Irene nickte nachdenklich. „Nun, dazu hat sie vermutlich auch allen Grund. Wenn die erste Lady Radbourne nicht entführt wurde, sondern mit einem Liebhaber weggelaufen ist, stehen die Chancen gut, dass sie noch lebt. Und wenn sie noch lebt, dann war Lord Radbourne nicht wirklich frei, Teresa zu heiraten."
„Genau. Und demzufolge wäre der arme Timothy ein uneheliches Kind und nicht Gideons Erbe. Ein beträchtlicher Standesverlust für Lady Teresa."
„Aber Lord Cecil hat Gideons Mutter offiziell für tot erklären lassen", wandte Irene ein. „Und sie ist all die Jahre weg gewesen."
„Er hätte sich sicher scheiden lassen können, weil sie ihn verlassen hat", stimmte Francesca zu. „Aber Lady Odelia sagt, dass Lord Cecil einen Betrug begangen hat, weil er sich an ein Gericht wandte, um Selene für tot erklären zu lassen. Obwohl er wusste, dass sie vermutlich noch lebte. Natürlich ist Teresa daraufhin wieder in Tränen ausgebrochen. Er hat doch gewiss schwören müssen, dass er sie für tot hält, denken Sie nicht?"
„Vermutlich." Irene schüttelte den Kopf. „Es ist auf jeden Fall alles sehr verworren. Ich habe fast ein wenig Mitleid mit Lady Teresa."
„Ich habe Mitleid mit der armen Pansy. Lady Odelia hat sie so ausgeschimpft!"
Irene verzog das Gesicht. „Ich kann Lady Odelias Verärgerung verstehen. Gideons Vater und Großmutter scheinen bei der ganzen Sache doch sehr ungeschickt vorgegangen zu sein."
Francesca nickte. „Nach allem, was Lady Odelia sagt, war Lord Cecil scheinbar ein Mann, der erst handelt und dann denkt. Und Pansy ist die unentschlossenste und willensschwächste Person, die ich überhaupt kenne."
„Was durchaus verständlich ist, da sie unter Lady Odelias Einfluss aufgewachsen ist", wandte Irene ein.
„Ja, wer könnte der armen Frau einen Vorwurf machen? Alle Lilles,
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