Geheimnis Um Mitternacht
..." Als er nicht antwortete, sah sie Francesca und Irene an.
„Er versteht es nicht", klagte sie. „Ihm ist einfach nicht klar, was für ein Skandal es gewesen wäre."
Am nächsten Tag trafen die Gäste ein. Irene verwandte beinahe ihre gesamte Zeit darauf, Francesca zu helfen. Denn trotz Lady Odelias Bemühungen, Gideons Großmutter dazu zu bringen, herunterzukommen und ihre Gäste zu begrüßen, bestand die alte Dame darauf, in ihrem Zimmer zu bleiben. Lady Teresa kam hinunter in den Salon, aber es wurde schnell deutlich, dass sie trotz ihrer sonst hochmütigen Art kaum in der Lage war, mit dieser Gesellschaft umzugehen. Sie kannte keinen der Gäste, und sie schien überwältigt davon, so eine große Zahl blaublütiger Personen begrüßen zu können. Bis auf einige wenige allgemeine Bemerkungen über das Wetter blieb sie still, und wenn sie etwas gefragt wurde, verwies sie schnell an Francesca oder Irene.
Der erste Gast, der eintraf, war tatsächlich Gideons Freund Piers Aldenham. Ein blonder, schlanker, elegant gekleideter Mann. Als Horroughs ihn mit einem unverkennbar missbilligenden Ausdruck auf seinen schmalen Zügen in den Salon führte, verbeugte er sich galant vor den Damen des Hauses.
„Es ist mir eine Ehre, Sie kennenzulernen", sagte er mit einem gewinnenden Lächeln. „Und ein Vergnügen. Ich muss meinen Freund Gideon streng rügen. Er hat mich nicht auf die Schönheit der Damen, die ich hier treffen würde, vorbereitet. Ich bin überwältigt."
„Genauso wenig hat er uns darüber informiert, was für ein Schmeichler Sie sind", erwiderte Irene mit einem Lächeln. Sie mochte sein fröhliches Grinsen und seine natürliche Unbefangenheit. Er war offensichtlich ein Mann, der sich überall zu Hause fühlte.
„Ohne Zweifel rede ich in Anwesenheit schöner Damen anders als mit ihm", sagte er ihr.
„Piers!" Gideon durchquerte mit langen Schritten den Raum, auf seinem Gesicht ein breites Lächeln. „Sag nicht, du bist früh genug aufgestanden, um schon jetzt hier zu sein."
„Gideon!" Piers drehte sich um, schlug seinem Freund auf die Schulter und ergriff dessen Hand. „Ich kann dir versichern, dass dem nicht so war. Ich bin gestern Abend zu spät angekommen, um noch hier vorzusprechen. Also bin ich direkt zum Gasthof gefahren und dort ins Bett gefallen."
„Ich werde einen der Stallburschen zum Gasthaus schicken, um deine Sachen abzuholen."
Grinsend schüttelte Piers den Kopf. „Unsinn. Ich bin dort sehr zufrieden. Es ist ein sehr gutes Zimmer."
„Sei nicht albern. Natürlich wirst du hier wohnen."
Piers' Blick glitt über die Frauen im Zimmer. „Du bist vielleicht ohne eine Mutter und Schwestern aufgewachsen, aber ich nicht. Also lass dir sagen, dass ein neuer Gast in letzter Minute all ihre Pläne ganz fürchterlich durcheinanderbringt. Sie werden uns beide dafür hassen."
Irene sah die Falte zwischen Gideons Brauen. Vermutlich nahm er an, dass sein Freund deshalb in dem Gasthof bleiben wollte, um Gideons Verhältnis zu seinen Verwandten nicht noch weiter zu belasten. Sein Verhalten nötigte ihr Respekt ab. Aber sie war sich auch sicher, dass Gideon nicht glücklich damit sein würde. Außerdem konnte er einen Freund jetzt gebrauchen.
„Oh, nein, Mr. Aldenham, Sie tun uns unrecht", sagte sie deshalb leichthin. „Wir sind fähiger, als Sie uns zutrauen.
Wir haben schon ein Zimmer für Sie vorbereitet." Das stimmte. Sie selbst hatte sichergestellt, dass das Zimmer fertig für Aldenhams Ankunft war.
Piers lächelte sie überrascht an. „Sie sind nicht nur schön, sondern auch freundlich und tüchtig, Mylady. Dennoch denke ich, dass es unentschuldbar unhöflich von mir wäre."
„Es ist überhaupt nicht unhöflich von Ihnen", erwiderte sie. „Dass wir so spät von Ihrem Kommen erfahren haben, ist Lord Radboumes Schuld. Wenn es also irgendeine Unhöflichkeit gibt, dann ist es ausschließlich die seine, und ich versichere Ihnen, dass wir an Lord Radbournes Unhöflichkeit alle sehr gut gewöhnt sind."
Piers lachte auf. „Also gut. Sie haben mich überzeugt, Mylady. Sende nach meinem Gepäck, Gid."
„Natürlich." Gideon warf einen Blick zu Irene hinüber, und für einen Augenblick war der harsche Ausdruck, den sein Gesicht in den letzten Tagen gezeigt hatte, verschwunden und wurde von einem Aufblitzen warmer Dankbarkeit ersetzt. Dann zeigte seine Miene wieder kühle Gleichgültigkeit, und er wandte sich ab. „Komm, Piers, ich zeige dir das Haus. Wenn Sie uns bitte entschuldigen
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