Geheimnis von St. Andrews
dort eingesperrt haben könnte?“
„Es war Blackburn!“, rief Cherry spontan. „Ihn müssen Sie verhaften. Bestimmt treibt er sich noch irgendwo in der Nähe herum!“
Aber bevor der Polizist fragen konnte, wie sie zu ihrem Verdacht kam, schüttelte Mark betrübt den Kopf. „Ich glaube nicht, dass es der Restaurator war, Cherry. Sieh nur.“ Er deutete auf den Boden.
Im Lichtkegel von Sergeant Murdochs Taschenlampe war eine Haarspange zu sehen. Cherry blinzelte. Sie trug keine Haarspangen. Und Blackburn ganz sicher auch nicht.
„Diese Spange stammt von Jenny Read“, fuhr Mark fort, wobei er sich an den Sergeant wandte. „Sie trägt ständig solchen Haarschmuck. Sergeant Murdoch, Jenny ist meine Ex, die auf Cherry Wynn eifersüchtig ist und ihr das Leben schwer macht.“
Der Polizeibeamte runzelte die Stirn. „Wenn das so ist, dann wird uns Jenny Read Rede und Antwort stehen müssen. Und was Mr Blackburn angeht, so glaube ich zu wissen, wo er sich aufhält. Wollen Sie mitkommen, Miss Wynn? Oder sollen wir Sie besser zu einem Arzt bringen?“
„Mir fehlt nichts“, antwortete Cherry aufgeregt. „Seit ich wieder frische Luft atme, fühle ich mich erstklassig.“
Und das stimmte wirklich. Es war schrecklich gewesen, eingesperrt zu sein. Obwohl es nur kurze Zeit gedauert hatte, wollte Cherry den Täter unbedingt erwischen. Wer immer das getan hatte, sollte sich dafür verantworten müssen. Sie hätte schwören können, dass Blackburn hinter dieser Geschichte steckte. Aber da war andererseits die Haarspange, die auf Jenny deutete.
Cherry war sehr nervös. „Ich habe mich einfach austricksen lassen. Ich wollte diese unbekannte Gestalt im Auge behalten, aber sie muss es irgendwie geschafft haben, hinter mich zu kommen. Ich wurde in die Falle gelockt. Aber ich habe keinen blassen Schimmer, was das alles bedeuten soll.“
Beruhigend legte Mark seinen Arm um ihre Schultern. „Hey, nun komm mal wieder runter. Das Wichtigste ist doch, dass dir nichts geschehen ist. Es war gewiss übel, hier eingesperrt gewesen zu sein. Aber es ist doch noch einmal gut gegangen.“
Sie nickte und genoss es einfach nur, so nahe bei ihm zu sein. Dadurch ging es ihr sofort besser. Cherry und Mark durften hinten im Streifenwagen Platz nehmen. Die Polizisten fuhren mit ihnen zum Cromwell Arms , einem der wenigen Pubs von Pittstown. Alle Gäste blickten auf, als plötzlich zwei uniformierte Polizisten sowie Cherry und Mark die nostalgisch eingerichtete Gaststube betraten.
Cherry machte sich nicht viel aus Alkohol. Die Cocktails, die sie mit ihren Freundinnen zum Abschied getrunken hatte, waren eine absolute Ausnahme gewesen. Vor allem mochte Cherry kein Bier, deshalb machte sie auch einen weiten Bogen um normale Pubs. Ohnehin zog es sie eher in coole Bars, aber so etwas suchte man hier in der Provinz natürlich vergeblich.
Blackburn und Sam Lonnegan saßen mit einigen älteren Einheimischen zusammen beim Bier. Sergeant Murdoch legte grüßend die Hand an seinen Mützenschirm und trat an ihren Tisch.
„Was ist denn los? Haben Sie Miss Wynn verhaftet?“, fragte Blackburn ironisch. Der Sergeant schüttelte den Kopf und erklärte, was geschehen war. Dann fügte er hinzu: „Wir suchen noch Zeugen. Haben Sie, Mr Blackburn, oder Sie, Mr Lonnegan, in der Kirche oder der näheren Umgebung fremde Personen bemerkt? Ist Ihnen etwas Ungewöhnliches aufgefallen?“
„Mr Lonnegan und ich sind einer Einladung des Herrn Bürgermeisters gefolgt“, sagte Blackburn und deutete auf einen älteren Mann mit einem riesigen weißen Schnurrbart. „Der Bürgermeister und die Herren vom Stadtrat interessieren sich sehr für die Fortschritte der Restaurierungsarbeiten von St. Andrews. Unsere Bierrunde hat vor ungefähr einer Stunde begonnen. Als ich zusammen mit Mr Lonnegan die Kirche verließ, habe ich nichts Verdächtiges bemerkt.“
Lonnegan nickte, um die Aussage seines Chefs zu bestätigen. Widerwillig musste sich Cherry eingestehen, dass sie mit ihrem Verdacht falsch gelegen hatte. Sie fand Blackburn immer noch verdächtig, aber zumindest hatten weder er noch Lonnegan sie eingesperrt. Cherry schaute auf die Uhr. Vor einer Stunde war sie gerade erst in ihrer Pension zu ihrem Abendspaziergang aufgebrochen. Hatte sie wirklich nur so kurz in dem Kabuff gesessen? Es war ihr vorgekommen wie eine halbe Ewigkeit.
Vielleicht hatte sie ja gekidnappt werden sollen. Aber dafür brauchte der Täter ein Auto, um sie fortzuschaffen. Besaß Jenny überhaupt
Weitere Kostenlose Bücher