Geheimnis von St. Andrews
doch im nächsten Moment hätte sie sich am liebsten auf die Zunge gebissen. Sie hörte sich völlig eifersüchtig an, was sie auch tatsächlich war, wie sie sich eingestehen musste. Doch bevor sie sich so richtig mit Mark streiten konnte, glättete der Sergeant die Wogen. Offensichtlich hatte er nicht zum ersten Mal ein streitendes Pärchen in seinem Einsatzfahrzeug.
„Ich schlage vor, dass wir noch ein wenig durch die Stadt fahren. Es gibt in Pittstown nicht allzu viele Plätze, wo man sich verstecken kann. Vielleicht treffen wir ja jemanden, der Jenny gesehen hat.“
Langsam glitt der Streifenwagen durch die mittelalterlichen Gassen. Officer Hickey auf dem Beifahrersitz betätigte den Suchscheinwerfer, dessen starker Lichtstrahl in die düstersten Ecken vordrang. Sie fuhren auch durch die Kastanienallee, in der Cherry gemeinsam mit Mark an ihrem ersten Abend spazieren gegangen war. Wehmütig dachte sie an die romantische Stimmung zurück, in der sie sich befunden hatte. Diese Atmosphäre war jetzt komplett zerstört.
An der Bushaltestelle warteten einige Kids auf den letzten Bus Richtung London. Sie alberten herum, einige übten Tanzschritte. Der Sergeant kurbelte die Fensterscheibe herunter und fragte nach Marks Ex.
„Jenny? Die habe ich vorhin Richtung Friedhof laufen sehen“, sagte ein Rothaariger mit Justin-Timberlake-Frisur. „Sie hatte schwarze Klamotten an, was sonst überhaupt nicht ihr Stil ist. Sah wie ein Gruftie aus.“
„Wann war das?“
„Muss schon länger her sein, Sergeant. Vielleicht zwei Stunden.“
Das war die einzige Information, die sie bekommen konnten. Die Fahrt ging weiter.
„Und wenn Jenny sich nun in der Kirche verkrochen hat?“, fragte Cherry. „Dort gibt es mehr als genug Versteckmöglichkeiten.“
„Ja, das könnte eine Spur sein“, stimmte Mark ihr zu. Obwohl er auf ihren Vorschlag eingegangen war, konnte Cherry ihr aufkeimendes Misstrauen gegen Mark nicht unterdrücken. Wenn er nun wusste, wo sich Jenny verborgen hielt? Vielleicht befand sie sich ja ganz woanders? Dann konnte die Polizei vergeblich in der Kirche nach ihr suchen. Jenny würde verschwunden bleiben.
Cherry verachtete sich dafür, aber sie konnte nun einmal nicht aus ihrer Haut. Sie fürchtete sich davor, dass Mark immer noch etwas für Jenny empfand. Cherrys Gefühle für ihn waren stärker, als sie sich eingestehen wollte.
„Einen Versuch ist es wert“, entschied Sergeant Murdoch und lenkte den Streifenwagen Richtung St. Andrews. Er und sein Kollege waren mit starken Stablampen ausgerüstet. Sie stiegen aus und gingen Richtung Kirche. Cherry und Mark wollten ihnen folgen, aber der Sergeant schüttelte den Kopf.
„Ihr bleibt besser im Auto. Bei einer polizeilichen Durchsuchung können wir keine Zivilisten gebrauchen. Außerdem leistet die Verdächtige womöglich Widerstand.“
Cherry hätte gerne selbst nach Jenny Ausschau gehalten. Andererseits hatte sie nun die Chance, mit Mark unter vier Augen zu reden. Als die Beamten im Kirchenportal verschwunden waren, öffnete Mark den Mund. Er saß dicht neben Cherry auf der Rückbank des Streifenwagens. Sie konnte die Wärme seines Körpers spüren.
„Bist du irgendwie sauer auf mich? Habe ich etwas gesagt, das dir gegen den Strich geht? Oder kommt mir das nur so vor?“, fragte er.
„Ich will einfach wissen, woran ich bei dir bin“, platzte sie heraus.
Cherry wusste selbst nicht, wie sie ihre Empfindungen in Worte fassen sollte. Sie fühlte sich ungeheuer zu Mark hingezogen. Aber dennoch hatte sie Angst, wieder enttäuscht zu werden. Sie wollte nicht mehr an die unglückselige Geschichte mit Tony Sanders denken. Aber irgendwie ließ sie dieser Schatten der Vergangenheit nicht los.
„Du weichst mir aus. Was soll das bedeuten? Mit so einem Spruch kann ich nichts anfangen“, erwiderte Mark gereizt.
„Okay, wie du willst. Was meinte Jennys Mutter, als sie sagte, du hättest schon einmal versucht, von Jenny loszukommen?“
Cherry konnte fühlen, wie unangenehm Mark ihre Frage war. Aber sie wollte nun einmal klare Verhältnisse.
„Ja, das stimmt. Jenny und ich waren schon länger zusammen. Aber ihre besitzergreifende Art fand ich immer schon anstrengend. Ich habe bereits einmal mit ihr Schluss gemacht. Aber sie hat mich bekniet, ihr eine zweite Chance zu geben. Na ja, und da habe ich mich eben erweichen lassen. Sie ist ja eigentlich okay, aber ihre Eifersucht macht sie zur rasenden Furie.“
Cherry atmete tief durch. Diese Aussage musste
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