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GEHEIMNISSE DER NACHT

GEHEIMNISSE DER NACHT

Titel: GEHEIMNISSE DER NACHT Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: MAGGIE SHAYNE
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Und weil sie sich selbst deutlich vor ihrem inneren Auge sehen konnte, konnte auch er sie dort sehen. In ihrer Vorstellung war sie nicht so dünn und blass wie in Wirklichkeit. Sie war gesund und besser in Form. Ihre Haare waren dieselben, rostrot, lang und kräftig. Ihre Augen – er hatte vorher nicht die Gelegenheit gehabt, ihr in die Augen zu sehen. Sie waren Smaragde, die unter einem Vorhang aus Tränen glänzten.
    Sie lag auf einem Bett, von weißen Vorhängen eingehüllt, und er selbst, Dante, stand über ihr und starrte auf sie hinab. Er sah sein eigenes Gesicht deutlich in ihren Gedanken, auch wenn es hinter den Nebeln ihrer Fantasie verschwamm. Wenn sie sich konzentrierte, teilten sich diese Nebel. Seine Gesichtszüge waren präzise. Es war sehr, sehr lange her, seit Dante das letzte Mal in einen Spiegel gesehen hatte. Aber das hier war nicht zu vergleichen. Wie umschattet sein Gesicht wirkte. Wie tief seine Augen lagen. Wie breit sein Mund war.
    Es erstaunte ihn, sich selbst in ihren Gedanken zu finden. Und nur für einen Augenblick musste er sich aus ihrer Vision zurückziehen. Er konnte nicht atmen, wenn er so tief in ihr versunken war. Den dunklen Raum betrachtend, in dem er sich befand, nahm er ein leises klapperndes Geräusch wahr. Schnell und unregelmäßig, dann und wann unterbrochen.
    Und dann spürte er das Zittern der Frau über ihm und wendete ihr wieder seine Aufmerksamkeit zu. Er richtete sich auf die Vision aus, die sich in ihren Gedanken entfaltete, während das merkwürdige Klappern schneller wurde. Er sah, wie er selbst die Frau auszog, und hörte sich dabei zu, wie er ihr einredete, alles wäre nur ein Traum, und sie hätte keine Kontrolle darüber, was geschehen würde, und trug deshalb auch keine Verantwortung dafür. Weil es nicht real war, konnte sie es sich erlauben, Dinge zu empfinden, die sie sonst nie ohne Schuldgefühle oder Scham empfinden könnte. Er bat sie, sich ihm zu ergeben, und sie seufzte zustimmend. Dann kniete er sich neben das Bett und zog sie langsam aus, während sie nur dalag, ihm nicht widerstehen konnte und es auch gar nicht wollte.
    Die Szene breitete sich vor ihm aus, hypnotisierte ihn und hielt ihn gefangen. Sein Geist war gefesselt, als der eingebildete Dante jeden Körperteil dieser Frau berührte und liebkoste, erst mit seinen Händen, dann mit seinen Lippen. Er spürte alles, was sie in ihrer Fantasie empfand, konnte sie riechen, fühlen und schmecken. Und als er sah, wie er seine Zähne in ihren Hals schlug, sah, wie sie sich in das zarte Fleisch gruben, biss er selbst unbewusst die Zähne zusammen, und schmeckte für einen köstlichen Augenblick ihr Blut auf seiner Zunge und ihren Orgasmus, der durch ihren ganzen Körper bebte und sie seinen Namen schreien ließ.
    Dann zerplatzte die Vision. Sie musste aufgesprungen sein, er hörte, wie ihre Füße den Boden berührten. Der Raum war wieder schwarz, und er stand einfach da, unter ihr, und zitterte von Kopf bis Fuß am ganzen Körper.
    Gegen die kühle Zementwand gelehnt, rang er schließlich nach Atem. Was zum Teufel machte diese Frau mit ihm? Woher kannte sie sein Gesicht, seine Stimme, warum verstand sie die dunkle Macht, die er besaß? Woher konnte sie wissen, was er war?
    Wollte sie das, wovon sie in so lebhaften Details träumte, als würde sie die Szene laut beschreiben, wie eine Zigeunerin, die alte Geschichten erzählte? War es das, worum es ging? Begehren? Lust?
    Er war hart, erregt und hungrig. Verdammt hungrig. Er wusste viel zu wenig über die auserwählten Sterblichen und ihre Verbindung zu den Untoten. Aber er hatte bereits gespürt, dass diese Verbindung viel stärker war, als er bisher angenommen hatte.
    Und deshalb musste er unbedingt mehr herausfinden.
    Dante musste trinken. Aber nicht von ihr. Lieber Gott, wenn die Fantasie schon so betäubend gewesen war, wie würde dann die Realität aussehen?
    Wahrscheinlich würde er sie umbringen. Wenn er sie berührte, würde er alle Kontrolle verlieren und alles nehmen, was sie zu geben hatte. Ihren Körper. Ihr Blut. Ihr Leben.
    Obwohl er versuchte, diese hartnäckigen Bilder abzuschütteln, blieb doch die Lust, die sie in ihm geweckt hatte, ließ sich nicht so einfach ignorieren. Er schritt auf die geschwungene Stahltür am Ende des Raumes zu, entriegelte sie und betrat den höhlenartigen Tunnel davor. Dann machte er sich auf den Weg in die Stadt.
    Um zu trinken.
    Morgan lag in ihrem opulenten Badezimmer im kühlen Badewasser und versuchte, die

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