Geheimnisse des 'Dritten Reichs'
nach Berlin abfuhr. Vergeblich hatte seine Gespielin am Nachmittag »auf glühenden Kohlen gesessen« und auf eine Nachricht gewartet. Dass der »Führer« am 7. März den Besuch des britischen Außenministers erwartete, bei dem viel auf dem Spiel stand, scheint Eva Braun nicht in ihre Betrachtungen mit einbezogen zu haben. Immerhin bemerkte sie, dass es »ja selbstverständlich« sei, dass er »jetzt kein großes Interesse« an ihr habe, nachdem sich »politisch so viel« tue. Das Weltgeschehen wurde danach bemessen, was der Geliebte an Zeit für sie aufbrachte. Am 11. März 1935 notierte Eva Braun in ihr Tagebuch: »Ich bin verzweifelt. … Er braucht mich nur zu ganz bestimmten Zwecken.« Hitler verbrachte eine ganze Woche in Bayern, ohne sich mit seiner Freundin zu treffen. Die Notiz belegt – neben der Tatsache, dass Eva und Hitler intimen Kontakt miteinander hatten –, dass Hitler sie am ausgestreckten Arm verhungern ließ. Das ewige Hin und Her zermürbte die junge Frau: »Warum quält er mich und macht nicht gleich ein Ende?«, klagte sie. Erneut plante Eva Braun einen Selbstmord. »Ich habe mich für 35 Stück entschlossen. Es sollte diesmal wirklich eine todsichere Angelegenheit werden.« Gemeint waren Phanodorm-Schlaftabletten. In der Nacht vom 28. auf den 29. Mai schluckte sie eine Überdosis des Schlafmittels, doch überlebte sie, weil erneut ihre Schwester Ilse rechtzeitig zu Stelle war.
Auch Eifersucht mag bei dem wiederholten Selbstmordversuch Evas eine Rolle gespielt haben. »Wie mir Frau Hoffmann liebevoll und ebenso taktlos mitteilte, hat er jetzt einen Ersatz für mich. Er heißt Walküre und sieht auch so aus, die Beine mit eingeschlossen. Aber diese Dimensionen hat er ja gerne«, vertraute Eva im Mai 1935 ihrem Tagebuch an.
Gemeint war die britische Adlige Unity Valkyrie Mitford, die Hitler seit Monaten umschwirrte. Die große, blonde und üppige Zwanzigjährige war dem Diktator wochenlang nachgestiegen. »Sie entdeckte, dass Hitler zum Mittagessen oft in ein kleines Restaurant ging«, erzählte uns ihre Schwester Diana Mosley im Interview. »Es nannte sich Osteria Bavaria.« Dorthin ging sie jeden Tag, in der Hoffnung, Hitler zu treffen. Irgendwann bemerkte er sie schließlich und schickte jemanden aus seinem Gefolge rüber an ihren Tisch, um sie zu einem Kaffee einzuladen. Von diesem Moment an wurden sie Freunde.«
»Liebe scheint momentan aus seinem Programm gestrichen.«
Eva Braun, Tagebuch, 29. April 1935
Das Mädchen aus der englischen Oberschicht war über ihre Schwester Diana, die der englische Faschistenführer Oswald Mosley 1932 zu seiner Geliebten gemacht hatte, mit dem braunen Gedankengut in Berührung gekommen. Im August 1933 besuchten Diana und Unity erstmals den Reichsparteitag der NSDAP in Nürnberg. Die Massenveranstaltung mit hunderttausenden Teilnehmern versetzte die beiden Schwestern in einen geradezu rauschhaften Zustand. Gegenüber einem Reporter des Evening Standard schwärmte Unity Mitford: »Als ich Adolf Hitler zum ersten Mal sah, wußte ich sofort, daß ich mit keinem anderen lieber als mit ihm zusammensein wollte.« Im Oktober 1934 reiste die Britin zu einem »Sprachstudium« nach München, doch das eigentliche Ziel ihrer Wünsche war Hitler. Dabei verließ sich Unity vor allem auf ihr gutes Aussehen: »Sie war das, was man als ›auffallend‹ bezeichnen kann«, erinnerte sich ihre Schwester Diana. »Sie war sehr groß und sehr, sehr schön.« Auch Hitler blieben die äußerlichen Reize der Engländerin nicht verborgen. Schon bald gehörte sie zum »inneren Zirkel«, beteiligte sich an politischen Gesprächen und begleitete Hitler sogar auf Reisen. »Unity Mitfahrt« lautete der Spitzname, den ihr Hitlers Adjutanten verpassten, weil sie sich Hitler ständig aufdrängte. Da Unity als Engländerin der Eintritt in die NSDAP verwehrt blieb, schenkte ihr der »Führer« ein besonderes Parteiabzeichen, das auf der Rückseite mit seinem Namenszug versehen war. Dass die beiden eine sexuelle Beziehung hatten, bestritt ihre Schwester Diana jedoch im Interview: »Sie waren sehr enge Freunde. Aber ich denke, zwischen Hitler und Unity ging es niemals um Liebe oder womöglich Heirat.«
»Hitler war das einzige Ziel ihres Lebens … Sie ließ sich nicht abbringen, auch dort nicht, wo andere Hemmungen empfunden hätten.«
David Pryce-Jones, Biograf von Unity Mitford
»Heute eine interessante Tischgesellschaft bei Frau Wagner. Anwesend waren wieder die zu jeder Zeit und
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