Geheimnisse des 'Dritten Reichs'
selbst Sepp Dietrich, »Alter Kämpfer« der NSDAP und Kommandeur der Waffen-SS-Division »Leibstandarte Adolf Hitler« signalisiert, mit Rommel gehen zu wollen. Zum letzten Schwur in dieser Sache sollte es jedoch nicht mehr kommen. Am Abend des 17. Juli geriet Rommels Wagen bei der Rückreise von einem Frontbesuch in einen feindlichen Tieffliegerangriff. Rommel befahl, eine geeignete Stelle zu suchen, die ausreichend Schutz bot – zu spät. Aus allen Rohren feuernd, stürzten sich die britischen Jagdbomber auf ihr Ziel. Rommels Fahrer wurde die Schulter herausgerissen, er verlor die Kontrolle über das Fahrzeug.Von Granatsplittern getroffen, wurde Rommel aus dem Wagen geschleudert und erlitt schwere Kopfverletzungen. Damit war der Feldmarschall vorerst ausgeschaltet.
Die Möglichkeit, dass Hitler das deutsche Volk in den eigenen Untergang mitzunehmen beabsichtigte, zog er wohl schon Anfang 1944 in Betracht. Im Sommer 1944 wurde sie zur Gewissheit.
Manfred Rommel
»Vorerst ausgeschaltet«: Der zerstörte Wagen Rommels nach dem Tieffliegerangriff vom 17. Juli 1944. Links Waffen-SS-General Sepp Dietrich.
Bayerische Staatsbibliothek, München (Fotoarchiv Hoffmann)
Feldmarschall im Widerstand?
Drei Tage später explodierte in Hitlers Hauptquartier »Wolfsschanze« die von Stauffenberg gelegte Bombe. Es war der Versuch des Tyrannenmords, um der Welt zu zeigen, dass nicht alle Deutschen Hitler blind ins Verderben folgen wollten. Ein »Aufstand des Gewissens«, getragen nicht von der Volksstimmung, sondern von einem kleinen Kreis von Verschwörern in der Wehrmacht. Welche Rolle aber spielte dabei Rommel? Was wusste er, was billigte er?
Dass es in Deutschland Widerstandszirkel gab, hatte Rommel 1943 zuerst vom Stuttgarter Oberbürgermeister Karl Strölin erfahren. Strölin, ein ehemaliger Regimentskamerad Rommels aus dem Ersten Weltkrieg und »Alter Kämpfer« der NSDAP, hatte sich innerlich von Hitler abgewandt. Bei einem Gespräch im Februar 1944 berichtete Strölin dem Feldmarschall über Gaskammern und Massenerschießungen im Osten und forderte Rommel auf, sich »für die Rettung des Reiches« zur Verfügung zu stellen. Strölin hatte Kontakt zu Carl Goerdeler, dem ehemaligen Leipziger Oberbürgermeister, der als führender Kopf des zivilen Widerstands galt. Goerdeler wiederum hoffte, den »Faktor Rommel« in seine Umsturzpläne einbeziehen zu können. Zwar galt der Feldmarschall vielen Verschwörern als Mann Hitlers, doch wenn es gelang, den populären Kriegshelden auf die Seite des Widerstands zu ziehen, würde das die Basis des Umsturzes in der Bevölkerung zweifellos erheblich vergrößern. Zudem glaubten die Verschwörer, in Rommel den richtigen Mann zur Anknüpfung von Verhandlungen mit den Westmächten vor sich zu haben, da sie ebenfalls einen Separatfrieden im Westen anstrebten. Goerdeler soll Rommel sogar für das Amt des Reichspräsidenten vorgesehen haben. Doch noch Ende März 1944 notierte der Verschwörer Generaloberst Ludwig Beck, dass man »auf Rommel nicht zählen« könne.
»Rettung des Reiches«: Stuttgarts Oberbürgermeister Karl Strölin berichtete Rommel von den Verbrechen im Rücken der Ostfront.
Bayerische Staatsbibliothek, München (Fotoarchiv Hoffmann)
Vor allem zwei Offizieren war dann die Rolle zugedacht, den Feldmarschall endgültig auf die Seite der Verschwörung zu ziehen: zum einen Generalleutnant Hans Speidel, der seit Mitte April 1944 als Stabschef Rommels fungierte, zum anderen Cäsar von Hofacker, dem Adjutanten des deutschen Militärbefehlshabers in Frankreich, Karl-Heinrich von Stülpnagel, der zum engeren Kreis der Verschwörer zählte. Da schriftliche Aufzeichnungen von Gesprächen nicht angefertigt wurden, etliche Unterlagen verloren gegangen sind oder vernichtet wurden und sich die Aussagen von Überlebenden teilweise widersprechen, sind freilich bis heute viele Fragen offen. Unklar ist vor allem: Wusste Rommel von dem geplanten Attentat – und billigte er es? Vor allem einem Besuch Hofackers bei Rommel am 9. Juli 1944 kommt dabei eine entscheidende Bedeutung zu – hatte Hofacker dem Feldmarschall, wie er nach seiner Rückkehr nach Paris behauptete, tatsächlich »völlig reinen Wein eingeschenkt«?
»Auf die Seite des Widerstands ziehen«: Der Generalfeldmarschall mit General Karl-Heinrich von Stülpnagel (Mitte) und seinem Stabschef Hans Speidel (rechts).
Haus der Geschichte Baden-Württemberg, Stuttgart
Nach dem Scheitern des Umsturzversuchs wurde Hofacker
Weitere Kostenlose Bücher