Geheimnisse des 'Dritten Reichs'
des etwa einstündigen Gesprächs mit den Generälen Burgdorf und Maisel zu informieren. Knapp gab Rommel, bleich und doch gefasst, das grausame Ergebnis wieder: »Ich bin gekommen, dir Lebewohl zu sagen. Sie verdächtigen mich der Teilnahme am Anschlag auf Hitler. Der Führer hat mich vor die Wahl gestellt, mich entweder vergiften zu lassen oder vor das Volksgericht zu kommen. Sie haben das Gift mitgebracht. In einer Viertelstunde bin ich tot.« Seinem Sohn erklärte der Feldmarschall, warum er freiwillig aus dem Leben scheiden werde: »Hitler hat mir mitteilen lassen, daß im Falle meines Freitodes euch nichts geschieht; im Gegenteil, es wird für euch gesorgt werden.«
»Der Führer wollte sein Ansehen vor dem deutschen Volke nicht herabsetzen und gebe ihm daher die Chance des Freitodes mittels einer Giftpille, die ihm unterwegs von einem der beiden Generale gegeben werde. Für den Fall einer Weigerung werde er sofort verhaftet und in Berlin vor den Volksgerichtshof gestellt. Mein Vater hat den Freitod vorgezogen.«
Manfred Rommel, eidesstattliche Erklärung, 1945
Rommels Selbstmord bewahrte die Familie vor der Sippenhaft, er sollte ein Staatsbegräbnis bekommen, damit das »Geheimnis seines Verrats vor dem deutschen Volk geheimgehalten werden konnte«. Die Täuschung der Öffentlichkeit war den Nazis viel wert. Nach kurzem Abschied stieg Rommel mit Burgdorf und Maisel in den Wagen, der vor dem Haus wartete. Schon nach wenigen Minuten ließ Burgdorf den Wagen halten und gab Rommel die tödliche Giftkapsel – kurze Zeit später war der Feldmarschall tot.
Der Zweifel, der Rommel angesichts der sicheren Niederlage gekommen sein mag und ihn veranlasste, seine Kenntnis vom Attentat auf den »Führer« nicht weiterzugeben, kompensiert nicht die aufgesummte Schuld.
Ralph Giordano, Publizist
Ironischerweise hat gerade der erzwungene Selbstmord Rommels erheblich dazu beigetragen, den »Mythos Rommel« über die Niederlage des »Dritten Reichs« zu retten. Die Verbrechen des Hitlerreichs wurden Rommel nicht angelastet, der Ehrenschild des »Wüstenfuchses« blieb fleckenlos. Bereitwillig hielten britische Historiker nach dem Krieg am Bild des ebenso genialen wie ritterlichen Heerführers fest, das schon die englische Kriegspropaganda gezeichnet hatte – und die geschlagenen Deutschen griffen diese Vorlage nur allzu gern auf.
Bereichert wurde das Bild um die Legende vom Widerstandskämpfer – allen voran von Rommels ehemaligem Stabschef Speidel: Er habe sich vorgenommen, aus Rommel »einen Nationalheros des deutschen Volkes« zu machen, erklärte Speidel nach Kriegsende. Die bittere Tragik von Rommels Schicksal jedoch können beide Zuschreibungen nicht fassen: mit voller Hingabe und den besten Intentionen einem Regime gedient zu haben, das an anderen Orten ungeheuerliche Verbrechen beging. Als er diese Selbsttäuschung zum Schluss erkannte, war es zu spät.
akg-images, Berlin (John Heartfield, Der Sinn des Hitlergrußes © The Heartfield Community of Heirs/VG Bild-Kunst, Bonn 2011)
Hitlers Geld
I m Finanzamt München-Ost dämmerte dem Finanzinspektor Vogt, dass er ein Problem hatte. Seine Mahnungen an die Reichskanzlei waren ungehört verpufft, und nun hatte sich eine formidable Riege von Gegnern vereint, um ihn daran zu hindern, seine Arbeit zu tun. Und die bestand darin, Steuern einzutreiben. Auch die Steuern von Adolf Hitler, dem Kanzler des Deutschen Reichs. Doch der dachte gar nicht daran, seine Steuerschuld zu begleichen – und die war erheblich. Denn Adolf Hitler – vom konservativen Establishment als kleiner »Weltkriegsgefreiter« abgetan, nach eigenem Bekunden ein höchst bescheidener Diener seines Vaterlands – war im Jahr seiner Machtübernahme bereits Millionär. Die Verkäufe seines Buches Mein Kampf hatten 1933 die Marke von 900000 Exemplaren überschritten und ihm Einkünfte von 1,2 Millionen Mark beschert. Das entsprach dem 750-Fachen eines Facharbeitergehalts, das bei jährlich etwa 1600 Mark lag.
Große Lügner sind auch große Zauberer.
Hitler
Davon ahnte die Öffentlichkeit allerdings nichts. Den Menschen in Deutschland wurde suggeriert, dass endlich ein Mann des Volkes die Zügel der Regierung in der Hand hielt – einer, der die Nöte des kleinen Mannes kannte, weil er selbst Not gelitten und sich von ganz unten nach ganz oben gekämpft hatte. Sehr publikumswirksam hatte Hitler kurz nach der »Machtergreifung« auf das Gehalt des Reichskanzlers verzichtet. Schon früh strickte er an
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