Geheimnisse des 'Dritten Reichs'
verhaftet und soll unter Folter in der Gestapo-Haft ausgesagt haben, dass Rommel »nach gelungenem Attentat zur Verfügung« gestanden hätte. Diese Aussage habe Hofacker Anfang September 1944 bei einer Gegenüberstellung mit dem inzwischen ebenfalls verhafteten Speidel allerdings wieder zurückgenommen, so jedenfalls behauptet es Speidel. Speidel selbst wurde drei Tage und Nächte ununterbrochen verhört, bestritt jedoch nach dem Krieg, dabei belastende Aussagen über seinen Vorgesetzten gemacht zu haben. Tatsächlich aber war eine Aussage Speidels – er habe von den Attentatsplänen gewusst und Rommel davon Kenntnis gegeben, der Feldmarschall habe jedoch die Weitermeldung unterlassen – Grundlage eines Verfahrens vor dem »Ehrenhof des Heeres«, mit dem er aus der Wehrmacht ausgestoßen und wie die übrigen Verschwörer dem Volksgerichtshof zur Aburteilung überstellt werden sollte. Doch in der Verhandlung wurde Speidel überraschenderweise freigesprochen – was wiederum Rommel als Mitwisser belastete.
»Reinen Wein eingeschenkt«?: Bis heute ist unklar, was Cäsar von Hofacker (hier Ende August 1944 vor dem sogenannten »Volksgerichtshof«) mit Rommel besprochen hat.
Bayerische Staatsbibliothek, München (Fotoarchiv Hoffmann)
»Der Feldmarschall trat den Attentatsabsichten entgegen, da er Hitler nicht zum Märtyrer gemacht wissen wollte. Sein Gedankengang war, sich der Person Hitlers durch zuverlässige Panzerverbände zu bemächtigen, um ihn vor ein deutsches Gericht zu stellen und wegen seiner Verbrechen am eigenen Volk u nd an der Menschlichkeit zu verurteilen. Das Volk, das ihn gewählt hatte, sollte ihn auch richten.«
Hans Speidel, Invasion 1944
»Ich möchte nochmals feststellen, daß mein Mann nicht an den Vorbereitungen oder den Ausführungen des 20. Juli beteiligt war, da er es als Soldat ablehnte, diesen Weg zu beschreiten. Er war während seiner Laufbahn immer Soldat und nie Politiker.«
Lucie Rommel, September 1945
Es bleibt ein Knäuel unterschiedlicher Behauptungen, der sich nicht mit letzter Gewissheit entwirren lässt. Rommels Sohn Manfred sagt heute, dass seinem Vater Erwägungen, ein Attentat auf Hitler durchzuführen, mit Sicherheit bekannt waren.
Es sei »kaum vorstellbar, dass die Überlegung, Hitler zu töten, in Gegenwart Rommels unerwähnt blieb und dass er selbst nie daran gedacht hat. Der Gedanke lag viel zu nahe.« Das Wissen um ein geplantes Attentat habe jedoch nicht bedeutet, dass er dem Tyrannenmord auch zugestimmt habe. Der tote Hitler sei für ihn gefährlicher als der lebende gewesen. Der Feldmarschall habe die Gefahr gesehen, dass mit dem Mord ein Märtyrer geschaffen worden wäre. Ohnehin habe Rommel von den konkreten Attentatsplänen des 20. Juli keine Ahnung gehabt.
Was aber hat Rommel dann am 9. Juli mit Hofacker verabredet? Hatte dieser möglicherweise ganz allgemein von der »Beseitigung« Hitlers gesprochen? Dahingehend lassen sich jedenfalls Rommels Worte interpretieren, als er nach seiner Verwundung aus dem Koma erwacht war und von dem Anschlag auf Hitler erfahren hatte: Jetzt verstehe er endlich, wovon dieser Hofacker eigentlich geredet habe. Dies freilich könnte aber auch bereits ein Teil der Strategie Rommels gewesen sein, sich selbst als Mitwisser aus der Schusslinie zu bugsieren. Ebenso wie seine schriftlichen Verlautbarungen dieser Tage, als er etwa seiner Frau schrieb: »Zu meinem Unfall hat mich das Attentat auf den Führer besonders stark erschüttert. Man kann Gott danken, daß es so gut abgegangen ist.« Was hätte ein führender Offizier nach dem gescheiterten Attentat auch anderes sagen sollen, ohne sich und seine Familie zu gefährden?
»Es ist ja so, daß also der Rommel mir draußen an der Front sagt: ›Es gibt gar keine andere Möglichkeit mehr, mit Deutschland noch irgendwie vernünftig durchzukommen, als daß wir den Führer und seine engste Sippschaft möglichst schnell umbringen. Und dann haben wir am ersten noch Aussicht, zu einem tragbaren Frieden zu kommen.‹«
General Heinz Eberbach in Trent Park, 20. September 1944
Jüngst erschlossene britische Aktenbestände lassen hingegen den Schluss zu, dass Rommel durchaus eine aktivere Rolle bei dem Umsturzversuch spielte, als bislang angenommen. Es handelt sich um Wortprotokolle von hohen deutschen Stabsoffizieren, die im englischen Kriegsgefangenenlager Trent Park ohne ihr Wissen abgehört wurden, was den dort getätigten Aussagen einen hohen Quellenwert verleiht. Vor allem den
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