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Geheimnisse des 'Dritten Reichs'

Geheimnisse des 'Dritten Reichs'

Titel: Geheimnisse des 'Dritten Reichs' Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Knopp
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wo und wie sie nun ein Auskommen finden würden. Das galt auch für den fast dreißigjährigen Gefreiten Adolf Hitler. Der besaß ein Sparbuch, auf dem 15 Mark lagen – und sonst wenig. Er hatte nichts gelernt, niemand wartete auf ihn. »In dieser Zeit war Hitler bereit, von irgend jemandem einen Posten anzunehmen, der ihm freundlich gesinnt war. … Er glich einem müden streunenden Hund, der nach einem Herren suchte«, schrieb Jahre später Karl Mayr, der als Hauptmann der bayerischen Armee 1919 zu einem frühen Förderer Hitlers wurde. Mayr war extrem rechtskonservativ und antirevolutionär eingestellt; diese Gesinnung war in der bayerischen Armeeführung eine wichtige Voraussetzung für die weitere Verwendung nach dem Krieg, denn die Armee sah sich, nachdem sie die Münchner Räterepublik zerschlagen hatte, als Bollwerk gegen Marxismus und Revolution. Mayr lockte Hitler mit der Aussicht auf einen Verbleib in der Armee und heuerte ihn an – er sollte als »V-Mann« im Kameradenkreis revolutionären Tendenzen entgegenwirken.

    »Entscheidender Wendepunkt«: Hitler nach Kriegsende im Kreis von Regimentskameraden.
    Bayerische Staatsbibliothek, München
    An der Münchner Universität wurden im Juni 1919 diese »Propagandaleute« der Nachrichtenabteilung in einem »antibolschewistischen Aufklärungskurs« geschult; in den Diskussionen nach den Vorlesungen fiel Hitler als lebhafter und überzeugender Diskussionsteilnehmer positiv auf. Bald hatte Hitler den Auftrag, eigene Vorträge zu halten, um den Kameraden, die angeblich vom »Bolschewismus verseucht« seien, wieder eine nationalistische Gesinnung näherzubringen. Er machte eine entscheidende Erfahrung – es gelang ihm, seine Zuhörer aufzuwecken und zu begeistern. »Zum ersten Mal im Leben hatte er eine Sache gefunden, die er uneingeschränkt ›beherrschte‹. Beinahe zufällig war er über seine größte Begabung gestolpert«, beschreibt Hitler-Biograf Ian Kershaw diesen Wendepunkt im Leben des bisher so Erfolglosen, der bald im Kameradenkreis zum »Starredner« avancierte. Hauptmann Mayr hatte weitere Aufträge für seine »V-Männer« – sie sollten für die Armee die über 50 Parteien beobachten, die im Zuge des Umsturzes von 1918 in München entstanden waren. Adolf Hitler bekam den Befehl, am 12. September 1919 zu einer Veranstaltung der Deutschen Arbeiterpartei im Sterneckerbräu zu gehen und darüber zu berichten. Während der Versammlung des – so Hitler – »langweiligen Vereins« kam es zu einer Diskussion, in die Hitler beherzt eingriff. »Mensch, der hat a Gosch’n, den kunnt ma braucha«, war die Reaktion des DAP-Vorsitzenden Drexler, der Hitler anbot, sich der Partei anzuschließen. Wenige Tage später trat Hitler mit der Mitgliedsnummer 555 in die DAP ein. Was ihn zu diesem Schritt bewogen habe, sei die Chance gewesen, in der kleinen Organisation schnell an Profil zu gewinnen und sie vielleicht bald zu beherrschen, erklärte Hitler einige Jahre später in Mein Kampf . Im September 1919 also trat der unbedeutende Habenichts Hitler in eine unbedeutende Splitterpartei ein, in deren Parteikasse sich gerade einmal 7,50 Mark fanden. Es war der Beginn einer höchst ungewöhnlichen Karriere – und der Anfang einer höchst lukrativen finanziellen Symbiose.

Ein Aufmarsch der »Roten Armee« während der Münchner Räterepublik, Ende April 1919.
    Bayerische Staatsbibliothek, München

    »Ein streunender Hund, der nach einem Herrn sucht«: Der bayerische Armeehauptmann Karl Mayr (links neben Reichswehrminister Gustav Noske) heuerte Hitler als V-Mann an.
    Süddeutsche Zeitung Photo, München (Knorr + Hirth)

Politik als Beruf
    Die DAP war mitgliederschwach und brauchte ein Zugpferd – Hitler ahnte, dass dies seine Chance war, und er nutzte sie. Seine Auftritte sprachen sich herum, er füllte im Jahr 1920 immer größere Säle, schließlich sogar das Zelt des »Circus Krone«. Und die Rednerhonorare, die er neben seinem Wehrsold kassierte, waren ein willkommenes Zubrot. Er ahnte, dass die Politik ihm die Chance bot, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, sozial aufzusteigen, etwas aus sich zu machen. Hitler hatte ganz pragmatisch seine Karrierechance erkannt und ergriff sie. Welche Ideologie diese Partei genau hatte, schien vorerst gleichgültig, man war sich auf diffuse Weise einig, dass die neue Ordnung nichts taugte und man dagegen angehen wollte. Den Verantwortlichen in der DAP wurde bald klar, dass die DAP ohne Hitler ein Nichts war; Hitler aber

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