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Geheimnisse des 'Dritten Reichs'

Geheimnisse des 'Dritten Reichs'

Titel: Geheimnisse des 'Dritten Reichs' Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Knopp
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für sich selbst verantwortlich, aber ohne jede Karriereaussichten«, fasst Hitler-Biograf Kershaw diese Phase zusammen. Doch zehn Jahre nach dem Tod des Vaters trat eine Wende ein: Hitler konnte sich über die Erstattung des Erbes, das erst mit dem 24. Lebensjahr des Erbberechtigten ausgezahlt werden durfte, freuen. 819 Kronen gingen per Post an den »Kunstmaler« Adolf Hitler, wohnhaft in der Meldemannstraße, Wien. Nun konnte er einen lang gehegten Wunsch verwirklichen: Er verließ Wien, die Hauptstadt des Vielvölkerreichs Österreich-Ungarn, das er verachtete. Schon früh war er deutschnational geprägt worden – im Linz seiner Jugendjahre, das eine annähernd geschlossene deutschstämmige Bevölkerung hatte, war das nichts Ungewöhnliches.

Mit kleinformatigen Aquarellen wie dieser Ansicht des Parlamentsgebäudes in Wien gelang es Hitler, eine Zeit lang seinen Lebensunterhalt zu bestreiten.
    Bayerische Staatsbibliothek, München

    »Unmöglich, Hitler an die Arbeit zu bringen«: Hitlers »Agent« Reinhold Hanisch (rechtes Bild). Links ein Aquarell der Karlskirche in Wien.
    Links: Bayerische Staatsbibliothek, München; Rechts: Wikipedia

Als junger Mensch habe ich Sorgen gehabt, wo es sich um Werte von 10, 20 oder 30 Mark handelte. Eine einzige Zeit gab es, in der ich keine Sorgen hatte: die sechs Jahre beim Militär; da hat man das nicht so ernst genommen. Den Anzug … bekam man geliefert, das Essen auch, desgleichen das Quartier.
    Hitler in einer Rede 1941
    Der Aufbruch
    Der 24-jährige Hitler ging nach München. Wie Wien war die bayerische Metropole eine Residenzstadt, die viele Künstler anzog und in der viele künstlerische Karrieren ihren Anfang nahmen. Davon indes war der Neuankömmling weit entfernt. Immerhin erlaubte ihm seine Erfahrung als Postkartenmaler, auch hier ein Auskommen zu finden. Doch 1914 sollte sich sein Leben, wie das unzähliger Menschen in Europa, jäh verändern. Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs wurde auch von Hitler freudig begrüßt. Er meldete sich freiwillig zur bayerischen Armee und zog im Herbst 1914 in den Krieg. »Ich schäme mich auch heute nicht zu sagen, daß ich, überwältigt von stürmischer Begeisterung, in die Knie gesunken war und dem Himmel aus übervollem Herzen dankte, daß es mir das Glück geschenkt, in dieser Zeit leben zu dürfen«, behauptete er zehn Jahre später in seinem Pamphlet Mein Kampf . Der Kriegsfreiwillige Hitler erlebte im Oktober 1914 mit dem »Regiment List« seine Feuertaufe bei den Kämpfen gegen die Briten bei Ypern. Danach verbrachte er den Krieg vorwiegend als Meldegänger im rückwärtigen Bereich der Front. Das »Regiment List« wurde in diesen Jahren für ihn zur Heimat, er stand im Sold des bayerischen Staates und war aller Sorgen um Verpflegung und Unterkunft enthoben. Als Soldat hatte er das Empfinden, für die deutsche Nation an einer großen, weltbewegenden Auseinandersetzung teilzuhaben – das verlieh seinem Dasein gleichzeitig eine Art Sorgenfreiheit und jene Bedeutung, die er sich wünschte. Doch auch diese Zeit, die ihn mit »stolzem Glück« erfüllt hatte, endete jäh. Im Oktober 1918 wurde der Gefreite Hitler Opfer eines britischen Gasangriffs und erblindete zeitweise; im Lazarett im pommerschen Pasewalk erfuhr er von der Revolution und der Niederlage.

    »Stürmische Begeisterung«: Inmitten der Menschenmenge, die am 2. August 1914 auf dem Münchner Odeonsplatz den Kriegsausbruch bejubelte, befand sich auch Hitler.
    Bayerische Staatsbibliothek, München
    »Nun sah ich erst, wie sehr alles persönliche Leid versinkt gegenüber dem Unglück des Vaterlandes«, schrieb er rückblickend. Und er überhöhte diesen Moment zum entscheidenden Wendepunkt seines Lebens: »Ich aber beschloß, Politiker zu werden.« Ganz einfach war es nicht, wenn auch die Bedeutung von Kriegserlebnis und Niederlage für den jungen Hitler unbestreitbar sind, wie Ian Kershaw betont: »Der Erste Weltkrieg hat Hitler erst möglich gemacht. … Ohne den Krieg wäre ein verkrachter Künstler wie Hitler auf dem Stuhl des Reichskanzlers, auf dem mit Bismarck noch ein Mann mit der ›richtigen‹ Herkunft Platz genommen hatte, undenkbar gewesen.« Doch bis dahin war es ein langer Weg.
    Als Hitler 1919 nach München zurückkehrte, war er noch immer Soldat der bayerischen Armee. Doch den meisten Einheiten, die von den Fronten in die Heimat verlegt wurden, stand die Demobilisierung bevor. Für fast alle Heimkehrer stellte sich nach vier Jahren Krieg die Frage,

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