Geheimnisse des 'Dritten Reichs'
Beine«: Betörte Eva Braun Hitler mit ihren weiblichen Reizen? Die 18-Jährige als Angestellte bei »Photo-Hoffmann«, 1930.
bpk – Bildagentur für Kunst, Kultur und Geschichte, Berlin (Bayerische Staatsbibliothek/Archiv Heinrich Hoffmann)
So viel wir heute über die Geschichte Eva Brauns auch wissen, im sogenannten »Dritten Reich«, waren nur die allerwenigsten über die Existenz der jungen Frau an Hitlers Seite informiert. »Hitlers Braut ist Deutschland«, betonte die NS-Propaganda stets. »Es muß ein Junggeselle sein! Dann kriegen wir auch die Weiber«, erklärte schon der »völkische« Dichter Dietrich Eckart, den Hitler 1919 in München kennen lernte. Eckart entwickelte damals die Vision einer Partei gegen Juden und Bolschewisten, deren künftiger Führer ledig sein sollte. In der Münchner Öffentlichkeit gab sich Hitler folglich stets als unbeweibt aus.
Ich darf keine Frau lieben, bis ich nicht mein Werk vollendet habe.
Hitler, Februar 1932
Er fürchtete, durch die Beziehung zu einer Frau die Unterstützung jener Damen zu verlieren, welche sich für ihn als Politiker und Mann interessierten. Als Junggeselle glaubte er eine größere Anziehungskraft auf Frauen auszuüben als ein verheirateter Mann. Auch später hielt er an dieser Meinung fest. »Daß ich keine Frau genommen habe, hat meinen Einfluß auf den weiblichen Bevölkerungsteil ständig vermehrt. Ich hätte mir einen Popularitätsverlust bei der deutschen Frau nicht leisten können, denn sie ist doch bei den Wahlen von ausschlaggebender Bedeutung«, soll Hitler im Beisein seiner Sekretärin Christa Schroeder erklärt haben. Auch seinen Rüstungsminister Albert Speer belehrte er: »Viele Frauen hängen an mir, weil ich unverheiratet bin. Das war besonders wichtig in der Kampfzeit. Es ist so wie bei dem Filmschauspieler: Wenn er heiratet, verliert er für die ihn anhimmelnden Frauen ein gewisses Etwas, er ist nicht mehr so sehr ihr Idol.« Wie recht Hitler damit hatte, zeigte sich nicht zuletzt bei den Wahlen. Im »roten Berlin« wählten beispielsweise im Oktober 1930 über 200000 Frauen gegenüber knapp 192000 Männern nationalsozialistisch. Auch wenn sich Hitler gern mit attraktiven Frauen umgab, in Damengesellschaft überaus charmant und liebenswert sein konnte – nach heutiger Kenntnis ist er mit keiner Frau, nicht einmal mit Eva Braun, eine engere Bindung eingegangen. Stattdessen entwarfen Hitler und die NS-Propaganda das Bild des Unverheirateten, der sich für »Volk und Vaterland« aufopferte und kein Privatleben kannte. »Ich bin mit der Politik dermaßen verheiratet, daß ich nicht daran denken kann, mich auch noch zu verloben«, ließ er öffentlich verlauten. Nicht zuletzt weil Hitlers Liebesleben zu den bestgehüteten Geheimnissen des »Dritten Reichs« gehörte, ist darüber in den letzten sechs Jahrzehnten ebenso viel geforscht wie spekuliert worden. Dabei wurden ihm mal sexuelle Ausschweifungen unterstellt, mal totale Enthaltsamkeit. Auch die Frage, ob Hitler »ein richtiger Mann« gewesen sei oder unter einer körperlichen Missbildung gelitten habe, wurde nicht nur von Boulevardblättern erschöpfend behandelt, sondern auch von seriösen Historikern kontrovers diskutiert.
Die These, dass Hitler zwar gern Umgang mit schönen Frauen gepflegt habe, in Wirklichkeit aber homosexuell gewesen sei, ist ebenfalls erschöpfend erörtert worden. Wie aber lässt sich das große Interesse an Hitlers Privatleben erklären – mehr als 65 Jahre nach seinem Tod? »Das Privatleben Hitler ist wahrscheinlich deshalb so faszinierend, weil es einen großen Kontrast bildet zur historischen Figur«, meint der belgische Journalist Jean-Paul Mulders. »Jeder kennt Hitler vor dem Hintergrund seiner Politik und seiner unmenschlichen Verbrechen. Er scheint das Fleisch gewordene Böse gewesen zu sein, ein Monster. Aber wenn man sich mit seinem Privatleben beschäftigt, stellt man fest, dass Hitler ein Mensch aus Fleisch und Blut war, der natürlich auch Beziehungen zu Frauen unterhielt. Dieser Kontrast ist faszinierend, das ist für Journalisten wie Historiker nach wie vor spannend.«
Nicht nur die Boulevardpresse, auch namhafte Historiker haben sich brennend für das Liebesleben Hitlers interessiert, und zwar jahrzehntelang, bis zum heutigen Tag. Mir scheint, dass das Ganze ein hilfloser Versuch ist, in der Sexualität Hitlers seinen Charakter zu erklären und sein Wesen, das eigentlich unerklärlich ist.
Anna Maria Sigmund, Historikerin
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