Geheimnisse des Himmels
erfassen. Die Veränderungen in Kaines Körperhaltung oder das Glitzern in Meloras Augen. Kaithlyn erinnerte sich daran, zu atmen. Bei all den Bildern, die sie aufnehmen musste, den Geräuschen, die ihren Gehörsinn beanspruchten, fiel es ihr schwer sich auf eine so simple Sache wie Atmen zu konzentrieren. Sie nahm einen tiefen Atemzug durch den Mund und hoffte der Sauerstoff würde ihr helfen sich gegen die verbleibenden Gegner zu wappnen. Am Leben zu bleiben war auch eine Art des Kämpfens. Eine Möglichkeit den Plan zu unterstützen. Fyes? Kaines? Meloras? Was hatten die drei vor? Was hatte Fye vor?
Etwas, das so offensichtlich Meloras Hilfe beanspruchte, das Kaine sie weiter antrieb durchzuhalten. Meloras Gesicht glänzte, ihre Wangen waren gerötet, ihre Haut mit Schweißperlen benetzt, wie bei jemandem der sehr hohes Fieber hatte. Das Haar klebte ihr an Hals und Nacken, als wäre es Wasser getränkt. Die Schnittwunde an ihrem Oberarm leuchtete wie ein scharlachroter Mund. Ihre Atemzüge waren so schwer und rasselnd, als schnüre ihr etwas die Kehle zu. Ich habe all meine Magie verbraucht. Und all die Energie dazu, dachte Kaithlyn. Egal, wie sehr Meloras Stolz sie auch anspornte, lange würde sie nicht mehr durchhalten können. Sollte sie etwas sagen? Kaine warf gelegentlich einen Blick auf Melora, aber er konnte doch unmöglich innerhalb dieser einen Millisekunde sehen, was Kaithlyn sah. Alles, was für ihn zählte, war, dass Melora noch immer stehen konnte.
Er ist besorgt. Du erkennst es nur nicht, aber er ist besorgt. Ich sehe es.
Kaithlyn wand den Blick nicht von Melora ab.
Woran? , fragte sie Harlow.
Seine Hände. Seine Schultern.
Kaithlyn starrte auf Kaines Rücken. Ihr Blick wanderte an seinen Armen hinunter.
Er zittert! Kaines Finger zitterten so stark, dass ihm sein Schwert ständig zu entgleiten drohte. Kaithlyn hatte ihn zuvor kämpfen gesehen. Sein Schwert war sein verlängerter Arm, es war ein Teil von ihm, etwas, mit dem er sich verbunden fühlte. Diese Waffe verlieh ihm Schnelligkeit, Geschick und Stärke. Meisterhaft beherrschte er diesen Kampfstil, so wie Melora ihre Magie. Es war seine Sicherheit, etwas worauf er sich verlassen konnte. Sie hatte die Zuversicht in seinen Augen gesehen, sobald seine Finger sich um dessen Griff geschlossen hatten. Diese Verbundenheit zu einem Talent, das er besaß, ließ Kaine unerschüttlich und clever wirken. Was musste in seinem Kopf vorgehen, das er all diese Gefühle verlor? Das er seine Waffe in Frage stellte? Sorge schafft Angst. Angst kann nur entstehen, wenn man etwas zu verlieren hat. Wenn man etwas zu verlieren hat, ist man…schutzlos. Zum ersten Mal hatte sie das Gefühl Kaine verstehen zu können.
Eine tiefdunkle Wolke aus Rauchschwaden tat sich vor ihnen auf, wie ein Abgrund. Der graue Schleier verbarg ihnen die Sicht auf die Optionen die ihnen blieben, um weiter ins Herz des Festsaales vorzudringen. Kaithlyn stellte sich vor wie einfach diese Aufgabe sein würde wäre dies ein gewöhnlicher Tag geblieben. Eine gewöhnliche Nacht. Kaum hundert Schritte, vorbei an festlich gekleideten Gästen, geleitet von Musik und Freude in der Luft. Diese Entfernung schien zu diesem Zeitpunkt unüberbrückbar. Es war als ruderte sie in einem kleinen Boot entgegen einer der Himmelsströme, ruderte und ruderte und kam kein Stück dagegen an.
Die Drei wurden von keiner Banshee angegriffen, aber die klobigen, sperrigen Trümmerstücke des Gemäuers, die Stahlverkleidung, die Kabel, die Flammen, die alles verzerrten, was in ihrer Reichweite war und vor allem die Zauber, die unachtsam, kreuz und quer durch den Raum flogen und neuen Schaden anrichteten, wenn sie ihr eigentliches Ziel verfehlten, nahmen ihre Aufmerksamkeit voll in Anspruch.
„Ducken!“, brüllte Kaine, als ein greller Blitz wenige Meter neben ihnen einschlug und einen kleinen Krater hinterließ. Der Mann, der ihn abgefeuert hatte, sah nicht einmal in ihre Richtung. Er war vollauf damit beschäftigt eine Banshee zu erledigen. Kaithlyn ging aus der Hocke. Kaine und Melora waren ihr bereits einige Schritte voraus. Sie hatte das Gefühl mit jedem weiteren Schritt den sie tat völlig die Orientierung zu verlieren. Sie öffnete den Mund, um Kaine zu sagen, das sie es für ratsam hielt, einen anderen Weg einzuschlagen, doch bevor ihr auch nur ein Wort über die Lippen kam, stieß jemand von hinten gegen sie und brachte sie völlig aus der Fassung. Sie schnellte herum und sah erleichtert in das
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