Geheimnisse des Himmels
aufeinander, um nichts Falsches zu sagen. Wut schien das einzige Gefühl zu sein, das Kaithlyn in letzter Zeit verspürte und es wurde schlimmer je länger sie es unterdrückte. Es staute sich in ihrer Brust auf, wie eine Bombe kurz vor der verheerenden Explosion. Sie war wütend auf Melora, die mit Kaithlyns Unwissenheit spielte. Auf Kaine der sie einfach so und unvorbereitet durch den Bannkreis gezogen hatte und ständig ein Gesicht, wie sieben Tage Regenwetter zog, aber vor allem auf ihre Tante.
Relia Abadon, die es einfach für nicht nötig hielt, aus welchem Grund auch immer, ihr Rede und Antwort zu stehen und das nicht nur heute. Kaithlyn stand auf und stampfte zur Tür.
„Wo ist das Bad?“, sagte sie, ohne sich noch mal umzudrehen.
„Die Treppe rauf und dann links“, sagte Melora verdutzt.
„Soll ich es dir zeigen?“, fragte sie in einem Anflug echter Freundlichkeit.
„Nicht nötig!“
Und schon war Kaithlyn aus der Tür, die sie sofort hinter sich schloss. Das halte ich dort nicht länger aus, dachte sie. Ziellos wanderte sie die nächste Treppe hinauf und schleppte sich durch einen langen düsteren Flur.
Das Feuer im Kamin ging langsam aus und ein leises Knistern erfüllte die Luft wie ungebetene Musik zur falschen Zeit. Der Wind rappelte an den Fenstern und setzte Blätter auf den Simsen ab. Melora knirschte mit den Zähnen und starrte die Tür an, als würde das Kaithlyn zurückbringen.
„Lass sie nur, Melora“, sagte Mr Aveda beschwichtigend.
„Sie ist noch ein Kind.“
Dann sah er Mrs Abadon an. Sie hatte ihren Kopf zwischen den dünnen runzeligen Fingern begraben und seufzte im Minutentakt.
„Sie hasst mich dafür. Für einfach alles. Für mich ist es doch auch nicht leicht“, sagte Mrs Abadon und war den Tränen nahe.
„Nein. Nein. Nicht doch, Relia.“
Mr Aveda stand auf und legte Mrs Abadon tröstend die Hand auf die Schulter.
„Kaithlyn wird schon bald Verständnis dafür haben. Sie ist ein liebes Mädchen“, sagte er mit beruhigender Stimme und einem sanften Lächeln.
„Es war nicht leicht immer alles unter Verschluss zu halten. All die Jahre, voller Geheimnisse“, sagte Mrs Abadon zittrig.
„Bald wird sie alles verstehen.“
Kaine starrte aus dem Fenster. Sein eigenes Gesicht sah ihn aus dem Spiegelbild der Scheibe entgegen. Er fühlte sich nicht besonders wohl an diesem Ort mit den Leuten, von denen er normalerweise Abstand hielt. Er konnte dieses Mädchen verstehen. Wirklich. Aber seit wann versuchte er sich in Dinge einzumischen, die ihn nichts angingen.
Kapitel 3
Harlow
Kaithlyn stoppte verwirrt. Hier oben wurde es von Schritt zu Schritt dunkler. Keine Kerzen brannten und die Fenster hätten bei der übermäßigen Dunkelheit der Abenddämmerung auch kein Licht hereinlassen können. Also stolperte Kaithlyn durch den langen Flur, dessen Wände mit Porträts gesäumt waren, die sie jedoch nur schemenhaft ausmachte. Sie blieb hin und wieder stehen; versuchte etwas zu erkennen. Die Toilette hatte sie jedenfalls noch nicht gefunden. Es erschien ihr als sei der Flur endlos lang.
Sie tastete entlang der Wände und spürte zu ihrer rechten Seite einen kalten Türknauf. Es war unheimlich alleine durch die Finsternis zu wandern und um aus dem dunklen Flur zu kommen, entschied sie einfach in das nächstbeste Zimmer zu gehen, in dem es hoffentlich einen Lichtschalter gab. Erleichtert fand sie diesen direkt neben dem Türrahmen.
Vor ihren Augen blitzen grelle Lichter, als es abrupt hell wurde.
An der Decke hing ein riesiger Kronleuchter aus Kristallen und Perlen und erhellte den Raum. Kaithlyn sah sich um; das Bad war es nicht. Sie hätte diesem Raum aber auch keine andere Eigenschaft zuordnen können, weil eine Menge nicht zusammenpassender Dinge hier drin standen. Ein paar Spiegel an der Wand, alt und mit milchigen Gläsern. Kisten aus Holz und Koffer mit Flicken, seltsame Instrumente und Geräte aus Metal, mit vielen Knöpfen in jeder Größe, Form und Farbe. Außer dem Kronleuchter hingen Mobiles und Kristallkugeln an der Decke. Hier und da lagen ein paar kaputte Bücher auf dem Boden verteilt und in einer Ecke stand eine steinerne Figur eines Tieres. Kaithlyn trat näher. Es sah aus wie ein Drache, aber dafür war der Schwanz viel zu lang und die Flügel nicht aus Schuppen, sondern Federn. Sie wusste nicht, was es darstellen sollte. Vielleicht eine Figur aus einem Mythos?
Die Besitzerin des Anwesens musste wirklich einen ausgefallenen
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