Geheimnisse des Himmels
dahinter sein. Wer weiß, wann die nächste Abzweigung kam?
Kaithlyn griff mit einer Hand nach ein paar Ästen der Hecke und drückte sie zur Seite. Es war nicht leicht gegen dieses harte, widerstandsfeste Gewirr anzukämpfen. Sie schnitt sich an den Dornen und ihre Finger pochten leicht. Mit aller Kraft presste sie ihren Körper durch das Gebüsch. Ihre Haare verfingen sich in den Zweigen und diese peitschten ihr ins Gesicht. Weitere Dornen rissen Löcher in ihre Kleidung und streiften ihre Arme und Beine. Ein unangenehmer Schmerz durchfuhr ihren Körper, als sie schließlich auf der anderen Seite der Hecke zu Boden fiel und kurz aufschreckte. Ihre Arme und Beine waren durchzogen von schmalen blutigen Rissen und ihr Gesicht brannte.
„Harlow? Wo bist du?“
Es war still. Der Pfad vor ihr machte eine Biegung an deren Ende etwas im Gebüsch funkelte. Es war Harlows rote Schleife, an der das Glöckchen und der kleine Schlüssel hingen. Sie war leicht zerfetzt. Kaithlyn fischte es aus der Hecke und schrie nun so laut sie konnte:
„HARLOW!“
Ihre Schreie gellten durch die Luft und hallten immer leiser werdender wieder. Sie steckte Harlows Band ein. Harlow musste einfach hier sein. Kaithlyn hatte sie doch gehört. Vielleicht schon eine Ecke weiter. Kaithlyn musste sie finden. Tränen schossen ihr in die Augen und sie sah panisch umher. Dann hörte sie ein weiteres Geräusch. Ein grauenhafter Schrei drang an ihre Ohren. Das war Meloras Stimme, dachte Kaithlyn und begann den Weg vor ihr entlang zu stürmen. Woher kam er?
Sie schien sich kaum fortzubewegen, alles sah gleich aus. Kaithlyn hatte sich verlaufen. Sie wusste nicht, welche Richtung oder Abzweigung sie nehmen sollte. Sie rannte noch schneller und lauschte angestrengt. Sie atmete schwerer und ihr Herz begann unregelmäßig vor Sorge und Anstrengung zu schlagen. Sie erreichte erneut eine Abzweigung, wand sich nach rechts und erblickte etwas. Einen großen Stein? Ein Bündel Lumpen…Hektisch riss Kaithlyn die Augen weit auf. Es war Harlow! Da hinten, nur wenige Meter entfernt, lag Harlow. Kaithlyn schoss hinüber, stauchelte und stürzte auf den Boden, wobei ihr rechtes Knie hart auf dem Stein aufschlug und zu bluten begann. Doch bei Harlows Anblick vergaß Kaithlyn jegliches Gefühl für Schmerzen. Das Kianki lag zusammen gekauert da, in einer Lache aus Blut. Sie zitterte am ganzen Körper. Ihr Fell war scharlachrot verschmiert. Auf Harlows Rücken klaffte eine schmale, schlitzartige Wunde und eine große Menge Blut strömte daraus.
„Harlow“, sagte Kaithlyn entsetzt und auch sie begann zu zittern. Sie presste ihre Hand auf Harlows Wunde und versuchte die Blutung zu stoppen. Furcht stieg in ihr hoch.
„Was ist nur passiert?“, keuchte Kaithlyn. Warmes Blut rann über ihre Hände. Harlows Blut. Noch mehr Tränen quollen ihr aus den Augen und versperrten ihr die Sicht. Vorsichtig nahm sie Harlow hoch und drückte sie an sich. Harlow wimmerte vor Schmerz. Ihre Lider flackerten.
„Wer hat dir das nur angetan?“, hauchte Kaithlyn.
Harlow brachte kein Wort hervor. Kaithlyns Herz schlug so schnell, das es ihr in den Ohren röhrte. Harlow brauchte schnell Hilfe. Fye. Sie musste Harlow zu Fye bringen. Er konnte sie heilen. Er musste es tun!
Sie stürmte den Pfad zurück und versuchte sich zu erinnern, von wo sie gekommen war. Welche Richtung sollte sie nehmen? Welche war die richtige? Was wäre, wenn sie auf Harlows Angreifer trafen? Kaithlyn könnte förmlich spüren, wie Harlow von Minute zu Minute die verstrich schwächer wurde. Ihr Blut strömte unaufhörlich weiter und benetzte Kaithlyns Kleidung. Was würde nur passieren, wenn Kaithlyn den Weg nicht fand? Wenn Harlow nicht durchhielt?
Nach zwei weiteren Abbiegungen wurde Kaithlyn angsterfüllt bewusst, das Melora wirklich nicht mehr hinter ihr war. Dieser Schrei…sie hoffte, dass es nicht Melora gewesen war. Kaithlyn konnte sich nicht mehr erinnern, wo sie Melora verloren hatte. Schon bevor sie durch die Hecke geklettert war? Sie konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Aber Melora konnte doch zaubern…? Melora konnte sich selber helfen, redete Kaithlyn sich ein.
Sie blieb stehen und keuchte vor Anstrengung. Sie hatte noch immer keine Ahnung, wo sie war. Keinen Orientierungspunkt, aber das war ja auch der Zweck eines Labyrinthes. Sie kämpfte erneut mit den Tränen. Kaithlyn musste den Ausgang suchen, aber musste sie nicht ebenfalls Melora finden? Doch wenn sie das tat, würde die Zeit zu
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