Geheimnisse des Zweiten Weltkriegs (German Edition)
Leben gerettet. Ich war Ende 1936 so weit herunter, dass ich kaum noch gehen konnte. Ich bin damals falsch behandelt worden. Der Grawitz und der Bergmann haben mich hungern und hungern lassen. Zum Schluss durfte ich nur noch Tee und Zwieback essen. An beiden Beinen hatte ich Ekzeme, sodass ich dauernd mit Verbänden gehen musste und keine Stiefel anziehen konnte. […] Dann kam Morell und hat mich gesund gemacht.« Lebensbedrohlich war Hitlers Krankheit jedoch keineswegs. Wie Morell einem Mitarbeiter später mitteilte, hatte er einfach »ins Schwarze getroffen«, weil er Hitler mit Worten, die dieser verstehen konnte, sagte, was dieser hören wollte. Von nun an blieb Morell der Arzt an Hitlers Seite bis zu dessen Ende im Berliner Bunker.
»Ins Schwarze getroffen«: Seit Ende 1936 war Theodor Morell Hitlers ständiger Begleiter und Ratgeber in allen medizinischen Fragen.
BPK, Berlin (Bayerische Staatsbibliothek/Archiv Heinrich Hoffmann)
Hitler im Ersten Weltkrieg
Die Nazi-Propaganda hatte Hitler stets als tapferen Frontsoldaten im Ersten Weltkrieg dargestellt. Der deutsche Historiker Thomas Weber von der Universität Aberdeen hat Hitlers Laufbahn als Soldat intensiv erforscht und ist dabei zu überraschenden Ergebnissen gekommen: Während der mehr als vier Jahre, die Hitler im deutschen Heer gedient hatte, war er nur elf Tage lang an vorderster Front im Einsatz gewesen. Die überwiegende restliche Zeit war er als Meldegänger des rückwärtigen Regimentsstabs eingesetzt und überbrachte den Bataillonsstäben Nachrichten und Befehle. In der Regel lagen deren Quartiere zum Teil mehrere Kilometer hinter der Front und waren vom akuten Kampfgeschehen weitgehend verschont. Soldaten, die wie Hitler ihren Dienst in der relativen Sicherheit der Stäbe leisteten, wurden von den »echten« Frontsoldaten der Schützengräben verächtlich als »Etappenschweine« bezeichnet. Trotz seines relativ sicheren Postens wurde der Gefreite Hitler während des Ersten Weltkriegs zweimal verwundet.
»Etappenschwein«: Als Meldegänger im Ersten Weltkrieg war Hitler nur selten an vorderster Front eingesetzt.
BPK, Berlin (Bayerische Staatsbibliothek/Archiv Heinrich Hoffmann)
Das erste Mal geschah dies vier Tage nach dem Beginn der Schlacht an der Somme, der mit über einer Million Toten und Verwundeten verlustreichsten Schlacht des Ersten Weltkriegs, am 5. Oktober 1916. Eine kleine britische Granate war direkt vor dem Eingang zum Unterstand der Meldegänger eingeschlagen und hatte mehrere Männer verletzt. Hitler wurde dabei von einem Granatsplitter am linken Oberschenkel getroffen. Nach dem Krieg erweckte er in seinem Buch Mein Kampf allerdings den Eindruck, als hätte er an vorderster Front gelegen. Und auch das Datum seiner Verletzung gab Hitler bewusst falsch an und legte sie auf den 7. Oktober, also zwei Tage später. Der Grund war folgender: Obwohl die Schlacht »offiziell« bereits seit vier Tagen im Gange war, hatte das Wetter erst am 7. Oktober aufgeklart. Erst danach setzte der britische Angriff mit voller Heftigkeit ein und steigerte sich zu einem solchen Inferno, dass ihm innerhalb weniger Tage über 50 Prozent der Mannschaften von Hitlers Regiment zum Opfer fielen. Zu diesem Zeitpunkt befand sich der Gefreite Hitler allerdings bereits weit hinter der Front in einem Lazarett in Sicherheit. Auf diese Weise erweckte er den Eindruck, dass er als Frontkämpfer in der blutigsten Schlacht des Krieges verwundet worden war.
In Wirklichkeit war aber nicht die Verletzung an sich Hitlers Problem. Wie der damalige Regimentsadjutant und Vorgesetzte Hitlers, Hauptmann Fritz Wiedemann, in seinen Erinnerungen schrieb, hatte Hitler Angst, sein Regiment verlassen zu müssen. So soll er zu einem Vorgesetzten gesagt haben: »Es ist nicht so schlimm, Herr Oberleutnant, gelt, ich bleibe bei euch, bleibe beim Regiment.« Obwohl ihm sein linkes Bein später immer wieder zu schaffen machte, verdrängte er die Verletzung. Ein körperlicher Mangel oder gar die Nähe zu einem Kriegskrüppel passte keinesfalls zum »Führerkult«. Als Theodor Morell später der unterschiedliche Umfang von Hitlers Beinen auffiel und er nachfragte, unterband der »Führer« jede weitere Untersuchung mit der Bemerkung: »Das ist eine erledigte Sache.«
Während der Schlacht an der Somme wurde Hitler im Herbst 1916 verwundet.
BPK, Berlin (N.N.)
Giftgas
Im Oktober 1918 lag Hitlers Regiment nur wenige Kilometer von dem Ort entfernt, wo der Gefreite zwei Jahre zuvor
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