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Geheimnisse des Zweiten Weltkriegs (German Edition)

Geheimnisse des Zweiten Weltkriegs (German Edition)

Titel: Geheimnisse des Zweiten Weltkriegs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Knopp
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vier U-Booten mit Rettungsbooten im Schlepp nahm Kurs auf die afrikanische Küste. Die Schiffbrüchigen sollten an dort stationierte Schiffe des französischen Vichy-Regimes übergeben werden.
    Hartenstein respektierte andere Seefahrer. Seine Hilfe für den Feind, das ist, was ihn in meinen Augen und in denen vieler anderer so menschlich macht.
    David C. Jones, von U 156 gerettet
    Josephine Pratchett erinnert sich an die dramatischen Stunden: »Sie gaben uns etwas Gutes zu essen, und wir durften sogar in der Offizierskabine schlafen. Sie brachten Suppe und Zigaretten für die Männer in den Rettungsbooten. Kommandant Schacht, der deutsche Kommandant, und die Besatzung, die uns gerettet hatten, hätten nicht netter sein können. Das war wirklich eine komische Situation. Zuerst schossen sie uns ab, und wir kämpfen in diesem Krieg, und dann sind das so freundliche Menschen. Sehr ungewöhnlich.«
    Am Morgen des 16. September nahm das Drama eine neue Wendung: Um 11.25 Uhr entdeckte ein US -Bomber von Typ B-24 Liberator die U-Boote in den Gewässern nahe der britischen Überseeinsel Ascension. Hartenstein versuchte vergeblich, mittels Signallampe Kontakt mit dem Flugzeug aufzunehmen. Dessen Pilot, Lieutenant James D. Harden von den U . S . Army Air Forces, schilderte seinen Vorgesetzten auf dem Stützpunkt Wideawake Field auf Ascension die Situation. Doch obwohl die Boote mit Rot-Kreuz-Fahnen markiert waren, erteilte Staffelkapitän Captain Robert C. Richardson den tödlichen Befehl: »Sink Sub!« Er berief sich dabei auf die damals gültigen Regeln der Haager Konvention, dass von Angriffen auf Lazarettschiffe nur dann abzusehen sei, wenn ihre Namen den Kriegsführenden bekannt, die Bordwände weiß gestrichen und mit einem Rot-Kreuz-Emblem versehen waren und sie nicht für andere Zwecke verwendet wurden. Außerdem unterstellte er den deutschen U-Booten in erster Linie ein Interesse an der Bergung der italienischen Kriegsgefangenen.
    Harden griff an. Mit seiner ersten Bombe zerstörte er ein Rettungsboot hinter U 156, eine weitere traf das U-Boot selbst. Daraufhin ließ Hartenstein die Leinen zu den Rettungsbooten kappen. Auch die anderen U-Boote wurden attackiert.
    Währenddessen war Josephine Pratchett an Bord von U 507 so erschöpft, dass sie die Bombardierung des U-Boots kaum mitbekommen hatte: »Ich hatte wunderbar im Offiziersquartier geschlafen. Wir bekamen noch etwas zu essen, und dann kam der Kommandant und sagte: ›Wir müssen euch wieder zurück in die Rettungsboote stecken, ein amerikanischer Bomber hat die U-Boote mit Bomben angegriffen.‹ Und dann sagte er noch: ›Es ist für euch zu gefährlich hier, ihr könnt nicht mehr an Bord bleiben.‹« Der Abschied vom warmen U-Boot fiel schwer: »Sie halfen uns, zurück in die Rettungsboote zu kommen, und dann winkten sie und tauchten weg. Da waren wir also wieder alleine.« Man hatte einen Kreuzer der französischen Vichy-Marine um Hilfe angefunkt, der die Überlebenden aufnehmen und nach Westafrika bringen sollte.
    Es sticht aus dem normalen Verhalten im Krieg hervor. Es gibt nur ganz wenige ähnliche Beispiele auf beiden Seiten, wo derart mutig das Menschliche im Krieg in den Vordergrund getreten ist, wohingegen sonst das Menschliche üblicherweise verdrängt wurde oder gar ins Gegenteil verkehrt.
    Axel Niestlé, U-Boot-Fachmann
    Horst Bredow hält Hartensteins Tat für vorbildlich: »Er hat gegen jede sonstige Kriegsregel verstoßen, um diese Menschen zu retten. Er hat das Schiff ›Laconia‹ versenkt, weil er annahm, es sei ein gegnerischer Truppentransporter. Dann hat er gemerkt, es sind Italiener an Bord, es waren Gefangene an Bord usw., und jetzt war sein Gewissen stärker als jede kriegerische Regel. Das war ja eine der größten und umfassendsten Rettungsaktionen, die in diesem Krieg überhaupt geschehen sind.«
    Infolge der Torpedierung und der anschließenden Bombardierung kamen etwa 1500 Passagiere ums Leben. Durch Hartensteins Aktion konnten aber Hunderte gerettet werden.
    Pratchetts Familie gelang die Rückreise nach Großbritannien. Bis heute ist sie von den Menschen beeindruckt, die selbst im Krieg menschlich blieben: »Im Krieg nahm man an, dass man, wenn überhaupt, von den eigenen Leuten gerettet werden würde, aber nicht vom Gegner. Von der menschlichen Seite her war Hartensteins Verhalten einfach großartig. Ich bin dankbar, am Leben zu sein. Und wenn er noch lebte, würde ich ihm die Hand geben und sagen: Danke!«
Nach der Versenkung gab

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