Geheimnisse des Zweiten Weltkriegs (German Edition)
geografischer Begriff.«
Das Kerngebiet größerer Feindansammlungen befindet sich im Raum Salzburg – Linz. Ein Hauptvormarsch nach Süden muss in diese Richtung geführt werden, um den deutschen Truppen den Rückzug in die Alpenfestung zu verwehren.
Planungen im SHAEF zur veränderten Angriffsplanung am 14. April 1945
»Sie werden bemerkt haben, dass ich Berlin überhaupt nicht erwähnt habe«: Dwight D. Eisenhower, General Walter Bedell Smith und Bernard Law Montgomery (von links).
Ullstein Bild, Berlin (NMSI/Science Museum/Manchester Daily Express)
Der US -Oberbefehlshaber hatte eine neue Marschroute ausgegeben: »Mein Ziel ist es, die Streitkräfte des Feindes zu vernichten.« Und da die Amerikaner diese Kräfte in der »Alpenfestung« vermuteten, änderten sie ihre militärischen Planungen. General Walter Bedell Smith erklärte am 21. April 1945 auf einer Pressekonferenz in Paris die Gründe: »Solange Hitler auf einem Felsen in der Nähe von Salzburg steht und verkündet, sie seien freie Deutsche, und allen deutschen Truppenteilen befiehlt, sie müssten weiterkämpfen, werden diese Truppen sich wehren. Wenn wir diesen Krieg zu Ende bringen wollen, müssen wir unser nächstes Ziel darin sehen, dieses Réduit unschädlich zu machen.«
Noch vor den Briten hatten die Amerikaner die sowjetische Führung informiert. Am 28. März kabelte Eisenhower nach Moskau, dass die US -Truppen Richtung Süden umschwenken sollten. »Die Deutschen an einem Rückzug in das Festungsgebiet zu hindern war ein Hauptziel bei allen Operationen, die wir im Süden durchgeführt haben«, fasste Eisenhower in seinen Memoiren Kreuzzug in Europa die neue Strategie zusammen. Stalin konnte seine Begeisterung über die neuen US -Absichten kaum verbergen: »Ihr Plan entspricht völlig dem Plan des sowjetischen Oberkommandos.« Auch für Moskau habe Berlin »seine frühere strategische Bedeutung verloren«. Für das zweitrangige Ziel werde er nicht mehr seine Elitetruppen einsetzen, schwindelte er Eisenhower vor. Tatsächlich blieb die deutsche Hauptstadt für Stalin ein politisches Symbol und ihre Eroberung damit ein zentrales Ziel. Diesen Triumph würde er nun nicht mehr mit seinen Bündnispartnern teilen müssen.
»Schwenk Richtung Süden«: Truppen der 3. US-Armee rücken von Norden her in die bayerische Oberpfalz ein, April 1945.
Ullstein Bild, Berlin (Archiv Gerstenberg)
Im Westen war die Begeisterung weit weniger groß. Churchill tobte. Er widersprach der einsamen Entscheidung des alliierten Oberkommandierenden und forderte: »Solange Berlin von den Deutschen gehalten wird, bleibt es meiner Meinung nach der wichtigste Punkt Deutschlands. Solange Berlin aushält, werden es zahlreiche Deutsche als ihre Pflicht empfinden, kämpfend unterzugehen.« Der höchste britische Soldat, Marschall Montgomery, seinem amerikanischen Pendant ohnehin in herzlicher Abneigung zugetan, wollte an den ursprünglichen Angriffszielen festhalten. Dabei ging es auch um persönlichen Ruhm. Die Briten spielten in den neuen Planungen der Amerikaner eine nur noch untergeordnete Rolle, und das war mit dem Ego des britischen Generalstabschefs nur schwer vereinbar. Nichts als »nationale Aspirationen« steckten hinter der geänderten Strategie, notierte er in seinem Tagebuch.
Auch in der amerikanischen Truppe herrschte Unverständnis vor. General William Simpson wollte mit seiner 9. US -Armee weiter nach Osten vorstoßen. Berlin lag für seine Truppen nur zwei Tagesmärsche entfernt. Doch Eisenhower lehnte ab. Das Hauptaugenmerk lag künftig im Süden, wo die 3. und die 7. Armee unter den US -Generälen Patton und Patch die vermutete Alpenfestung erobern sollten. Eisenhowers Stabschef General Walter Bedell Smith war noch am 21. April sicher, »dass dort bedeutend mehr sein wird als das, worauf wir gefasst sind«. Es war ein fataler Irrtum.
»Eine Vorlage von höchster Dringlichkeit«
SS -Sturmbannführer Hans Gontard war einer der ersten Deutschen, die von den Meldungen der amerikanisch-schweizerischen Spione erfuhren. Der Leiter der Zweigstelle des Sicherheitsdienstes ( SD ) in Bregenz wertete im Auftrag des Berliner Reichssicherheitshauptamts abgehörte Agentenmeldungen aus und staunte nicht schlecht, als er erkannte, welche Bedeutung die Amerikaner den Informationen über das angebliche Alpen-Réduit des Kriegsgegners beimaßen. Seine erste Reaktion: Gelächter. Im September 1944 informierte er den Tiroler Gauleiter Franz Hofer über die »unglaubliche
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