Geheimnisvoll und unwiderstehlich
und ich bin sehr zufrieden mit dem Ergebnis. Es ist nur, dass ich … dass ich …“ Sie seufzte und konnte offensichtlich nicht weitersprechen.
„Nur weiter“, ermunterte Hal sie. „Dass Sie … was?“
„Nun ja, ich habe die letzten drei Wochen ausschließlich an diesen beiden Entwürfen gearbeitet. Für mich sind sie das Beste, was ich je gemacht habe.“
Er lächelte sie an. „Daher kann ich es auch kaum erwarten, sie zu sehen.“
Mimi nickte unglücklich. „Ich weiß, aber darum geht es ja gerade. Sie werden der Erste sein, der sie zu sehen bekommt, und ich bin so nervös. Richtig nervös.“
„Wollen Sie deshalb nicht mit den Fiorinis in Verbindung gebracht werden?“, fragte Hal spontan. „Haben Sie Angst, die Kritiker könnten Ihre Entwürfe mit den Couture-Kleidern Ihrer Familie vergleichen? Denn eigentlich müssten Sie ja wissen, dass diese Tatsache früher oder später sowieso herauskommen wird.“
Mimi nickte und erwiderte mit rauer Stimme: „Ja, das weiß ich wohl, und ich weiß auch, dass ich nichts dagegen machen kann. Aber ich will nur eine einzige Chance in meinem Leben! Ich will nur einmal zeigen, wozu ich aus eigener Kraft fähig bin. Das ist alles.“
Sie wirkte in diesem Moment so verletzlich, dass Hal sie am liebsten in die Arme geschlossen hätte. Weil er selbst ein so abenteuerliches Leben geführt hatte, wusste er, was es bedeutete, ein Risiko einzugehen. Aber Mimi ging das größte aller Risiken ein – sie war bereit, sich der Öffentlichkeit zu zeigen. So, wie sie war.
Ihr Anblick traf Hal mitten ins Herz. Seit dem Tod seines Freundes war dort nur ein schwarzes Loch gewesen, und plötzlich riss für ihn der Himmel auf – weil er in die Augen einer jungen Frau namens Mimi Ryan geschaut hatte.
Sekunden wurden zu Minuten, während Mimi auf eine Antwort wartete. Hal gab sich alle Mühe, sich zusammenzureißen.
„Es würde mir auch durchaus genügen, wenn Sie mir die Kollektion nur beschreiben oder mir die Entwürfe zeigen wollen. Wenn ich Ihnen damit einen Gefallen tue, kann ich gern bis morgen warten.“
Mimi zögerte, dann hob sie den Kopf und sah ihn an. Ihr Blick nahm Hal den Atem, er war voller Selbstzweifel, tiefer Einsamkeit und großer Sehnsucht gleichzeitig.
„Diese Kollektion bedeutet mir alles“, sagte sie so leise, dass er sie kaum verstehen konnte. „Und jetzt muss ich sie der Welt zeigen, ob ich will oder nicht.“ Sie lächelte ihn entschuldigend an. „Mir ist völlig klar, dass Sie meine Reaktion wahrscheinlich völlig übertrieben finden. Aber was geschieht, wenn die Kleider durchfallen? Was soll ich machen, wenn sich herausstellt, dass ich mir die ganze Zeit über nur etwas vorgemacht habe? Sagen Sie es mir – was soll ich dann tun?“
Ruhig erwiderte er: „Dieses Risiko müssen wir alle eingehen, Mimi. Aber genau das ist es, was uns menschlich macht. Wir riskieren es, uns den anderen so zu zeigen, wie wir wirklich sind. Und damit riskieren wir, zurückgewiesen zu werden.“ Er streckte die Hand aus und strich ihr sanft eine Strähne aus der Stirn. „Vergessen Sie nicht, dass Sie nicht allein sind. Und auch an diesem Tag, der für Sie so wichtig ist, werden Sie nicht allein sein. Ich werde da sein und Poppy auch. Außerdem kann ich Ihnen eines versprechen – niemand wird es wagen, Ihre Kollektion in meiner Anwesenheit zu kritisieren.“
Er stand auf und setzte hinzu: „Wir werden der Welt beweisen, dass die Frau, die Ihre Kleider trägt, alles mit ihrem Leben machen kann, was sie will. Darum wird es bei der Show gehen. Das ist das Thema. Die Kollektion steht für Eleganz, und sie wurde für richtige Frauen in der wirklichen Welt gemacht.“ Er lächelte siegesgewiss. „Und ich weiß auch schon ganz genau, wie wir das erreichen werden.“
Mimi blinzelte ein paarmal, um endlich wach zu werden, und gähnte laut. Versonnen sah sie hinaus in den Garten ihres Nachbarn, der erfüllt war vom Licht des frühen Morgens.
Bis kurz nach Mitternacht hatte sie noch an der Korrektur eines Hosenanzugs gearbeitet. Aber selbst als sie dann total erschöpft ins Bett gefallen war, hatte sie den Großteil der Nacht damit verbracht, auf Geräusche zu lauschen, die ihr anzeigten, dass Hal seine Schlafstätte im Atelier bezogen hatte.
Wahrscheinlich hatte sie deshalb auch diese nicht zu übersehenden Ringe unter den Augen und konnte nicht aufhören, zu gähnen. Vor dem Wochenende musste sie unbedingt noch mal eine Nacht richtig schlafen, sonst würde sie den
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