Geheimnisvoll und unwiderstehlich
das Beste daraus zu machen.
Gestern Abend auf der Heimfahrt mit dem Taxi war sie vollkommen durcheinander gewesen. Sie hatte sich nach dem ruhigen Zufluchtsort ihres Ateliers und ihrer Wohnung gesehnt.
Aber kaum war sie dort eingetroffen, hatte ständig das Telefon geklingelt. Die Presse, Freunde, Fernsehproduktionen – alle wollten mit ihr sprechen. Ihr Anrufbeantworter war voll. Schließlich hatte Mimi aus lauter Verzweiflung den Stecker aus der Wand gezogen und war schlafen gegangen. Sie war völlig erschöpft gewesen, und ihr Schlaf war alles andere als erholsam.
Die ganze Nacht über, während sie sich unruhig im Bett hin und her wälzte, ging ihr eine Formulierung ihres Cousins Luca nicht aus dem Kopf. Er hatte ihr zu ihrer ersten eigenen Kollektion gratuliert.
Ihre erste eigene Kollektion – das war natürlich sachlich richtig. Aber warum nannte sie sie dann nicht auch so – die Mimi Ryan Kollektion ? Damit hätte sie gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Ihre Kollektion würde ihren Namen tragen, und sie hätte gleichzeitig eine neue Marke ins Leben gerufen. Luca war ein guter Geschäftsmann – warum setzte sie diese Idee nicht gleich in die Tat um? Das wäre dann auch eine Art Schuldentilgung für die Vergangenheit.
Selbstverständlich würde sie die Kollektion nicht Mimi Fiorini Ryan Kollektion nennen. Nein, niemals. Aber wenn man sie ab jetzt mit der Familie in Verbindung brachte, sollte sie damit auch offen und ehrlich umgehen.
Das Leben war wirklich viel zu kurz, um sich selbst Grenzen zu setzen.
Nun, all dies würde sich jetzt ändern. Wenn Luca am Abend bei der Show auftauchte, würde sie sich ihm gegenüber wie ein Profiverhalten. Wer konnte schon voraussagen, wie das Treffen verlaufen würde? Vielleicht verstanden sie sich ja blendend!
Jedenfalls fühlte Mimi sich mit einem Mal voller Energie und neuer Ideen.
Danke, Cousin Luca, für deine Inspiration. Jetzt musste sie die Marke nur noch bekannt machen und gezielt daran arbeiten, der Mimi Ryan Kollektion zum Erfolg zu verhelfen. Und der erste Schritt dazu würde die Show heute Abend sein.
In wenigen Stunden würde es so weit sein.
Aber was war mit Hal?
Mimi zog das Kissen unter ihrem Kopf weg und barg das Gesicht darin. Verzweifelt stöhnte sie auf.
Was war nur mit ihr los? Wie konnte sie in diesem Moment an ihre Karriere denken? Sie sollte sich bei Hal bedanken – dafür, dass er ihr sein Geheimnis anvertraut hatte.
Und nicht nur das – plötzlich musste sie an sein Anliegen denken, mit ihm gemeinsam das Risiko einer Beziehung einzugehen. Auch dafür hätte sie sich eigentlich bei ihm bedanken müssen.
Oh, Hal!
Sie legte das Kissen weg und sah, dass es inzwischen völlig verschmiert vom Make-up war.
Wie sollte sie Hal nach allem, was geschehen war, unter die Augen treten? Wahrscheinlich würde er gar nicht mehr mit ihr sprechen wollen!
Plötzlich musste sie daran denken, wie viel sie in den letzten Tagen miteinander geteilt hatten. Sie hatte sich an ihn gewöhnt – an den Klang seiner Stimme, an seine Lippen auf ihren, an ihren beruflichen Austausch. Nein, sie musste diesen ganz besonderen Tag mit ihm verbringen – egal, wie die Zukunft aussehen würde.
Auf einmal merkte sie, dass eine Träne ihre Wange herunterlief, und wischte sie schnell weg. Dann schlug sie die Decke zurück und sprang aus dem Bett. Auf dem Stuhl lag ihr Korsett, und sie dachte errötend daran, wie sich seine Finger auf ihrer nackten Haut angefühlt hatten, als Hal ihr dabei geholfen hatte, es abzulegen.
Ein Schauer überlief sie, und sie drängte die Erinnerung mit aller Macht zurück. Was auch immer zwischen ihnen in Zukunft passieren würde – die letzten Tage mit Hal waren die besten ihres Lebens gewesen. So würde sie sie auch immer in Erinnerung behalten.
Plötzlich sah sie sich im Spiegel – mit der Perlenkette um den Hals, mit ihren verwuschelten Haaren und dem verschmierten Make-up.
Es gab nur eine Richtung, in die sie sich bewegen konnte – nach vorn. Noch lag eine Menge Arbeit vor ihr.
Ja, es gab für sie nur eine Richtung – nach vorn.
Eine Stunde später hatte Mimi geduscht, die restlichen Spuren ihres Make-ups entfernt und sich in ihr Atelier begeben. Jetzt saß sie mit einer Tasse Tee und einem Stück Toast an ihrem PC und hämmerte voller Energie auf die Tastatur. Sie entwarf gerade das Logo der M imi Ryan Kollektion, als draußen an der Ladentür geklingelt wurde.
Schnell sprang sie auf und eilte zur
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