Geheimnisvoll Vertrauter Fremder - Historical Bd 274
gegraben.
„Der Mann, den ich Euch vorstellen möchte, hat blaue Augen“, sagte Lorenzo mit gerunzelter Stirn. „Was sein Haar angeht – es ist bei all dem, was er durch seine Entführer ertragen hat, grau geworden. Ich muss Euch warnen, denn dieser Mann hat furchtbare Narben auf dem Rücken, auf Armen und Beinen.“
„Der arme Teufel“, erwiderte Charles, und seine Hände zitterten, als er seinen Wein trank. Er nahm einen tiefen Atemzug, während er versuchte, die Bilder aus seinen Gedanken zu vertreiben – Bilder, die ihn in seinen Träumen seit Jahren verfolgt hatten, von seinem Sohn, wie er geschlagen und gefoltert wurde. „Dieser Wein ist ausgezeichnet.“ Mit diesem Themenwechsel unternahm er eine große Anstrengung, seine Albträume zu besiegen. „Eine neue Sorte, wenn ich nicht irre? Ihr habt mir diesen Wein bisher noch nicht geschickt, nicht wahr?“
„Er stammt von einem Weingut auf Zypern“, bestätigte Lorenzo. „Ich probiere ihn erst, bevor ich ihn in mein Sortiment aufnehme.“ Er füllte den Becher seines Gastes erneut. „Ich werde selbst mit dem Mann sprechen, den ich erwähnte, und ihn fragen, ob er Euch sehen will.“ Er sah die Überraschung im Blick des anderen Mannes. „Er ist nicht mein Gefangener. Er wurde vom Wrack einer Galeere gerettet, und wir haben ihn gepflegt, als wir ihn vollkommen schwach fanden. Nun, da es ihm wieder gut geht, wird er die Wahl haben. Er kann als freier Mann für mich arbeiten oder in seine Heimat zurückkehren. Wenn er mich bittet, ihm zu helfen seine Familie zu suchen, so werde ich ihn unterstützen.“
„Verlangt Ihr ein Lösegeld für ihn?“
„Wenn seine Familie es sich leisten kann. Ich bin Geschäftsmann, Sir.“
„Und wenn er keine Familie hat?“
„Dann hat er die Freiheit hinzugehen, wo er will – oder bei mir zu bleiben.“ Für einen Moment verdunkelten sich Lorenzos Augen. Er hob herausfordernd den Kopf. „Ich habe ihm sein Leben zurückgegeben. Was wollt Ihr mehr?“
„Nichts, was Ihr ihm nicht schon gegeben habt“, erwiderte Charles. „Was mich betrifft, so wäre ich glücklich, für die Rückkehr meines Sohnes zu bezahlen.“
„Ich wünschte, ich könnte Euch mehr Hoffnungen machen“, sagte Lorenzo. „Aber lasst uns über andere Dinge sprechen. Ihr habt die Absicht, Euch auf Zypern niederzulassen?“
„Ich denke über ein eigenes Weingut nach.“
„Dann kann ich Euch in dieser Angelegenheit vielleicht eine größere Hilfe sein“, antwortete Lorenzo. „Kommt morgen Abend zum Essen. Bringt Eure Schwester und Eure Nichte mit. Vielleicht kann ich bis dahin diesbezüglich einige Erkundigungen für Euch einziehen.“
„Danke. Das ist sehr freundlich von Euch.“
Charles hatte der Besuch nachdenklich gestimmt. Nachdem er sich verabschiedete, gingen ihm einige Überlegungen durch den Kopf. Er hielt Lorenzo Santorini für einen ehrlichen Mann. Er wirkte dennoch auf eigentümliche Weise distanziert, und manchmal war sein Blick kalt. Es war offensichtlich, dass er sich nicht von Empfindungen leiten ließ, was seine Transaktionen anging, und er schien ein Mann der Tat zu sein. Manche hätten ihn wohl für grausam gehalten, weil er Lösegeld für die Männer nahm, die er aus der Sklaverei befreite. Aber Charles sah kein Fehl darin, dass er Profit mit ihnen machen wollte. Es gab andere, die Galeerensklaven einfach dem Tode überlassen oder sie sogar erneut auf die Märkte geschickt hätten, um sie weiterzuverkaufen.
Zweifelsohne waren es Santorinis Intelligenz und sein Mangel an Sentimentalität, die ihn reich gemacht hatten. Ja, vielleicht war er ein wenig gefühllos in Geschäftsfragen, aber wer wusste schon, aus welchem Grund er so geworden war? Charles vermutete irgendein Geheimnis in der Vergangenheit des Mannes, aber das ging ihn nichts an. Santorini würde ihn gerecht behandeln, und mehr konnte er nicht erwarten.
Seine Gedanken wanderten zu dem Mann, von dem er eben gehört hatte – einem Mann, der vielleicht Engländer war und blaue Augen haben soll. War es möglich, dass es sich bei ihm um Richard handelte? Charles spürte einen Funken Hoffnung. Und doch war es lächerlich, überhaupt so etwas wie einen Lichtblick zuzulassen. Es gab sicherlich viele blauäugige Engländer, die auf See verloren und als Galeerensklaven missbraucht worden waren, und das nicht nur von Korsaren. Manche dienten auch auf spanischen Kriegsschiffen, ohne dass es einen großen Unterschied für sie machte. Sie alle wurden geschlagen und
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