Geheimnisvoll Vertrauter Fremder - Historical Bd 274
würde.
Auch das Essen war großartig. Sie konnte der Versuchung nicht widerstehen, die köstlichen Krabben und all die exotischen Gemüsesorten zu kosten, die man ihr auftrug. Nach jedem Hauptgang wurde ein kaltes Sorbet serviert, das den Gaumen frei machte, und unter den Dessertgängen war ein köstliches Gelee, das sie einfach unwiderstehlich fand.
„Wie ich sehe, heißt Ihr doch eines der Geschenke gut, die mein Freund aus Granada mir von Zeit zu Zeit schickt“, stellte Lorenzo fest und lächelte sie an. „Seht, während sein Sohn zum Manne heranwächst, wächst auch seine Dankbarkeit, und er lässt mich nicht vergessen, dass er mich als einen zusätzlichen Sohn ansieht.“
Kathryn war im Begriff gewesen, sich ein weiteres Stück der klebrigen Süßspeise zu nehmen, doch ihre Hand erstarrte wie zu einer Salzsäule. Kathryn zog sie zurück und warf Lorenzo einen Blick zu, der die meisten Männer dazu veranlasst hätte, verwirrt den Rückzug anzutreten. Zur Antwort lächelte er jedoch so, als hätte er sich in einen Wolf verwandelt. Bis ins Mark erschauerte er. Das Aufblitzen seiner weißen Zähne kam so plötzlich und schien so bedrohlich, als wollte er sie verschlingen.
„Bitte, genießt sie auch weiterhin, Madonna“, ermutigte er sie. „Es wird meinen Freund mächtig freuen zu wissen, dass seine Großzügigkeit nicht verschwendet ist. Er befürchtet, dass ich diese Speise nicht zu schätzen weiß, aber jetzt kann ich ihm vollkommen ehrlich versichern, dass er mir dazu verholfen hat, vor Euren Augen Gnade zu finden.“
„Es freut mich, wenn Euer Freund zufrieden ist“, erwiderte Kathryn, während sie ein Stück des Zitronenkonfekts nahm und in dieses mit Wut hineinbiss. In seinen Augen flackerte es auf, als würde er sie auslachen. Es machte ihm Spaß, sie zu verspotten! Sie sah es seinem Gesicht an, aber sie konnte nichts dagegen tun, denn sie war ihm auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Sie betete zu Gott, dass dieses Essen bald vorüber war und sie ihn dann nie wiedersehen musste.
„Ich habe nachgedacht“, bemerkte Charles, ohne das Duell zu bemerken, das gerade zwischen Kathryn und ihrem Gastgeber ausgefochten wurde. „Ich habe mir das Gehirn zermartert, um mich an ein außergewöhnliches Merkmal zu erinnern, das Euch helfen könnte, Richard zu finden, Sir – aber mir will einfach nichts einfallen.“
„Oh, aber …“, hob Kathryn an, brach dann aber ab, als alle Augen sich auf sie richteten. Sie schüttelte den Kopf. „Ich kann nicht mit Sicherheit sagen, ob es immer noch da wäre.“
„Wenn du etwas weißt, solltest du es uns sagen, Kathryn“, verkündete Charles. „Ich glaube, du kanntest Richard besser als jeder andere.“
„Bitte, gebt mir alle Informationen, die Ihr habt“, bat Lorenzo und fasste nach seinem Weinglas. Als er das tat, fiel Kathryns Blick auf ein Lederarmband, das mit silbernen Symbolen geschmückt war. Es passte so überhaupt nicht zu der Pracht seiner Kleidung, und für einen Augenblick schaute sie wie hypnotisiert auf das Band. Als er ihr Interesse bemerkte, sagte er: „Ihr bewundert meine Armbänder, Kathryn?“ Er zog die Ärmel seines Wamses hoch, sodass sie sehen konnte, dass er die seltsamen Bänder an beiden Handgelenken trug. „Die Symbole sind Euch vielleicht nicht geläufig, da sie aus der arabischen Tradition stammen. Das eine steht für das Leben, das andere für den Tod.“ In seinen Augen war etwas, das sie innerlich erschaudern ließ, ein Ausdruck, der so vollkommen anders war als alles, was sie bisher bei ihm gesehen hatte. Vor Angst verkrampfte sich ihr Magen. „Sie sollen mich daran erinnern, dass das eine mit dem anderen verbunden ist – sollte ich es je vergessen.“
„Sicherlich …“ Die Worte erstarben ihr auf den Lippen. Sie spürte plötzlich ein Gefühl der Verlassenheit, das in ihm war und sie tief berührte. In diesem Moment teilte sie mit ihm seine Trauer und seinen Schmerz, wobei die Empfindungen, die auf sie einstürzten, sie beinahe in einen Abgrund hineinzogen. „Sie sind außergewöhnlich, Sir“, sagte sie und kämpfte darum, nicht weiter in jene düstere Grube zu fallen. „Aber Ihr fragtet nach einem besonderen Kennzeichen. Es gab eines, von dem Onkel Charles nichts wissen kann.“ Sie hielt inne, denn die Erinnerung daran stand plötzlich so deutlich vor ihren Augen, dass sie vor Wehmut über ihren Verlust neue Qualen wahrnahm. „Dickon war mein engster Vertrauter, mein liebster Freund. Eines Tages sagte er mir,
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