Geheimnisvoll Vertrauter Fremder - Historical Bd 274
dass er mich immer lieben würde, obwohl ich damals erst neun war und er fünfzehn. Ich antwortete, dass er mich vergessen würde, sollte er erst erwachsen sein. Daraufhin zog er sein Messer heraus. Er ritzte sich den Buchstaben meines Vornamens in den Arm, direkt über dem Handgelenk.“ Sie sah, wie Lorenzos Augen sich verdunkelten und sein Blick, der auf ihrem Gesicht ruhte, noch eindringlicher wurde. „Es hat stark geblutet, und ich hatte Angst. Ich gab ihm mein Taschentuch, um sein Handgelenk zu verbinden, aber die Wunde war tief und wollte nicht aufhören zu bluten. Meine Amme kümmerte sich um ihn, als wir nach Hause kamen, und schalt mich, weil ich zugelassen hatte, dass er sich verletzte. Als es zu heilen begann, war an der Stelle deutlich eine Narbe in der Form eines Ks zu sehen.“
„Das hast du mir nie erzählt, Kathryn“, sagte Charles und runzelte die Stirn. „Das könnte uns bei der Suche behilflich sein – wenn die Narbe noch da ist.“
„Sie könnte inzwischen von anderen Narben überdeckt sein“, entgegnete Lorenzo. Er sah jetzt nachdenklich aus, ernst, jeder Spott war aus seinem Gesicht verschwunden. „Ich möchte die Damen nicht beunruhigen, Lord Mountfitchet, aber Euch muss klar sein, dass die Ketten, die Galeerensklaven tragen, tiefe Wunden hinterlassen. Selbst wenn die Verletzung, die Richard sich selbst zugefügt hat, noch sichtbar ist, ist sie vielleicht nur schwer als solche zu identifizieren, nachdem er so lange an ein Ruder gekettet war.“
„Wenn er denn ein Galeerensklave war“, warf Kathryn ein. „Er war damals erst fünfzehn, Sir. Könnte er nicht vielleicht auch als Haussklave verkauft worden sein?“ Sie hatte oft gebetet, dass es so sein mochte, da ansonsten nur wenig Hoffnung bestand, dass Dickon überlebt hatte.
„Es ist möglich, aber wenn er für sein Alter kräftig war, ist es wahrscheinlicher, dass er am Ruder eingesetzt wurde. Da viele unter diesen Unglücklichen sterben, wird jeder, der die Kraft hat, auf einer Galeere zu arbeiten, auch von den Korsaren entsprechend eingesetzt.“
„Und doch ist es dadurch nur umso wahrscheinlicher, dass die Narbe noch dort sein könnte“, wandte Kathryn ein. „Denn wenn er lebt, ist nicht anzunehmen, dass er auf einer Galeere war.“
„Was Ihr sprecht, ist wahr, denn ich bezweifle, dass ein Mann zehn Jahre lang als Ruderer auf einem Kriegsschiff überleben kann“, stimmte Lorenzo zu, und der seltsame Ausdruck in seinen Augen ließ sie erschauern. „Wir müssen darauf hoffen, dass Euer Vetter zumindest einen Teil der Zeit mehr Glück hatte.“
Kathryn blickte ihn an. Worüber dachte er nur nach?
„Würde Euer Freund in Granada uns dabei helfen, Dickon zu suchen?“, fragte sie.
„Ja, das ist denkbar“, erwiderte Lorenzo. „Ich werde ihm schreiben und ihn fragen, ob er für mich Erkundigungen einziehen kann. Aber nach so langer Zeit …“ Er verstummte und hob die Schulter in einer Art und Weise, die in ihr den Wunsch weckte, ihm jetzt erst recht zu trotzen.
„Ihr haltet es für unmöglich, dass er noch lebt, nicht wahr?“ Kathryn konnte die Antwort in seinen Augen lesen. „Aber ich glaube nicht, dass Dickon tot ist. Ich bin mir sicher, dass wir ihn finden werden. Ich spüre es hier drinnen.“ Sie legte die Hände auf die Brust. Ihr Gesicht war so voller Hoffnungen und Erwartungen, dass es ihn berührte. „Als wir hierher reisten, wurde mein Gefühl stärker. Ich bin davon überzeugt, dass er noch am Leben ist, und vielleicht ist er uns näher, als wir zu hoffen wagen.“
„Nichts ist auszuschließen“, erwiderte Lorenzo, denn er stellte fest, dass das Leuchten in ihren schönen Augen nicht erlöschen wollte. Schon gar nicht mit der Bemerkung, dass sie wohl unrecht haben könnte. „Mein Freund in Granada würde Euch sagen, dass es der Wille Allahs ist, aber ich glaube, es ist der Wille des Menschen. Wenn Dickon stark genug war, wenn er genügend Lebenswillen besaß, dann wird er einen Weg gefunden haben, um zu überleben. Und vielleicht hatte er auch Glück. Nicht alle Sklaven werden schlecht behandelt, Kathryn. Manche Herren sind besser als andere.“
„Ihr sprecht, als hättet Ihr selbst Erfahrung in diesen Dingen, Sir?“
Lorenzo lächelte seltsam. „Vielleicht …“
Kathryn hätte wohl auf eine Antwort gedrängt, aber Lorenzo wandte sich Lord Mountfitchet zu und begann nun, über Zypern zu sprechen und darüber, welches Land am besten für den Weinanbau geeignet sei. Kathryn saß da und
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