Geheimnisvoll Vertrauter Fremder - Historical Bd 274
liebte. Ich hätte ihn erkannt. Außerdem ist das Blau seiner Augen zu blass. Dickon hatte Augen wie …“ Sie blickte auf und sah in Augen, die so blau waren, dass ihr der Atem stockte. „Er hatte Eure Augen, Lorenzo. Wenn ich nicht wüsste, dass es unmöglich ist, würde ich es für wahrscheinlicher halten, dass Ihr Richard Mountfitchet seid als jene arme Kreatur.“
„Ich bin nicht der Mann, den Ihr sucht!“ Lorenzos Stimme klang harsch, geradezu wütend.
„Das weiß ich. Vergebt mir“, entschuldigte sie sich. „Wie konnte ich Euch bloß mit einem armen Galeerensklaven verwechseln … Ihr besitzt zu viel Selbstbewusstsein, zu viel Arroganz.“
Zu ihrer Überraschung warf Lorenzo den Kopf zurück und lachte. Sie hatte nicht erwartet, dass er belustigt sein würde, und fand keine Worte.
„Nicht doch, Madonna, schaut nicht so irritiert. Sollte ich etwa ärgerlich sein, wenn Ihr mir ein Kompliment macht?“
„Es war nicht als Kompliment gedacht“, entgegnete sie prompt.
„Das war es vielleicht nicht, aber ich nehme es so auf“, erwiderte er. „Ihr haltet mich wohl für einen venezianischen Prinzen und glaubt, dass ich in das Leben hineingeboren wurde, das ich führe?“
„Ist das denn nicht der Fall?“, fragte sie. Etwas in seinen Augen ließ sie plötzlich annehmen, dass er sie in die Arme nehmen und küssen würde, und ihr Herz raste auf einmal wie wild vor Erregung. „Vielleicht – vielleicht aber auch nicht“, antwortete Lorenzo. In seinen Augen lag jetzt ein spöttisches Lächeln. Sein vorheriges Lachen war echt gewesen, aber dieses hier sollte sie wieder auf ihren Platz verweisen. „So leicht werdet Ihr mein Geheimnis nicht ergründen, Kathryn.“
„Warum sollte ich das überhaupt wollen?“, fragte sie, während sie sich von ihm wegdrehte und aufrecht und voller Wut ins Haus ging.
„Ja, warum?“, rief er ihr nach und fügte mit leiserer Stimme, damit sie es nicht hören konnte, hinzu: „Besser, Ihr kennt die Dämonen nicht, die Ihr wecken würdet, süße Kathryn. Besser für Euch … und für mich.“
Kathryn blickte nicht zurück. Sie zitterte, erfasst von einem seltsamen Gefühl, das sie nicht verstand. Als er sie angesehen hatte, war sie fest davon überzeugt gewesen, in den Seen jener blauen Augen zu ertrinken. Und warum nur hatte sie sich gewünscht, dass er sie küssen würde?
„Du wirst ihn doch mitnehmen, nicht wahr, Onkel?“, fragte Kathryn, als Charles später von seinen Erledigungen zurückkehrte. „Ich weiß, dass ich dich hätte fragen sollen, bevor ich ihm mein Versprechen gab, aber er sah so … verzweifelt aus.“
„Ich hatte ohnehin vor, Santorini zu fragen, wie viel Lösegeld er für den Mann will“, erwiderte Charles mit einem Lächeln. „Es grämt mich nicht, dass du ihn nicht für Dickon hältst. Schlimmer wäre es, wenn du meinen Sohn in diesem Zustand hättest sehen müssen …“ Er atmete tief durch, seine Augen wirkten traurig. „Die Suche nach Dickon wird fortgeführt, und unabhängig davon habe ich für diesen bedauernswerten Menschen namens William ausreichend Platz in meinem Haushalt. Er wird vielleicht nie in der Lage sein, viel für seinen Unterhalt zu tun, aber ich bin mir sicher, dass wir etwas für ihn finden werden.“
„Oh, danke, liebster Onkel“, rief Kathryn und umarmte ihn. Sie wusste nicht, ob sie lachen oder weinen sollte, aber ihr Lächeln siegte. „Lorenzo dachte, dass du vielleicht nicht damit einverstanden sein könntest, ihn mitzunehmen, und dann hätte ich nicht gewusst, was ich tun soll.“
„Du hättest ihn selbst als Diener einstellen können“, antwortete ihr Onkel. „Dein Vater hat mir genügend Geld für deine Bedürfnisse mitgegeben. Du kannst diesen Mann also auch in deine Dienste nehmen, wenn du möchtest. Wenn er des Schreibens mächtig ist, könnte er als Schreiber von Nutzen sein. Wir werden sehen, wie er sich macht, wenn er seine Kraft wiedererlangt hat.“
„Er spricht und versteht Englisch, auch wenn es nur stockend aus ihm herauskommt“, sagte Kathryn. „Aber er wird die Sprache wieder lernen, wenn er erst bei uns lebt.“
„Ich bin mir sicher, dass er das tut“, stimmte Charles zu. „Ich bin stolz auf dein weiches Herz, mein Kind. Ich wünsche mir, dass wir Dickon in Sicherheit und bei guter Gesundheit finden, aber ich will nicht, dass du dein Leben nur auf diese Erwartung ausrichtest. Wenn du dich in der Lage siehst, einen anderen zu lieben, so würde ich mich über dein Glück
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