Geheimnisvoll Vertrauter Fremder - Historical Bd 274
in die Hände zu fallen.“
„Wollt Ihr damit sagen, dass Ihr meinetwegen nicht die Ruder gestoppt habt?“
„Schmerzt der Gedanke Euer weiches Herz, Kathryn? Ladet Euch nicht meine Schuld auf, Madonna. Ich habe keinen Gewinn darin gesehen, Männer zu retten, die ich entweder hätte hängen oder ein anderes Mal hätte töten müssen, wären sie von mir freigelassen worden.“
„Ist denn alles nur eine Frage des Gewinns?“, herrschte Kathryn ihn zornig an. „Sagt mir, wie viel hat Lord Mountfitchet Euch bezahlt, um mich zu befreien?“ Sie sah, wie er zusammenzuckte, und bedauerte ihre Worte, sobald sie sie ausgesprochen hatte. Aber ihr Stolz erlaubte ihr nicht, sie zurückzunehmen. Sie hob den Kopf und blickte ihm direkt in die Augen. „Vielleicht solltet Ihr wissen, dass ich eine Erbin bin. Mein wahrer Wert liegt in dem, was mein Vater Euch für meine Rückkehr bezahlen wird.“
„Ich werde das im Gedächtnis behalten“, erwiderte Lorenzo. Seine Augen funkelten. „Vielleicht werde ich das Lösegeld Eures Onkels doch nicht nehmen, Madonna. Es könnte sein, dass Ihr anderswo einen höheren Preis erzielt.“ Er kam auf sie zu und stand so bedrohlich vor ihr, dass ihr ein eisiger Schauer über den Rücken lief. Einen Augenblick lang glaubte sie, dass er sie in die Arme nehmen würde, aber dann schüttelte er den Kopf und trat zurück. „Ihr seid ein lästiges Mädchen, und ich habe Besseres zu tun, als Euch Erklärungen abzugeben! Seid vorsichtig, sonst halte ich es vielleicht für lohnender, Euch los zu sein.“
Kathryn starrte ihm nach, als er sich umdrehte und aus der Kabine ging. Das konnte er nicht wirklich gemeint haben! Er wollte sie doch sicherlich nur für das bestrafen, was sie zu ihm gesagt hatte? Er konnte nicht ernsthaft beabsichtigen, sie an den Höchstbietenden zu verkaufen – oder?
Nein, natürlich würde er das nicht tun. Er würde sie zu Lord Mountfitchet zurückbringen und den vereinbarten Preis kassieren. Aber was wusste sie eigentlich über diesen Mann? Was ging in ihm vor? Er versteckte seine Gefühle so gut, dass seine Gedanken vollkommen undurchschaubar waren.
Kathryn saß auf dem Bettrand, und ihre Arme umschlangen die Knie. Sie versuchte sich über ihre eigenen Empfindungen klar zu werden. Einen Augenblick lang hatte sie ihn küssen wollen. Wie kindisch sie doch war! Er war ein brutaler, gemeingefährlicher Mann, und je schneller sie wieder bei Onkel Charles und Tante Mary war, desto besser.
Lorenzo stand an der Reling und starrte auf das Meer hinaus. Es war eine dunkle Nacht, und nur wenige Sterne wiesen ihnen den Weg, aber in einigen Stunden würden sie die große Lagune erreichen. Er hatte beschlossen, nach Venedig zurückzukehren, bevor er nach Zypern aufbrach. Seine Galeere hatte erheblichen Schaden erlitten und war ohne einige Reparaturen nicht in der Lage, einen weiteren Kampf zu überstehen. Das Vernünftigste wäre, Kathryn auf einem seiner anderen Boote fortzuschicken. Sie könnte auf einem seiner Handelsschiffe ihre Reise nach Zypern antreten, eskortiert von einigen Kriegsgaleeren. Es war ihr irgendwie gelungen, seine Schutzmauern zu durchbrechen, und es wäre Wahnsinn, wenn er sie in seiner Nähe behielt – und doch widerstrebte es ihm, sie gehen zu lassen.
Welche Kräfte besaß diese Frau, dass sie bis zu jenem geheimen Teil von ihm vorgedrungen war, den er in den vergangenen Jahren so gut verborgen gehalten hatte? Ihm waren andere schöne Frauen zu Willen, raffinierte Liebhaberinnen, die ihm mit ihrer Gesellschaft und ihrem Körper Freude geschenkt hatten, aber keine von ihnen hatte ihn je berührt. An Kathryn war etwas, das ihm zu Herzen ging und bei ihm Empfindungen auslöste, die er eigentlich ablehnte.
Er hatte seine Gefühle seit langer Zeit unter Kontrolle gehabt, sich nur von seinem Hass auf den Mann genährt, der ihn versklavt hatte. Lorenzo konnte sich nicht entsinnen, wie er geraubt worden war. Seine erste Erinnerung war, wie er gekettet wurde und eine Peitsche auf seine Schulter knallte, damit er schneller ruderte. Er spürte noch jetzt den Schmerz, den ihm die Wunden auf seinem Rücken bereitet hatten. Um die hatte sich ein älterer Sklave in den Stunden der Dunkelheit gekümmert. Auch das ständige Scheuern der Eisenringe um seine Handgelenke würde er nie vergessen. Bei der Erinnerung daran kratzte die raue Haut unter seinen Armbändern, aber er widerstand dem Bedürfnis, sie abzulegen. Um den Juckreiz zu lindern, benötigte er eine Salbe, die
Weitere Kostenlose Bücher