Geheimnisvoll Vertrauter Fremder - Historical Bd 274
Niemand weiß etwas über einen Knaben, der vor vielen Jahren in Cornwall geraubt wurde. Es war auch sehr unwahrscheinlich. Ich glaube, dass Ihr den Mann, den Ihr sucht, nie finden werdet, Kathryn. Und selbst wenn es Euch gelingt, er wäre nicht mehr derselbe Mann.“
„Ich weiß …“ Sie seufzte. „Ich fange langsam an zu glauben, dass es vielleicht das Beste ist, wenn Dickon nie gefunden wird. Manchmal hoffe ich, dass er vor langer Zeit starb. Ich habe schon einige Geschichten über Männer gehört, die als Sklaven auf Galeeren dienen mussten. Aber bis jetzt hatte ich nicht gewusst, was das wirklich bedeutet. Es muss die erniedrigendste Erfahrung sein, die ein Mann machen kann. Dazu gezwungen zu werden, so hart zu arbeiten, im Wissen, ein Sklave zu sein …“
„Dickon ist tot“, sagte Lorenzo, und seine veilchenblauen Augen wurden noch dunkler. „Glaubt mir, der Junge, den ihr früher geliebt habt, hätte nicht überleben können, ohne ein ganz anderer zu werden.“
„Ja, Ihr habt sicherlich recht“, antwortete sie. Ihre Stimme war von Tränen erstickt. „Ich denke, dass sein Vater weiter nach ihm suchen wird, aber ich werde versuchen, ihn als einen Freund im Gedächtnis zu behalten, der gestorben ist.“
„Es wäre Verschwendung, wenn Ihr Euer Leben lang auf einen Mann wartet, der nie zu Euch zurückkehren wird“, bemerkte Lorenzo. „Ihr solltet heiraten, Kathryn. Ich nehme nicht an, dass Ihr Michael dei Ignacio in Betracht ziehen würdet, obwohl ich weiß, dass er viel für Euch empfindet. Und ich kann dafür bürgen, dass er aus guter Familie kommt und hohe Wertvorstellungen hat. Ihr könntet es sehr viel schlechter treffen, als einen Mann wie ihn zu heiraten, zumal ich mir sicher bin, dass er die Seefahrt für Euch aufgeben würde.“
„Wenn ich die richtigen Gefühle für ihn hätte, wäre es mir eine Freude, ihn zu heiraten“, erwiderte sie. In ihren Augen brannten Tränen, die sie nur mühsam unterdrücken konnte. Er gab sein Bestes, sie davon zu überzeugen, Michael als Ehemann in Betracht zu ziehen. Warum tat er das? Es konnte nur bedeuten, dass er ihr klarmachen wollte, dass sie nicht an ihn denken sollte. Stolz und kalt blickte sie ihn an. „Vielleicht werde ich eines Tages heiraten – wenn ich wieder in England bin. Aber ich bin mir nicht sicher, ob ich je mit einem anderen Mann als Dickon glücklich sein könnte. Möglicherweise werde ich mich auch nie vermählen.“
Lorenzo nickte und runzelte die Stirn. Nachdem er einen Augenblick geschwiegen hatte, fuhr er fort: „Wann beabsichtigt Ihr, nach Hause zurückzukehren?“
„Ich weiß es nicht“, antwortete Kathryn. „Ich werde sicher einige Monate bei Lady Mary und Lord Mountfitchet zubringen und dann …“ Sie konnte nicht weitersprechen, denn ihr Herz fühlte sich an, als wollte es brechen. Sie wollte ihm sagen, dass sie für immer bleiben würde, wenn er nur etwas für sie empfand. Seine Augen waren dunkel und voller unterdrückter Gefühle, als er sie anblickte. Aber er sagte nichts, was ihr Hoffnung geben könnte, machte auch keine Andeutung, dass sie ihm vielleicht wichtig war. Sie musste diese unsinnigen Gedanken aus ihrem Kopf verbannen. Sie konnte einen Mann wie Lorenzo Santorini nicht lieben.
Und natürlich tat sie das auch nicht! Er hatte sie oft genug als törichtes Kind bezeichnet, und sie wusste, dass er sie für all den Ärger, den sie ihm gemacht hatte, verachten musste.
„Ich glaube, dass in ein paar Monaten ein Feldzug stattfinden wird“, teilte Lorenzo ihr in einem abrupten Themenwechsel mit. „Seine Heiligkeit der Papst hat eine große Allianz versammelt. Es ist ein Versuch, die türkischen Eroberer von unseren Meeren zu vertreiben und mit ihnen zugleich auch viele der Piraten, die unter türkischer Flagge segeln. Ich habe meine Unterstützung zugesagt, aber wenn Ihr bis zum nächsten Frühling warten wollt, wäre es mir eine Freude, Euch nach England zu eskortieren.“
„Ich danke Euch, Sir“, erwiderte Kathryn. Sie blinzelte, um ihre Tränen zu vertreiben. „Ich vermute, dass mein Vater oder mein Bruder kommen werden, um mich nach Hause zu holen – aber wenn ich Eure Hilfe benötigen sollte, werde ich Euch darum bitten.“
„Wie Ihr wünscht“, sagte er und lächelte. „Wir werden uns auf Zypern wiedersehen. Entschuldigt mich, ich habe zu arbeiten.“
Lorenzo verließ die Kabine. Kathryn spürte, wie die Tränen, die sie nun nicht mehr zurückhalten konnte, ihr das Gesicht herunterliefen.
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