Geheimnisvoll Vertrauter Fremder - Historical Bd 274
aus Liebe zu ihm Tränen vergoss.
„Nein, ich war nicht unglücklich.“
„Das ist schön. Übrigens habe ich auch Neuigkeiten für dich, Kathryn.“
„Von Lady Mary und Lord Mountfitchet?“
„Nein, es tut mir leid, dir sagen zu müssen, dass ich bisher noch keine Nachricht von ihnen habe. Unabhängig davon habe ich gehört, dass einige vor dem Überfall auf andere Inseln fliehen konnten. Aber selbst wenn deine Freunde noch leben, wird es einige Zeit dauern, bis ihre Briefe uns erreichen können. Stattdessen habe ich einen eventuellen Hinweis auf Richard – einer unserer Gefangenen erzählte uns von einem blauäugigen Sklaven, der in den Gärten eines reichen Händlers in Algier arbeitet. Er war noch ein Knabe, als er gefangen genommen wurde. Körperlich soll er sehr kräftig sein, doch hat er die geistigen Fähigkeiten eines Kindes.“
„Das ist sehr beklagenswert“, erwiderte Kathryn. Diese Mitteilung hätte sie früher tief bewegt, aber jetzt fühlte sie nur Traurigkeit und Bedauern. Eine andere Liebe war an die Stelle der kindlichen Empfindungen getreten, die sie für Dickon gehegt hatte. „Gibt es eine Möglichkeit, wie wir mehr herausfinden können?“
„Ich habe schon weitere Nachforschungen eingeleitet. Ich dachte, du würdest wollen, dass ich weiter nach ihm suche.“
„Ich weiß, dass Onkel Charles es sich gewünscht hätte“, erwiderte Kathryn. „Und ich wäre glücklicher, wenn Richard aus der Sklaverei befreit werden könnte. Wenn sein Vater tot ist, erbt er die Ländereien der Mountfitchets in England.“
„Er müsste seine Identität beweisen, nehme ich an?“
„Ja – und das könnte schwierig werden, wenn sein Vater nicht mehr am Leben ist. Es wird weitere Anwärter auf das Erbe geben, und diejenigen, auf die es ankommt, werden den Ansprüchen eines Sklaven, der sich wie ein Kind gibt, kein Gehör schenken. Wenn ich glaube, dass es sich bei ihm um Richard handelt, würde mein Vater ihm zwar helfen, aber was die anderen angeht …“
„Sorge dich nicht“, beruhigte Lorenzo sie. „Wir werden etwas unternehmen. Ich gebe dir mein Wort.“
„Danke.“ Kathryn blickte ihn schüchtern an. „Wirst du heute Abend mit mir essen, mein Gemahl?“
„Ja, natürlich. Ich habe die Hoffnung, dass wir etwas Zeit miteinander verbringen können, wo ich doch nun zu Hause bin. Es wäre doch gut, wenn wir einander mehr kennenlernen würden, Kathryn.“
„Das wäre sehr nett.“
Wie konnte sie nur so ruhig bleiben, wo ihr doch das Herz bis zum Hals schlug? Kathryn kämpfte gegen das Verlangen an, ihm nahe zu sein. Wenn er sie auf diese Art ansah, fühlte sie sich, als schmelze sie dahin. Aber genau das wollte sie – in seinen Armen liegen.
„Nett …“ Ein ironisches Lächeln umspielte seinen Mund. „Ja, es wird nett sein.“
„Wenn du mich jetzt entschuldigst, gehe ich und stelle sicher, dass alles bereit ist.“
Anlass zur Sorge brauchte sie nicht zu haben, denn der Haushalt lief vollkommen reibungslos, und die Dienstboten hatten mit Sicherheit bereits alles Notwendige veranlasst. Aber wenn sie blieb, hätte sie sich vielleicht verraten, indem sie ihm in die Arme gefallen wäre. Sie hätte ihn vielleicht angefleht, sie zu küssen, sie zu lieben.
Was hatte er erwartet? Lorenzo runzelte die Stirn, als er den Schmutz der letzten Monate auf See von sich abwusch. Es tat gut, nach Wochen wieder einmal zu baden. Hin und wieder eine Dusche mit Meerwasser war alles, was er und die Männer auf den Schiffen erwarten konnten. Man gewöhnte sich an den Gestank auf den Galeeren, und so hatte er die kleine Verzögerung in Kauf genommen, vor der gründlichen Reinigung in den Salon zu treten. Er war einfach zu begierig darauf gewesen, sie zu sehen. Aber ungewaschen wie er ihr gegenüber in Erscheinung trat, war es kaum verwunderlich, dass sie auf Distanz hatte bleiben wollen.
Doch hatte es nur daran gelegen, dass er zu ihr gekommen war, als der Dreck der Reise noch an ihm war? Sie wusste, wie das Leben an Bord eines Schiffes aussah, und sie selbst hatte nicht zimperlich reagiert, als sie gezwungen war, ohne große Bequemlichkeit zu reisen. Hielt sie ihn auf Abstand, weil sie nicht wirklich seine Frau werden wollte?
Er hatte seit Wochen an seine Heimkehr gedacht, hatte davon geträumt, wie sie duften, wie sie sich anfühlen würde, wenn sie neben ihm im Bett lag. War er wahnsinnig gewesen, sich vorzustellen, dass sie ihn willkommen heißen würde, wenn sie sich erst einmal an den Gedanken
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