Geheimnisvoll Vertrauter Fremder - Historical Bd 274
hinzugeben, denn es wäre nicht richtig gewesen. Sie hatte ihn geheiratet, weil sie keine andere Wahl gehabt hatte. Doch er würde sie lehren, keine Angst vor dem Liebesspiel mit ihm zu haben. Beizeiten, so glaubte er, würde sie ihn in ihrem Bett willkommen heißen.
Ein Ruf von einem seiner Männer ließ ihn aufschrecken. „Sechs Galeeren auf der Leeseite, Signore!“
Lorenzo blickte in die Richtung, in die der Mann deutete. Bisher war noch einige Entfernung zwischen ihnen, aber er konnte erkennen, dass die Ruderer sich bei dem Versuch, sein Schiff einzuholen, schwer ins Zeug legten. Niemand musste ihm sagen, dass es die Galeeren seines Feindes waren. Sein größter Wunsch, den Feind in der Höhle des Löwen anzugreifen, war ihm zwar versagt worden, aber wenigstens war eine Chance auf Rache in Sicht. Rachid beabsichtigte, sie zu attackieren. Seine persönliche Galeere befand sich an der Spitze der kleinen Flotte. Es war das erste Mal, dass er und sein Erzgegner sich auf See begegneten und zahlenmäßig fast ausgeglichen waren; Lorenzo hatte nämlich fünf Galeeren dabei. Was Rachid aber nicht wusste: Sechs weitere waren nicht mehr als eine halbe Stunde hinter ihm.
Lorenzo verspürte geradezu ein Hochgefühl. Hier war die Konfrontation, von der er immer gewusst hatte, dass sie eines Tages kommen würde – und es schien, als wäre das Glück auf seiner Seite.
Die Schlacht währte über zwei Stunden. Als der Rest von Lorenzos Flotte auftauchte, waren die Korsaren zahlenmäßig unterlegen, und jetzt war der Kampf endlich vorbei. Zwei von Lorenzos Galeeren waren von Kanonenkugeln getroffen worden, aber sie waren noch manövrierfähig und konnten den schützenden Hafen erreichen. Von Rachids Kriegsschiffen hatte man zwei versenken können, drei weitere waren schwer beschädigt. Der Gefürchtete selbst war mit seiner persönlichen Galeere geflohen, als die Schlacht in vollem Gange war. Er hatte seine Leute im Stich gelassen, als offensichtlich war, dass der Venezianer gewinnen würde.
„Sollen wir Gefangene nehmen?“, fragte Michael, als sie sahen, dass die Männer auf den Korsarenschiffen die weißen Flaggen gehisst hatten und ihre Waffen aufgaben.
„Eine der Galeeren – jene, die am stärksten etwas abbekommen hat – werden wir denen überlassen, die weiter in Rachids Dienst bleiben wollen“, entschied Lorenzo. „Sie können versuchen, sich selbst zu retten, wir werden sie nicht daran hindern. Die anderen beiden behalten wir als Preis. Jeder Mann, der bei mir anheuern möchte, kann auf einem der Schiffe bleiben, die wir mitnehmen. Wer jedoch Gegenwehr leistet, wird getötet.“
„Ja.“ Michael wollte gerade gehen, um sicherzustellen, dass seine Kommandos ausgeführt wurden, als die beiden Männer einen Tumult an Bord einer der gekaperten Galeeren bemerkten.
„Sieh nach, was dort los ist“, befahl Lorenzo mit gerunzelter Stirn.
Michael rief seinen Männern, die an Bord der gefangenen Piratengaleeren gegangen waren, etwas zu. Nach einer Weile kam er zurück, um Bericht zu erstatten. „Es scheint, als hätte man Rachids ältesten Sohn Hassan gefangen genommen. Was sollen wir mit ihm anfangen?“
„Bring ihn zu mir.“
Lorenzo spürte eine seltsame Aufregung. Endlich hatte er die Möglichkeit, seinen Feind für all das zu bestrafen, was er unter ihm erlitten hatte. Er konnte Rachid seine Grausamkeit tausendfach zurückzahlen, indem er das Leben seines Sohnes nahm. Zusätzlich zu dem Verlust von fünf seiner besten Galeeren war dies möglicherweise ein Schlag, von dem sich der Korsar nie mehr erholen würde.
Er hatte ihnen den Rücken zugewandt, als sie den Gefangenen brachten. Lorenzos Anspannung wuchs, dann drehte er sich um, um den Sohn des Mannes, den er so hasste, anzusehen. Er ließ seinen Blick über den Jüngling wandern, dann betrachtete er intensiv Hassans Gesicht. Zu seiner Überraschung stellte er fest, dass sein vorherrschendes Gefühl Mitleid und nicht Hass war. Der Knabe konnte nicht älter als sechzehn sein, und offensichtlich war er vollkommen verängstigt.
„Auf die Knie, du Hund!“, herrschte einer von Lorenzos Männern den Gefangenen an.
„Nein“, widersprach Lorenzo. „Lasst ihn stehen. Er ist ein Mann und kein Hund, ganz egal, wer sein Vater ist.“
„Tötet mich“, bat der Knabe. Er versuchte, tapfer zu sein, obwohl er vor Furcht zitterte. „Schenkt mir einen schnellen Tod, das ist alles, worum ich bitte.“
„Ich werde Euch nicht das Leben nehmen, denn das würde
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