Geheimnisvoll Vertrauter Fremder - Historical Bd 274
nicht liebte. Auf der Reise würde sie sich sittsam verhalten und auf Lady Marys Rat hören, aber sie würde nicht zulassen, dass man sie mit einem Mann verband, dem sie nicht Respekt oder wenigstens etwas Zuneigung entgegenbrachte. Vielleicht würde sie eines Tages in ihrem Herzen fühlen, dass Dickon tot war. Wenn das geschah, konnte sie vielleicht über eine Heirat nachdenken. Wenn nicht …
Ihre Gedanken liefen ins Leere, denn sie wusste nicht, was sie tun würde, wenn Dickon nie zu ihr zurückkehrte. Es gab für eine Frau ihres Standes keine Alternative zur Ehe – außer vielleicht, sie wollte sich in ein Kloster zurückziehen. Frauen heirateten oder wurden Nonnen, es sei denn, ihre männlichen Verwandten hatten Verwendung für sie. Vielleicht würde Philip ihr ein Leben in seinem Haushalt ermöglichen, wenn sie zu alt war, um noch für eine Ehe infrage zu kommen.
Es war eine traurige Aussicht, aber was gab es sonst für sie? Kathryn legte den Spiegel auf einen Tisch und ging zu ihrem Bett hinüber, einem schweren Kastenbett mit einem aus Holz geschnitzten Himmel. Es war ein schön gearbeitetes Stück mit mehreren weichen, mit Gänsedaunen gefüllten Matratzen, um die harten Bettlatten nicht zu spüren. Kathryn schlüpfte unter die luxuriösen Seidendecken und fragte sich, wie das Leben an Bord eines Schiffes wohl war.
Doch sie würde mit Vorliebe jede Unannehmlichkeit in Kauf nehmen, wenn sie dafür nur am Ende der Reise den Mann fand, den sie liebte.
Es kommt alles in Bewegung, dachte Lorenzo, als er die Versammlung verließ. Man hatte schon lange darüber gesprochen ein Bündnis zu schließen, um die Türken zu bekämpfen, aber jetzt sah es endlich so aus, als könnte es tatsächlich noch im selben Jahr so weit sein. Papst Pius V. hatte sich mit Spanien und Venedig zur Heiligen Liga zusammengeschlossen, und es bestand Hoffnung, dass auch andere ihre Schiffe beisteuern würden, um zu helfen, die Bedrohung zu bekämpfen, die das Mittelmeer und die Straße von Messina so lange heimgesucht hatte. Viele hatten angenommen, die Gespräche und Verhandlungen würden sich hinziehen. Doch nach diesen letzten Drohungen gegen Zypern und sogar gegen Rom selbst schien es, als wäre seine Heiligkeit fest entschlossen, den Feind zu schlagen, der lange die christlichen Nationen bedroht hatte.
Lorenzo war in Gedanken versunken, als er den Palast verließ. Seine Überlegungen kreisten nicht um die Versammlung, sondern um einen Brief, den er kurz vor seiner Abreise aus Venedig erhalten hatte. Er stammte von einem Engländer, mit dem er schon in der Vergangenheit geschäftlich in Kontakt getreten war. Der Mann hatte ihm mitgeteilt, dass er nach Venedig kommen würde. Zugleich hatte er ihn gebeten, ihm bei der Suche nach einem jungen Mann zu helfen, der vor über zehn Jahren von der Küste seines Heimatlands entführt worden war.
Lorenzo runzelte die Stirn, denn es war eine undankbare Aufgabe. Er wusste ebenso gut wie jeder andere, wie unwahrscheinlich es war, dass der junge Mann überlebt hatte.
Er würde natürlich alles tun, was in seiner Macht stand, um Lord Mountfitchet zu helfen, denn obwohl sie sich nie begegnet waren, hatte er nur Gutes über ihn gehört. Sein Vater, Antonio Santorini, hatte England einst besucht und davon erzählt, dass er Lord Mountfitchet getroffen hätte, und dass dieser sowohl ehrenhaft als auch anständig war. Deswegen würde Lorenzo ihm helfen. Aber einen Mann aufzuspüren, der vor so langer Zeit von Korsaren geraubt worden war …
Lorenzos Instinkte blieben wachsam, auch während er sich mit diesen Problemen beschäftigte. Er spürte, dass er verfolgt wurde. So war er vorbereitet, als er angegriffen wurde. Als er sich umwandte, zog er seinen Degen, um den drei Raufbolden entgegenzutreten, die aus der Dunkelheit auf ihn zustürmten.
„Kommt, meine Freunde“, lud er sie mit einem kalten Lächeln ein, das seinen eisigen Blick unterstrich. „Wollt ihr meinen Beutel? Kommt, nehmt ihn, wenn ihr könnt!“
Einer der drei Männer war kühner als die anderen und nahm ihn beim Wort. Die Degen der beiden Kontrahenten klirrten in erbittertem Kampf aufeinander, doch der Schurke hatte dem meisterhaften Fechter nichts entgegenzusetzen und rief seine Kameraden zu Hilfe. Die zwei anderen Gauner traten vorsichtig auf Lorenzo zu, denn sie hatten gesehen, dass er keine leichte Beute war. Obwohl die Angreifer zahlenmäßig überlegen waren, hielt er ihnen einige Minuten lang stand. Er schlug nach links und
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