Geheimnisvoll wie der Orient
vor Ihnen.“
Molly folgte seinem Blick zu der holprigen Piste.
„Hier sind Sie gelandet?“ Ihre Stimme stieg fast eine Oktave höher, als sie hinzufügte: „Während eines Sandsturms?“
„Die Sicht war in der Tat nicht besonders gut.“
Ein unkontrollierbares Lachen stieg in ihr auf. Erst jetzt wurde ihr klar, in welchem Maße er sein Abenteuer heruntergespielt hatte.
Sie selbst wäre in einer vergleichbaren Situation mit den Nerven am Ende gewesen. Ihm hingegen hatte man bei seinem unerwarteten Erscheinen am vergangenen Abend nichts angemerkt.
„Es gab keine andere Möglichkeit“, fügte er lakonisch hinzu.
„Für einen Mann mit Nerven aus Stahl gab es die vielleicht nicht“, meinte sie sarkastisch. „Für mich wäre Hysterie sehr wohl eine Möglichkeit gewesen.“
„Sie machen auf mich keinen hysterischen Eindruck.“ Er betrachtete sie mit abwägendem Blick. „Nur Frauen, die ihre Gefühle nicht unter Kontrolle haben, reagieren hysterisch.“
Die Verachtung in seiner Stimme versetzte ihr einen scharfen Stich.
„Und Sie als Lehrerin haben doch sicher gern die Zügel in der Hand.“
Er sagte es ohne eine Spur von Ironie.
Sie dachte an einige Situationen aus ihrem Schulalltag mit Teenagern, die allesamt nie um eine vorlaute Antwort verlegen waren, und sie musste lachen.
„Was ist so amüsant?“
„Ihre Vorstellung von mir“, gab sie unumwunden zu.
Seine Bitte, sich doch etwas klarer auszudrücken, ließ eine neue Welle der Heiterkeit in ihr aufsteigen.
„Ich und die Zügel in der Hand haben? Das sagt ausgerechnet der anmaßendste Mann auf dem ganzen Planeten.“ Sie waren im Palast nur förmlich miteinander bekannt gemacht worden. Wenn er sich nach kürzester Bekanntschaft mit einer Frau bereits so bestimmend verhielt, dann mochte Molly sich gar nicht vorstellen, wie er sich aufführte, wenn man privat mit ihm verkehrte. Sozusagen hinter verschlossenen Türen … verschlossenen Schlafzimmertüren …
Natürlich war er ein Prinz und daran gewöhnt, dass man ihm mit Ehrfurcht begegnete. Sie würde ihm mit genau dem Respekt begegnen, den er verdiente.
„Sie überlassen doch sicher nichts dem Zufall.“
Sie bemerkte zu ihrer Verärgerung, dass er sie amüsiert ansah. Das verleitete sie zu der Bemerkung: „Außerdem glaube ich, dass Männer wie Sie sich von Frauen, die eine eigene Meinung haben, bedroht fühlen.“
Er wirkte nicht besonders eingeschüchtert, aber das Lächeln auf seinen Zügen erstarb.
Molly schwieg, doch der Adrenalinschub, den die Auseinandersetzung mit ihm ausgelöst hatte, hatte sie angestachelt.
„Deshalb suchen sie sich auch Frauen, die an ihren Lippen hängen und ihnen nie widersprechen.“
Vermutlich war er deshalb ihr gegenüber so feindselig. Nein, das konnte nicht der Grund für sein ablehnendes Verhalten sein. Sie hatte beim Abendessenund auch später kaum mehr als Bitte und Danke gesagt.
Damit würde sie bestimmt seiner Vorstellung von der perfekten Frau entsprechen, wenn sie nur hübscher wäre. Wenn sie aussähe wie Beatrice …
„Zumindest habe ich Sinn für Humor.“
Sie bemerkte erst, dass sie die Worte laut ausgesprochen hatte, als Tair erwiderte: „Tariq ist jedenfalls sehr angetan davon.“
„Und Sie?“, brach es aus ihr heraus.
Schweigen breitete sich aus, und sie verwünschte sich insgeheim wegen ihrer vorschnellen Bemerkung.
Als er schließlich antwortete, war sein Blick unergründlich. „Ich nicht.“
Es war die Art, wie er auf ihre Lippen schaute, während er sprach, die ihren Puls zum Rasen brachte. Verlangen durchfuhr sie wie ein Blitz. Unwillkürlich streckte sie die Hand aus, um ihn zu berühren, zuckte in letzter Sekunde zurück, ballte sie zur Faust und ließ sie sinken. Sie verspürte einen leichten Schwindel und bemühte sich, tief und gleichmäßig zu atmen. Diese Hitze. War am Ende nur die sengende Wüstensonne an ihrem Zustand schuld?
Sie verlor jedes Gefühl für Zeit und Raum. Als Tair schließlich sprach, hatte sie den Eindruck, aus einem Traum zu erwachen.
„Wollen Sie hier warten, oder möchten Sie sich das Flugzeug von innen ansehen?“
„Ich hätte nichts dagegen, mir ein bisschen die Beine zu vertreten.“ Eine kalte Dusche wäre angemessener gewesen.
Er betrachtete ihr hochgestecktes Haar und ihren schmalen Nacken und fragte sich, wie er sich von ihrem unschuldigen Aussehen hatte hinters Licht führen lassen können.
Sie stiegen in die Maschine, und Tair ging durch den Passagierraum zum Cockpit.
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