Geheimnisvoll wie der Orient
hingeben. Ein vergeblicher Vorsatz.
Mollys Wimpern lagen sanft auf ihren Wangen, während sie sich vorstellte, wie es sich wohl anfühlen würde, in seinen muskulösen Armen zu liegen. Das nächste Schlagloch riss sie aus ihrem Tagtraum. Sie biss die Zähne zusammen und setzte sich wieder aufrecht hin. Der Sicherheitsgurt hatte ihr schmerzhaft in die Schulter geschnitten. Dann nahm sie das Gespräch wieder auf.
„Nein, ich war kein einsames Kind.“
Sie spürte, wie sich ihr die Brust zusammenschnürte. Tair hatte eine wunde Stelle getroffen. Dabei hatte sie sich als Kind nicht allein gefühlt. Nicht wirklich.
Wie konnte man sich einsam fühlen, wenn man einen fantastischen Vater hatte und Stiefschwestern, die einen nie ausschlossen? Sue und Rosie hatten sich immer bemüht, ihre fleißige, weniger beliebte Schwester an allem teilhaben zu lassen. Es muss an mir gelegen haben, dass ich trotzdem das Gefühl hatte, nicht richtig dazuzugehören, dachte Molly.
„Ich würde mich wesentlich wohler fühlen, wenn Sie sich aufs Fahren konzentrierten“, fügte sie hinzu. Sie hatte den Eindruck, dass sie sich inzwischen nicht einmal mehr auf einer Piste befanden. Der Weg war zusehends schlechter geworden, und sie konnte nicht mehr ausmachen, ob sie überhaupt noch einer Route folgten oder bereits durch die Wüste fuhren.
„Man könnte fast annehmen, Sie wollten das Thema wechseln.“
Dieser Mann war viel zu clever. „Nein, aber ich möchte nicht selbst krankenhausreif sein, wenn wir in der Klinik ankommen“, erwiderte sie spitz und sah ihn von der Seite an.
Es lag etwas Bezwingendes, ausgesprochen Männliches in seinen Zügen. Als er sich ihr zuwandte, fühlte sie sich ertappt und errötete schamhaft wie ein Schulmädchen.
An seinem Lächeln erkannte sie, dass es für ihn nichts Ungewöhnliches war, von Frauen angestarrt zu werden.
Eingebildeter Egoist!
„Übrigens …“, küssen Sie so gut, wie Sie aussehen? „… verkraftet Ihr Selbstbewusstsein die Frage, ob wir uns verfahren haben?“
Er grinste. So sieht er viel sympathischer aus, dachte sie.
„Mein Selbstbewusstsein ist ziemlich robust, aber danke der Nachfrage.“
Nein, er machte wirklich nicht den Eindruck, als litte er unter Selbstzweifeln.
„Dann riskiere ich es. Haben wir uns verfahren?“
„Nein.“
Was sollte sie mit dieser einsilbigen Antwort anfangen? „Wo sind wir hier?“
„Wir sind gleich am Ziel.“ Er sagte es betont gelassen, so wie man mit einem ungeduldigen Kind redete. „Genau genommen sind wir schon da.“
Ungläubig schüttelte sie den Kopf. „Hier?“ Sie sah sich um. „Was soll das?“
Er hatte den Wagen zum Halten gebracht. Sie befanden sich in einer völlig verlassenen Gegend. Um sie herum standen nur ein paar Schuppen. Das Gelände unterschied sich kaum von der Sandpiste, die sie befahren hatten.
„Das hier war vor zwanzig Jahren ein Flugplatz.“
Sie betrachtete Tairs Profil, und das Gefühl, dass etwas nicht stimmte, steigerte sich plötzlich zur Angst. „Warum haben Sie mich hierher gebracht?“
Sie waren ausgestiegen, gingen um das größte der halb verfallenen Gebäude herum und standen vor einem Flugzeug. Dahinter erstreckte sich die ehemalige Startbahn, die mittlerweile nur noch aus einer Ansammlung von Schlaglöchern bestand.
„Das gehört alles zu meinem teuflischen Plan, Sie zu entführen.“
Molly lachte nervös auf. Sie würde sich nicht von ihm einschüchtern lassen. „Vielleicht verraten Sie mir einfach, was wir hier vorhaben.“
„Ahnen Sie es nicht?“
„Natürlich nicht. Aber ich fühle mich ziemlich unruhig. Die Wüste hat diese Wirkung auf mich.“ Du hast diese Wirkung auf mich. Und noch eine ganz andere. Was ist nur los mit mir? Was ist aus meiner Überzeugung geworden, dass man sich nur zu einem Mann hingezogen fühlen kann, den man mag und respektiert.
Sie konnte sich nicht daran gewöhnen, die Kontrolle über ihre Gedanken und Gefühle verloren zu haben. Wenn man eine Gefahr erkannte, so ging man ihr doch aus dem Weg und steuerte nicht direkt auf sie zu!
Tair wandte sich ihr nun zu und sah sie fragend an.
Sie hatte den Faden verloren und wusste nicht, was sie sagen sollte. Es war mit einem Mal sehr still zwischen ihnen.
„Wo ist die Startbahn?“, platzte sie schließlich heraus. Hoffentlich sieht er mir nicht an, dass ich gerade an gefährliche Affären gedacht habe.
Falls er sich fragte, warum sie errötete, so machte er zumindest keine Bemerkung darüber. „Direkt
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