Geheimnisvolle Beruehrung
sagen versuchte, und strich mit zitternden Fingern über seine Wange. »Was hast du getan?«
»Zu viel, um es je ungeschehen machen zu können.«
Nun weinte sie tatsächlich um einen Mann, von dem sie so wenig wusste, und der doch Zugang zu ihrem Herzen hatte. Sie schlang die Arme um seinen Hals und hielt ihn einfach nur fest, obwohl sie wusste, dass sie ihn wahrscheinlich schon verloren hatte.
Auch er umarmte sie fest, sie spürte seinen Atem am Ohr. »Es tut mir leid«, sagte er noch einmal mit einer Stimme wie Sandpapier und so steif, als sei jeder Muskel bis zum Äußersten gespannt.
»Schon gut«, schluchzte sie. »Ist schon gut.« Wieder und wieder sagte sie es leise, ohne zu wissen, was der Grund dafür war, aber dennoch war ihr bewusst, dass sie in diesem Augenblick die Stärkere von ihnen beiden war, obwohl er weit gefährlicher war als sie. »Es ist in Ordnung, Kaleb, denn ich bin ja hier.«
Und es ist nicht zu spät, dafür werde ich schon sorgen.
Der stille Schwur brannte wie Feuer in ihrem Herzen, als mit einem lauten Knacken das Fenster in der Frühstücksnische in der Mitte zersprang. Das Geräusch rief eine Erinnerung in ihr wach, und sie löste sich aus der Umarmung. »Ich tue dir weh.«
Zu spät war ihr eingefallen, dass Silentium auf einem Bestrafungssystem für falsches Verhalten beruhte. Ihre Konditionierung war nicht mehr vorhanden, aber Kaleb lebte in Silentium. Jede Berührung, jede Umarmung musste furchtbare Schmerzen in ihm auslösen. Sie sah, wie er Blut abwischte, das aus der Nase tropfte.
»Nein, es ist …« Kaleb kam nicht mehr dazu, den Satz zu Ende zu sprechen, weil plötzlich etwas neben ihnen auftauchte.
Kaleb kannte den muskelbepackten Mann nicht, der teleportiert war.
Telekinetisch warf er den Eindringling gegen die Wand und hielt ihn dort mit festem Griff an der Kehle gepackt, während er gleichzeitig durch die geistigen Schilde drang, damit der Mann keine telepathischen Nachrichten senden konnte. Die meisten Telepathen konnten eine Kommunikation nicht unterbrechen, doch Kaleb hatte es von einer Bestie gelernt. »Wer bist du?«
Die schlammfarbenen Augen glitten zu Sahara, Blutblasen quollen aus dem Mund des Mannes, dem eine unsichtbare Hand die Luft nahm. Als Kaleb sich nun auch Sahara zuwandte, sah er, dass sie vor Angst einen Schritt zurückgetreten war und die Fäuste fest geballt hatte. »Hat er dir etwas getan?«
Sie schluckte, nickte zitternd, und ihre Hand fuhr unbewusst an ihren Oberarm. Der Kerl hatte ihr den Arm in der Gefangenschaft gebrochen. Kaleb knallte den Kopf des Eindringlings ein weiteres Mal telekinetisch an die Wand, fasste dann mit den Händen nach seiner Kehle und drückte zu. Ein panischer Blick bat ihn um Gnade, der Mann wusste wohl nicht, dass manche Dinge einfach unverzeihlich waren.
Plötzlich rührte Sahara sich. »Hör auf, Kaleb.«
Der Mann war schon bewusstlos, der Aufprall hatte ihm fast sämtliche Knochen zerschmettert, Blut lief ihm aus Nase, Mund und Ohren.
»Kaleb!«, schrie Sahara, als sie erneut hörte, wie die Knochen des Mannes brachen, der sie gefoltert hatte, bis sie sich tief in ihr Labyrinth zurückgezogen hatte, an einen Ort, wo es weder Schmerz noch Berührung gab, nur vollkommene Taubheit.
Das Blut gefror ihr in den Adern, als Kaleb sie anschaute. Kein Licht schimmerte mehr in der Finsternis, in der er sich befand. »Nein«, flüsterte sie, »oh nein.« Sein Zorn war gewaltig, doch der Preis, den er dafür zahlen musste, war so hoch, dass sie es dennoch wagte, die Hand auf seinen Unterarm zu legen.
»Geh«, sagte er. »Verlass diesen Raum.«
»Nur, wenn du mitkommst.« Sie würde ihn nicht allein lassen, würde sich nicht der Verantwortung entziehen.
Wie ein lebendiges Wesen sah sie das Dunkle durch Kalebs Augen an. »Deine Knochen sind so zart, und so leicht zu brechen.«
Das sollte ihr Angst einjagen. Sie bekam auch Angst, ziemlich große Angst sogar. »Sag mir, warum? Warum willst du den Mann töten? Was ist der Grund für eine solch grausame Tat?«, fragte sie flüsternd, als er den Eindringling wieder zu Bewusstsein kommen ließ und dann erneut seine Kehle zudrückte.
Kaleb hob die Hand, fast wäre sie zusammengezuckt, doch sie beherrschte sich. Aber er schlug sie nicht, sondern strich nur sanft über ihr Jochbein. »Das war auch einmal gebrochen.«
Eine schnelle Folge von Bildern aus den Jahren, die sie betäubt in wechselnden Räumen zugebracht hatte, in denen man ihren Geist hatte brechen
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