Geheimnisvolle Beruehrung
– oder war das bei Enrique anders? Er hat nur krankhafte Befriedigung dabei empfunden. Ging es dir ebenso?«
»Nein, doch ich trage den Samen zu diesem Wahnsinn in mir.« Nichts konnte die gnadenlosen biologischen Tatsachen ändern. »Nachdem ich den Schwan getötet hatte, eröffnete mir Santano, dass auf meiner Geburtsurkunde nicht der Name meines wirklichen Vaters steht.« Noch nie hatte er darüber mit jemandem gesprochen.
Er hatte Santano nicht glauben wollen und gewartet, bis er genug Geld hatte, anonyme DNA -Tests vornehmen zu lassen, um den Psychopathen zu widerlegen. »Und da wurden mir seine Worte bestätigt.« Erst nach zehn Testreihen war er bereit gewesen, seine verdorbene Herkunft zu akzeptieren.
Sahara stützte sich auf dem Ellenbogen auf und strich das Haar zurück. »Wie ist das möglich? Nach jeder Geburt wird die DNA doppelt geprüft, damit die Abstammung, das genetische Erbe, gesichert ist.«
»Geld und Macht kann vieles verändern.«
Kaleb beobachtete genau, was in Sahara vorging, als sie die Wahrheit begriff. »Dieses Vieh war dein Vater?«
»Genetisch schon.« Kaleb würde nicht mehr von Enrique annehmen, als er unbedingt musste. »Er verfolgte einen Plan, um Nachkommen mit hohen Skalenwerten zu produzieren, wollte aber nicht, dass man das Kind mit ihm in Verbindung brachte, falls das Experiment schiefging.« Santano Enrique durfte kein schwaches Kind haben, nur eines, das in jeder Hinsicht perfekt war. »Doch auch nach meiner Geburt beschloss er, die Fälschung aufrechtzuerhalten – vor allem wohl, weil er dadurch ganz anders Zugriff auf mich hatte.« Ein Elternteil, das sein Kind mit brutaler Grausamkeit behandelte, erregte selbst im Medialnet Misstrauen, ein Ausbilder jedoch durfte brutal werden, wenn sein Schützling über ungewöhnliche Fähigkeiten verfügte. Disziplin war außerordentlich wichtig bei einem kardinalen Kind mit telekinetischen Fähigkeiten – denn sonst konnte selbst ein Kind schon töten.
»Und der Mann, der auf der Geburtsurkunde dein Vater war?« Sahara strich Kaleb eine Strähne aus der Stirn. »Und deine Mutter?«
»Wurden ausgezahlt und dann still und heimlich beseitigt, als ich noch klein war.« Der Gedanke an die Leute, bei denen er bis zum Alter von drei Jahren aufgewachsen war, und die ihn dann Santano Enrique übergeben hatten, weckte keine Gefühle in ihm. »Da ihre Werte auf der Skala so gering waren, hat es niemand bemerkt.«
»Schöpfte denn niemand Verdacht, weil zwei Leute mit solch geringen Kräften plötzlich einen kardinalen Nachkommen hatten?«
»Santano hatte Mediale gewählt, die über die notwendigen rezessiven Gene verfügten, um so etwas wahrscheinlich zu machen.« Er strich über die weiche, warme Haut ihres unteren Rückens und konnte die Muskeln darunter noch ahnen, als erinnere sich der Körper an die Tänzerin … in die ein scharfes Messer hineingeschnitten hatte. »Santano sitzt in all meinen Zellen.«
Sahara schob trotzig das Kinn vor, ein Gebaren, das er von ihr schon aus ihrer Kindheit kannte. »Vielleicht hast du seine Gene, aber du bist nicht sein Sohn, und du wirst es auch nie sein.« Kalte Wut und leidenschaftliche Worte. »Wenn du es wärst, würde es dir keine Lust bereiten, mich zärtlich zu berühren, ohne mir Schmerz zuzufügen.« Sie legte die Finger auf seine Lippen und schüttelte den Kopf. »Du bist Kaleb, nur Kaleb und niemand sonst.«
Eine halbe Stunde später bereitete Sahara in der Küche etwas zu essen zu. Sie trug nur ein weißes Hemd von Kaleb, dessen Saum ihre Schenkel streifte, und war sich sehr bewusst, dass er sie schweigend beobachtete. Bestimmte Teile ihres Körpers zuckten immer noch in Erinnerung an die ungezügelte Leidenschaft, die sie gerade genossen hatten.
Im sanften Abendlicht wirkte Kaleb in der schwarzen Jogginghose und mit seinem bloßen Oberkörper wie ein junger Gott, eine zum Leben erwachte griechische Statue. Stark, wundervoll und weltentrückt.
Doch er war nicht entrückt oder kalt. Nicht ihr gegenüber. Niemals ihr gegenüber.
Als die neuesten Meldungen über den Zustand ihres Vaters eingetroffen waren, hatte er ihr angeboten, sie in die Klinik zu bringen. Doch Sahara wollte damit lieber noch warten. Leon lag auf der Isolierstation, kämpfte mit einer Infektion, die durch das schmutzige Messer des Kopfgeldjägers verursacht worden war. Sie wollte nicht noch mehr Bakterien riskieren und bezwang ihr Bedürfnis, ihn zu sehen.
»Die Prognose ist gut«, hatte Kaleb gesagt, als er
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