Geheimnisvolle Palmblätter: Ist unser Leben Schicksal oder Zufall, Karma oder Chaos? (German Edition)
ich nur in Bangalore gesehen. In Hoshiarpur ist man „weiter“: dort sind alle Horoskopdaten und Lebensläufe auf quadratischen Papieren vermerkt. Diese Papiere sind offensichtlich mit Feder und Tinte beschrieben, die Sanskritworte sind ganz gut erkennbar. Etliche dieser Papierblätter sind hier und dort eingerissen, es fehlt bisweilen ein Stückchen an einer Ecke, aber insgesamt scheinen die, die ich gesehen habe, in einem ordentlichen Zustand zu sein. In Hoshiarpur erzählte mir Dr. Mohan auch, daß seine Familie damit begonnen habe, nun alle Texte in einen Computer einzugeben, weil damit die enorm zeitaufwendige Suche anhand von Horoskopdaten der Fragesteller inmitten von Millionen von Blättern stark vereinfacht werden könnte.
Mal sehen, ob es dazu kommt, oder ob die „Magie“ eines Orakels aus fernen frühen Tagen sich nicht dem Zugriff der unpersönlichen Technik zu entziehen weiß.
Art und Inhalt der Aufzeichnungen
Die Palm- oder Papierblätter verzeichnen meistens das Geburtsdatum und den ungefähren Geburtsort des Fragestellers; die in Bangalore offenbar auch – manchmal wohl stattdessen – den Tag der Ankunft des Fragestellers in der Palmblattsammlung.
Während das Geburtsdatum einigermaßen zweifelsfrei festgestellt werden kann, ist die Bezeichnung des Geburtsortes schwieriger. Denn man findet nicht etwa genaue Koordinaten nach Längen- und Breitengraden, sondern vielmehr eher vage Angaben, wie „in einem flachen Land mit fruchtbaren Feldern“, „nahe eines hohen Berges, der meist schneebedeckt ist“ oder „an einer großen Flußmündung inmitten einer Wüste“. Daß daraus dann die norddeutsche Tiefebene, der japanische Fujiyama oder die ägyptische Nilmündung wird, obliegt dem geographischen Wissen und vielleicht auch der Phantasie des Palmblattübersetzers.
Auf den Papierblättern in Hoshiarpur sind, wie schon geschildert, Horoskopgrafiken mit den Einträgen zum Planetenstand an einem bestimmten Tag zu finden. Auf diesen Blättern wird auch der Name des Fragestellers mitgeteilt – in Hoshiarpur auch nicht-hinduistsiche Namen; manchmal sogar, wer den Fragesteller zur Lesung begleitet! Dr. Mohan las mir von einem Blatt zum Beispiel vor, daß der Name des Fragestellers mit „Joses“ angegeben wurde und der des Begleiters mit „Muhamed Yusuf“, die beide an diesem und jenem Tag zur Brighu Samhita kommen würden.
Es folgen, immer in Sanskrit, wichtige Ereignisse des Lebens – zum Beispiel familiäre Ereignisse, Kindersegen oder Kinderprobleme, berufliche Höhe- oder Tiefpunkte und finanzielle Umstände, Krankheiten und Ratschläge, wie man ihre Folgen mildern kann, und so fort.
Man findet kurz gefaßte Angaben über Orte und Rollen früherer Inkarnationen sowie stichwortähnliche Hinweise zum weiteren Ablauf dieses Lebens. Meistens ist sogar die Dauer des Lebens und angeblich sogar das Datum des Abschieds daraus verzeichnet. (Manche Menschen im Westen schrecken angesichts der Aussicht, das zu erfahren, vor einer Nachfrage zurück. Ob das heißt, daß dahinter die berechtigte Sorge vor einer „Fremdprogrammierung“ oder man eher den „Kopf in den Sand“ steckt, muß jeder Mensch für sich selbst entscheiden.)
Falls dieses Leben nicht das letzte ist, werden wichtige Themen und Aufgaben für das nächste angesprochen. Manchmal heißt es indes, daß der Fragesteller „moksha“, „Befreiung“, noch in diesem Leben erfahre.
Wozu dienen solche Schicksalsbotschaften?
Gunjur Sachidananda Murthy aus Bangalore sagte in unserem Fernsehinterview sinngemäß: „Es gibt einen göttlichen Plan, den man jedoch nicht ändern kann. Das Schicksal also kann man nicht ändern. Man kann aber das Leid verringern, wenn man den göttlichen Plan kennt und sich dementsprechend verhält. Das Leid findet statt, jedoch mit der Gnade Gottes kann man es verringern.“ Er fügte bei meinem zweiten Besuch hinzu: „Die Kenntnis des göttlichen Plans hilft, einen spirituellen Lebensweg zu suchen, und sich dadurch vorzubereiten und `würdig' zu machen, aus dem Zyklus der Wiedergeburt erlöst zu werden.“
Dr. Mohan meinte im persönlichen Gespräch im Februar 1994, daß die Brighu Samhita dazu da sei, jenen zu helfen, die litten. Er fuhr fort, daß „durch die Gnade Gottes eine Veränderung des Schicksals durchaus möglich ist“, zum Beispiel vermittels „Japji-, Kriya- oder Karma-Yogas“.
Er meinte, daß diese Sammlungen „nur für gute Seelen“ bestimmt seien, die mehr aus ihrem Leben machen
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