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Geheimnisvolles Vermächtnis (German Edition)

Geheimnisvolles Vermächtnis (German Edition)

Titel: Geheimnisvolles Vermächtnis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Hooper
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sich krank und wolle ein Hospital aufsuchen, oder etwas dergleichen? Aber wenn sie ihr nicht erlaubten, zu gehen?
    Doch dann besann sie sich mit einem Mal und straffte den Rücken. Weshalb sollte sie sich wegen der Unwins überhaupt noch Gedanken machen? Wenn sie die Urkunde zurückbekam, dann brauchte sie womöglich keinen von ihnen je wiederzusehen – jedenfalls nicht als ihre Arbeitgeber. Und wenn sie die Urkunde nicht wiederbekam und die Unwins ihr das Erbe stahlen, wie hätte sie dann je wieder für diese Leute arbeiten können, nach allem, was sie wusste? Könnte sie dann wirklich weiterhin so tun, als wäre nichts, nur um ein Dach über dem Kopf zu haben?
    Nein, sie würde einfach klammheimlich verschwinden, beschloss sie, setzte dies auch sogleich in die Tat um und schlüpfte ungesehen zur Haustür hinaus, ohne irgendwem Lebewohl zu sagen.
    In den Nebel einzutreten war, als befände man sich plötzlich unter den Blinden. Leute tasteten sich Schritt für Schritt die Straße entlang, husteten, sobaldder Nebel in ihre Lungen drang, klopften mit dem Gehstock den Weg vor sich ab, streckten die Arme vor sich aus wie Nachtwandler oder hielten sich an der Schulter eines Fackeljungen fest – sofern sie das Glück gehabt hatten, einen für ihre Dienste zu ergattern   –, der ihnen behutsam voranging und den Bürgersteig ausleuchtete. Grace erkannte sogleich, dass es sinnlos wäre, sich eine Kutsche zu mieten, denn sie war kaum fünfzig Meter gegangen, als ihr bereits zwei solcher Gefährte begegneten, die auf der Straße liegen geblieben waren. Sie hatten in der Finsternis die Orientierung verloren und sich mit einem Omnibus verkeilt. An allen drei Fahrzeugen fehlte mindestens ein Rad, und so hingen sie nun zur Seite geneigt an Ort und Stelle fest. In einer abzweigenden Straße standen zwei Kutschpferde mit einem Futtersack um den Hals und kauten seelenruhig – sie waren ausgeschirrt worden, bis der Nebel sich wieder lüftete.
    Grace tastete sich so schnell es ging an den großen Häusern der Edgeware Road entlang und benutzte dabei die Zaungitter als Geländer und Wegweiser. Sie war sich bewusst, dass Eile geboten war, doch dies schien nahezu unmöglich. Ständig musste man sich entschuldigen, weil man mit jemandem zusammengestoßen war, stolperte über Hunde oder stellte plötzlich fest, dass man sich in eine Sackgasse verlaufen hatte oder komplett im Kreis gegangen war. Kinder liefen vorbei und spielten Gespenster, stießen unheimlicheLaute aus, um die änstlicheren Leute zu erschrecken, und manche Passanten hatten sich einfach in einen bequemen Türeingang gesetzt, um abzuwarten, bis der Nebel sich ein wenig lichtete und sie ihren Weg nach Hause finden konnten. Als sie die Oxford Street erreichte, wurde es ein wenig leichter, da die Schaufenster der Geschäfte erleuchtet waren und ein jedes einen kleinen, sicheren Hafen in der Dunkelheit schuf. Als sie am Unwin-Trauerbekleidungshaus vorbeikam, sah sie sogar Miss Violet hinter den Glastüren stehen und mit ihrem üblichen heiteren Lächeln einen Kunden begrüßen, der aus dem Nebel aufgetaucht war und seinen Weg in den Laden gefunden hatte; doch ansonsten schien das Kaufhaus so gut wie leer zu sein.
    Sie eilte die Bond Street entlang, ohne die eleganten Schaufenster eines Blickes zu würdigen, und hörte ab und an einen schrillen Pfiff von einem der Londoner Polizisten, da jeder kleine Gauner und Taschendieb in der Stadt im Augenblick sein Glück versuchte. Viele Geschäfte hatten darunter zu leiden, wenn so dichter Nebel herrschte, denn die Diebe kamen einfach herein, packten den nächstbesten Gegenstand und verschwanden wieder im Nebel, bevor der Ladenbesitzer auch nur einen Schritt machen konnte, um sie zu ergreifen. Mehrere Male hörte Grace rennende Schritte in nächster Nähe an sich vorbeiziehen und gleich darauf den vergeblichen Ruf »Haltet den Dieb!«.
    Von der Bond Street wandte sich Grace nach Picadilly und dann nach Haymarket und hinunter zur Strand. Nun war sie auf bekanntem Terrain – in der Gegend, wo sie Kresse verkauft hatte – und nutzte ihre Kenntnis der kleinen Gassen und Abkürzungen. Je näher sie allerdings dem Fluss kam, umso dichter hing die Dunstglocke des Nebels über ihnen. Einmal wurde sie versehentlich von einem Markthändler mit seinem Schubkarren umgefahren, und einmal kam sie an einem Mann vorbei, der in einen Kellereingang gestürzt war und klagend um Hilfe rief. Doch sie wagte nicht, ihre Zeit zu verschwenden, um ihm zu

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