Geheimprojekt Styx
schildern. Also haben Sie bitte etwas Geduld.“
Sagst du zu einem Mann, der nur noch wenig Zeit zum Leben hat, dachte Howell bitter, werde du erst einmal so alt wie ich und erlebe das, was ich erlebt habe. Dann sprechen wir uns wieder, auf Augenhöhe.
Er beließ es bei einer Geste, die Thorne fortfahren ließ.
„Der Antrag auf politisches Asyl wurde vor fünf Tagen übermittelt. Zuerst war sich der Botschafter in Riad unsicher, wie er zu verfahren hatte, dann landete die Angelegenheit auf meinem Schreibtisch.“ Thorne unterbrach sich kurz, setzte ein stolzes Lächeln auf, und fuhr dann fort: „Ich bin hier im Hause so etwas wie der Spezialist für delikate Angelegenheiten.“ Er sah Howell an, der den Blick ungerührt erwiderte und Thorne so erinnerte, zur Sache zu kommen. Der jüngere Mann fuhr fort: „Ich habe die Sachlage geprüft und bin zu dem Ergebnis gekommen, dass ein politisches Asyl mehr als gerechtfertigt ist. Das Leben der Prinzessin ist in akuter Gefahr und ihr Ableben könnte den Emanzipationsprozess in Saudi-Arabien um Jahre, wenn nicht Jahrzehnte zurückwerfen. Das Problem ist allerdings, dass irgendjemand mitbekommen hat, dass die Haushälterin in die britische Botschaft geschickt wurde – die Prinzessin steht seit drei Tagen in einem Palast in Riad unter Hausarrest.“
„Das dürfte das Ausreisen etwas schwer gestalten.“
Thorne verzog keine Miene. „Gelinde ausgedrückt, ja. Doch dies ist jetzt der Zeitpunkt, an dem Sie und Ihre Firma ins Spiel kommen, Mister Howell.“
„Sprechen Sie weiter“, sagte Howell, als Thorne ihn ansah und auf eine Nachfrage seitens Howells zu warten schien.
„Gut.“ Thorne schaltete einige Bilder weiter, bis schließlich eine Satellitenaufnahme eines typisch gigantischen, pompös aussehenden Palastes im Außenbezirk Riads zu sehen war. „Die Prinzessin wird in diesem Palast festgehalten. Wenn Sie ausreisen soll, muss sie aus diesem Palast heraus. Und das ist mein Auftrag für Sie, Mister Howell. Schicken Sie ein Team nach Riad, holen Sie die Prinzessin aus diesem Palast heraus und bringen Sie sie über die saudische Grenze. Den Rest übernehmen wir.“
Ohne zu zögern, erwiderte Howell: „Das kommt einem Kriegsakt gleich.“
„Nein. Wir haben dieses Gespräch nie geführt, es gibt keine Aufzeichnungen, die Bezahlung wird vom MI6 verschleiert. Ihre Männer sind bloß einige Söldner, die eine Prinzessin entführen.“
„Wir sind keine Söldner. Wir sind eine private Sicherheitsfirma. Wir haben einen Kodex, Richtlinien, nach denen wir uns richten. Suchen Sie Killer, sind Sie bei mir an der falschen Adresse.“
„Sie sind eine Firma, die Rettungsoperationen durchführt. Und genau um eine solche handelt es sich hier. Aisha wird vermutlich getötet, wenn wir sie da nicht herausholen.“
„Und wir mischen uns damit in Dinge ein, die uns nichts angehen.“
„Spielt das eine Rolle? Ich sehe die Sache vom Standpunkt eines Mannes, der geschworen hat, die Menschenrechte zu achten und zu schützen und Menschen in Not zu helfen.“ Thorne atmete tief ein und aus. „Nein, Mister Howell. Ich werde jemanden finden, der nach Riad fliegt und die Prinzessin da herausholt. Ob Sie das sind oder eine andere Firma, spielt keine Rolle. Aber ich spreche zuerst mit Ihnen, da Ihre Reputation ausgezeichnet ist. Auch bei heiklen Aufgaben.“
Thorne beugte sich nach vorne, stützte die Hände auf der Tischplatte ab. „Also, Mister Howell, übernehmen Sie diesen Auftrag? Ja oder nein?“
Howell lehnte sich in seinem Rollstuhl zurück. Nicht, um Zeit zu gewinnen, sondern um seiner Antwort etwas mehr Dramatik zu verleihen. Seine Entscheidung war gefallen, noch bevor er die Diskussion, ob sie sich in Angelegenheiten fremder Nationen einmischen durften oder nicht, begonnen hatte.
Er hatte die SACS gegründet, um Menschen in Not zu helfen. Entführte Personen aufzuspüren und sie zurück in die Arme ihrer Familien zu bringen. Später war Personenschutz dazu gekommen, aber dennoch nahmen sie immer bevorzugt Rettungsaufträge an.
Für Howell war dies hier ebenfalls ein Rettungsauftrag, selbst wenn die Rahmenbedingungen heikel waren. Und gefährlich. Denn wenn die Saudis durch einen Zufall herausfinden sollten, wer da einen ihrer Paläste gestürmt hatte, würden sie einen Schattenkrieg mit der SACS beginnen. Doch einerseits hatten sie einen solchen bereits mit einem mexikanischen Drogenkartell gehabt, und andererseits hatte Howell nicht vor, das Handtuch wegen
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