Geheimprojekt Styx
neigte den Kopf etwas zur Seite. „Schulde ich dann Ihnen oder Ihrem Sohn die Gefallen?“
„Ihm.“
„In Ordnung.“ Thorne erhob sich mit einem raschen, dezenten Blick auf die Armbanduhr. „Mister Howell, ich muss Sie nun leider bitten zu gehen, man erwartet mich in einer anderen Institution.“
Warum sagst du nicht gleich Geheimdienst, Junge, fragte Howell sich, sagte dazu aber nichts.
„Soll mir nur recht sein, ich habe sowieso noch einiges zu erledigen.“
Die beiden Männer schüttelten sich die Hände, dann rollte Howell bis zur Tür, wo ihn sein Adjutant James Hudson abholte. Er schob Howell zum Lift und sie traten den Rückweg hinunter ins Erdgeschoss an, wo bereits die Polizisten der Diplomatic Protection Group auf sie warteten.
„Mister Howell“, sagte Inspector Brown wie üblich professionell und routiniert. „Wir haben Anweisung, Sie zu einem Ziel Ihrer Wahl zu begleiten. Dann werden sich unsere Wege trennen.“
Howell nickte, sah zu Tobias Brauer hinüber und sagte: „London-Hauptquartier.“
„Sofort, Mister Howell.“ Brauer setzte sich seine Sonnenbrille auf, bewegte die rechte Hand in Richtung Pistole und gab seinen Leuten ein kurzes Handzeichen. Anschließend setzte er einen Funkspruch an die Fahrer der S-Klassen ab, dass sie sich vor dem Nebeneingang treffen würden.
Inspector Brown und seine Leute setzten sich an die Spitze der kleinen Gruppe und traten auch als erste aus dem Gebäude. Sie passierten massive Poller, die ein Fahrzeug problemlos davon abhalten konnten, in das Gebäude zu rasen, und Howell wurde in die mittlere der drei S-Klassen gesetzt.
Dann setzte sich die Kolonne auch schon in Bewegung. Brauer saß wie auch schon auf der Hinfahrt im Wagen zusammen mit Howell.
„Brauer, trommeln Sie in der Niederlassung in London alle verfügbaren Leute zusammen. Und stellen Sie eine Videokonferenz mit der Nahost-Abteilung her. Wir haben zu tun.“
„Verstanden, Sir.“ Brauer tätigte während ihrer dreißigminütigen Fahrt einige Anrufe und schließlich fuhren sie in die Tiefgarage des kastenförmigen Bürokomplexes in der Innenstadt Londons. Die Immobilienpreise hier waren astronomisch hoch und dies war auch der Grund, weshalb die SACS lediglich drei volle Etagen in diesem Komplex gekauft hatte. Niemand ahnte allerdings, dass in nicht einmal vier Monaten das gesamte Gebäude im Besitz der SACS sein sollte.
Während sie die Tiefgarage hinunter fuhren, dachte Howell intensiv über eine Vielzahl von Dingen nach. Und die bevorstehende Operation, besser gesagt die Einmischung in innerstaatliche Konflikte, die er nur deshalb unterstütze, weil es zum Wohle seiner Firma war und weil er die Ansicht vertrat, dass in einigen arabischen Staaten das Selbstbestimmungsrecht der Frauen verbessert, oder erst einmal eingeführt werden musste.
War er dazu ermächtigt, solche Dinge zu entscheiden? Für Howell spielte das keine Rolle, es war seine Sicht der Dinge, von der er überzeugt war, dass sie richtig war. Und unzählige arabische Frauen, die die SACS vor ihren teils enorm gewalttätigen Ehemännern, aber auch vor Zwangsehen, gerettet hatte, bestätigten ihm dies.
Doch noch viel gravierender nagte an ihm die Frage, ob er, bevor er starb, seinem Sohn beichten sollte, weshalb er ihn überhaupt adoptiert hatte. Denn es war nicht einfach nur der Umstand an sich, dass Howell Hendricks' Eltern getötet hatte, es war viel weitreichender. Ohne den Tod von Hendricks' Eltern hätte er vermutlich nie die SACS gegründet und dem jungen Michael wäre wohl auch nie eine solche Ausbildung zuteil worden. Ferner würde es unzählige Entführungsopfer geben, die ihre Familien nie wieder gesehen hätten.
Howell war hin und her gerissen. Auf der einen Seite stand das Bedürfnis, mit allen Dingen abzuschließen, ehe er starb, doch auf der anderen Seite wollte er Hendricks' Bild und Andenken an seinen Adoptivvater nicht zerstören.
Ich habe für meine Sünde gebüßt, dachte Howell, seit Jahren zu fünfzig Prozent gelähmt, an den Rollstuhl gefesselt und in dem Wissen meinen Sohn aufziehend, dass ich seine Eltern erschossen habe. Nein, entschied er, ich kann es nicht. Ich kann ihm nicht beichten, was ich getan habe. Der einzige, der das noch weiß, ist Jack, und er wird schweigen. Das weiß ich. Es ist besser so, wenn er die Wahrheit nicht kennt. Für alle. Für ihn, für mich, für mein Andenken.
„Mister Howell, Sir?“ Die Stimme klang fern, weit weg und irgendwie seltsam fremd.
Howell hob den
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