Geheimprojekt Styx
Während sein Vater Frank Howell das Spiel der politischen Floskeln perfekt beherrschte, mied Hendricks dies wie einen Pestinfizierten.
Es folgte eine kurze Pause, ehe Naidoo sagte: „Wir werden Sie und Ihre Firma des Landes verweisen. In einem Monat müssen Sie hier raus sein, oder man wird, wenn man Sie bei einer illegalen Aktion erwischt, nach gültigem Recht verurteilen.“
Hendricks schnappte unhörbar nach Luft und sein Puls beschleunigte sich signifikant. Es war wie ein Schlag ins Gesicht, er hatte mit so einer Nachricht nicht gerechnet.
Sofort kreisten seine Gedanken um seine Jungend, die ersten Jahre seiner Kindheit hier auf dem Weingut, doch dann war er durch die Welt gereist, hatte viele Jahre in England verbracht und auf den Bahamas. Es war ein Indiz für Hendricks' Rastlosigkeit, sein Zuhause war inzwischen dort, wo Sanchez auf ihn wartete, und das konnte von einem isolierten Container in der Arktis bis zu einer Hängematte im Amazonas jeder Ort sein. Für ihn spielte das keine Rolle mehr.
Entschlossen schob er diese Gedanken weg. Howell hatte ihn so erzogen, niemals die Fassung zu verlieren, zumindest nicht vor Fremden, die nicht zur Familie gehörten. Es war, seiner Ansicht nach, ein Grundbestandteil, um in der knallharten globalen Wirtschaftswelt zu bestehen. Und Hendricks war seinem Vater für diese Lektionen sehr dankbar.
„Ganz wie Sie meinen. Aber Sie wissen, dass dies einige Folgen haben wird.“
Naidoo schwieg und Hendricks fuhr fort, und mit jedem Wort wuchs seine Entschlossenheit. „Wir werden mit sofortiger Wirkung unsere gesamten Verträge mit der südafrikanischen Regierung aufkündigen, sämtliches Personal abziehen: Personenschützer, Ausbilder, Fahrer, IT-Spezialisten. Ich frage Sie daher, wollen Sie das wirklich, Minister?“
„Mir bleibt keine Wahl.“
„Das habe ich schon viele Männer sagen gehört und sie alle haben sich und andere belogen“, erwiderte Hendricks kalt. „In Ordnung, Sie wollen, dass wir gehen, also werden wir gehen.“
„Es tut mir leid, Mister Hendricks.“
„Ihnen ebenfalls einen schönen Tag, Minister.“ Hendricks legte auf, warf das Smartphone achtlos auf die Kommode neben der Tür. Er starrte einige Sekunden mit leerem Blick auf den Boden und fragte sich, wie es wohl weitergehen würde. Er hatte vor Jahren einige Szenarien erstellt, die den Verlust des Weingutes durch einen Großbrand oder einen Anschlag als Ausgangspunkt hatten. Nun stellte er fest, dass er diese Szenarien aus ihren digitalen Archiven holen musste. Doch es gab einen gravierenden Unterschied zwischen der aktuellen Situation. Er würde das Weingut verkaufen können, was ihnen ein ordentliches Kapital einbringen sollte.
Hendricks schüttelte den Kopf, kämpfte sich aus Jeans und Boxershorts heraus und trat zu Sanchez unter die Dusche. Für die zwanzig Minuten der gemeinsamen Dusche waren die Probleme, die die Zukunft der Firma betrafen, völlig vergessen und er genoss einfach jede Sekunde.
Vor der Stahltür, die in den OP-Bereich führte, war Walter Mangope auf einer Couch eingeschlafen, den Kopf auf der Brust, was ihm die nächsten Stunden kräftige Nackenschmerzen bescheren sollte, und hatte die Hände in den Schoß gelegt.
„Walter“, sagte Doktor Jack Moloto mit seiner stets ruhigen Stimme, die eigentlich immer Gelassenheit ausstrahlte. „Walter.“
Mangope fuhr hoch, wobei er den Schmerz im völlig verspannten Nacken erst Sekundenbruchteile später bemerkte. „Ja?!“ Er hatte keine Ahnung, wie viel Zeit vergangen war, seitdem er den Behandlungsraum Gorros verlassen und sich hier niedergelassen hatte.
„Suzanna ist aus dem OP raus“, sagte Doktor Moloto ruhig. „Sie hat es überlebt.“
Mangope sackte in sich zusammen, er spürte, wie eine tonnenschwere Last von ihm fiel und die Glücksgefühle in ihm aufstiegen. „Sie haben sie gerettet, Walter. Ohne Ihre Sofortmaßnahmen wäre Suzanna jetzt vermutlich tot.“
„Ich“, begann Mangope, schluckte einen gewaltigen Kloß hinunter und begann von neuem. „Ich will zu ihr.“
„Sie hat bereits nach Ihnen verlangt“, erwiderte Moloto mit dem Anflug eines Lächelns.
Mangope setzte sich schwungvoll in Bewegung, schob Moloto zur Seite und eilte quer durch den für Operationen vorgesehenen Bereich, am eigentlichen OP-Raum vorbei zum ersten Aufenthaltsraum, wo gerade einer der Ärzte das Zimmer verließ. Er nickte Mangope zu und dieser betrat dann, nachdem er zweimal tief ein- und ausgeatmet hatte, das Zimmer
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