Geheimprojekt Styx
Schulter, erblickte Tinto, die, den Rücken halb ihm zugewandt, ihre hintere Flanke deckte.
Dann zerriss das typische Schreien eines Affen die Stille.
Die Rebellen auf dem Pfad sahen bloß kurz vom Boden auf, den sie regelmäßig ansahen, zuckten mit den Achseln und gingen weiter. Es raschelte weitere zehn Meter vor ihnen und rund zehn weitere Rebellen traten auf den Pfad. Neben Mangope sog Hendricks scharf die Luft ein.
Wenn der Pfad relativ gerade verlief, würde er etwa drei Kilometer an der Mission vorbeiführen. Das bedeutete, dass das Risiko, den Rebellen auf dem Weg zur Mission zu begegnen, mehr als groß war. Und ob eben diese nicht auch zur Mission wollten, vermochte niemand zu sagen, zumindest nicht mit Sicherheit.
Ein weiterer Affenschrei erfüllte die Luft, und Hendricks meinte, dass er dieses Mal bedeutend näher gewesen war. Er sah sich noch einmal um und erblickte Tinto, die, starr wie ein Stein, einem ausgewachsenen Schimpansen gegenüberstand. Der Affe schien noch zu überlegen, ob Tinto nun hier her in den Dschungel gehörte oder nicht.
Neben Hendricks zielte Mangope mit seiner Pistole auf die Rebellen, von denen einige bereits stehengeblieben waren. Offenbar hatte sie der erneute Affenschrei irritiert.
Hendricks überlegte nicht lange, der Affe stellte eine Gefahr dar. Zwar nur indirekt, doch sollte er weiterhin Aufmerksamkeit auf ihre Stellung ziehen, wäre es nur eine Sache von Sekunden, bis die Rebellen das Feuer eröffneten.
Er legte einen der mattschwarzen Carbonpfeile auf die Sehne des Compoundbogens und schoss dem Affen direkt zwischen die Schulterblätter. Der Pfeil durchschlug das Tier glatt und blieb in einem Baum weiter hinten stecken. Der Affe hingegen fiel wie ein Stein von dem Ast, auf dem er gehockt hatte. Tinto reagierte blitzschnell. Sie fuhr in die Höhe und schaffte es irgendwie, den Affen, zumindest teilweise, zu fassen zu bekommen. Zumindest bremste sie den Sturz so weit, dass es keinen Lärm gab. Hendricks nickte ihr anerkennend zu, was mit dem Nachtsichtgerät auf dem Kopf etwas seltsam aussah, legte einen zweiten Pfeil auf die Sehne und wandte sich wieder den Rebellen zu.
Die schienen das Interesse an dem Affenschrei verloren zu haben, zumindest machten sie sich wieder auf den Weg.
„Ausschalten oder ziehen lassen?“, fragte Mangope leise, der seine schallgedämpfte Pistole parallel zur Brust hielt.
„Wir verfolgen sie. Mal sehen, wo die hin wollen. Wir müssen eh in die gleiche Richtung, daher spielt es keine Rolle, ob wir ihnen folgen oder nicht.“ Hendricks ließ den Compoundbogen wieder zurück auf den Rucksack wandern und zog seinerseits die Pistole. Er schraubte auf die Glock einen Schalldämpfer und folgte Mangope dann. Tinto, die immer noch schwieg, bewegte sich rückwärts, wobei sie ebenfalls eine Pistole in Kombination mit einem Kampfmesser in der Hand hielt.
Die drei SACS-Mitarbeiter folgten den dreizehn Rebellen rund zwei Stunden über den Pfad, der sich relativ gerade durch den Dschungel bewegte. Sie kamen, obwohl sie sich stets versteckt halten mussten, ausgesprochen gut voran und Hendricks überarbeitete seine Prognose, am Morgen bei der Mission sein zu können. Sie würden bedeutend früher dort ankommen.
Es war fünf Uhr dreißig am Morgen, als Pater Santiago die Tür der kleinen Kapelle öffnete, um sein Morgengebet zu sprechen. Heute würden geschätzt vierzig Flüchtlinge hier ankommen, die er und die Krankenschwestern und ihr einziger Arzt schnellstmöglichst wieder versorgen und fit für die Weiterreise machen mussten.
Santiago kniete auf dem kühlen Steinboden der Kapelle nieder, bekreuzigte sich und begann zu beten.
„Pater! Pater!“, rief plötzlich eine weibliche Stimme am Eingang der Kapelle. Santiago kannte diese Stimme, sie gehörte zu Schwester Dorothea, einer Nonne aus Deutschland. „Gerade eben sind Flüchtlinge hier eingetroffen.“ Sie rang nach Atem und fuhr fort: „Ihr müsst sofort kommen!“
Santiago erhob sich mit einer fließenden Bewegung und lief Richtung Tür. Als er aus der dunkleren Kapelle hinaus in das Licht der aufgehenden Sonne trat, wurde er geblendet, doch als seine Augen sich an die Helligkeit gewöhnt hatten, sah er die zwei Jungen, die auf dem Hof zwischen den Gebäuden lagen, umringt von jeweils zwei Krankenschwestern, und ihr Arzt hatte Mühe, beide gleichzeitig zu versorgen.
Santiago kam hinzu, ging in die Hocke und begutachtete einen der beiden Jungen, der bereits bewusstlos geworden
Weitere Kostenlose Bücher