Geheimprojekt Styx
Ma'am?“
Natürlich willst du das, dachte Sanchez, Mike wird dich verbal töten, wenn mir etwas zustößt.
„Nein, folgen Sie mir mit einigem Abstand. Und bleiben Sie dezent im Hintergrund, wenn ich bei meinen Eltern bin.“
Lane verzog das Gesicht und schüttelte den Kopf. „Mister Hendricks hat uns präzise Anweisungen-“
„Ich bin Ihre Chefin, Lewis“, fuhr Sanchez ihn an. „Vergessen Sie das nicht. Sie mögen vor Mike mehr Angst haben als vor mir, aber ich kann Sie genauso entlassen, wie er es kann. Also, dezenten Personenschutz. Verstanden?“
„Jawohl, Ma'am“, erwiderte Lane zähneknirschend.
„Sehr gut. Und nun folgen Sie mir bitte.“
Sie ließ sich vom Fahrer den Schlüssel für den britischen Wagen geben, setzte sich hinter das Steuer und startete den V-12-Motor des DB9. Dann brauste sie davon und beschleunigte den Sportwagen auf die zulässige Höchstgeschwindigkeit von zwanzig Meilen in der Stunde.
Die vier Range Rover mit dem einen Dutzend Personenschützern folgten ihr mit geringem Abstand, im ersten Wagen saß Lane, und Sanchez konnte durch den Rückspiegel erkennen, dass er ein kurzes Sturmgewehr in den Händen hielt.
Je näher sie den Randbezirken Nassaus kam, desto nervöser wurde sie. Sanchez hatte ihre Eltern seit fast zehn Jahren nicht gesehen, allerdings hatte sie sich immer Berichte des kleinen Teams, welches Hendricks klammheimlich zum Schutz von Sanchez' Eltern abgestellt hatte, angesehen. Die beiden wohnten immer noch in dem Haus direkt am Strand, in dem sie aufgewachsen war. Und die Veranda quietschte wohl an einigen Stellen immer noch.
Sanchez hatte sich nie damit anfreunden können, im Leben ihrer Eltern herumzuspionieren und sie hatte Hendricks auch davon abgehalten, durch Mittelsmänner dem Tischlerbetrieb ihres Vaters lukrative Aufträge zu verschaffen. Sie hatten ihr Leben und Sanchez hatte das ihre, und sie wollte nicht, dass sich diese Leben so massiv überschnitten.
Doch der Tod Howells hatte ihr eines deutlich gezeigt: den Wert der Familie. Sie hatte sich schon fast daran gewöhnt gehabt, dass sie ihre Eltern wohl nie wieder einvernehmlich sehen würde, war in ihrer Überzeugung allerdings mehr als erschüttert worden. Sie wollte dieses Kapitel ein für alle Mal und mit ihren Eltern Frieden schließen. Denn immerhin stand die Hochzeit mit Hendricks an und dies löste in ihr ein Bedürfnis des Friedens aus. Frieden mit der Familie, würden die nächsten Jahre doch stressig genug werden.
Sanchez fuhr sich mit der einen Hand durch die Haare und tippte auf die Musikanlage des DB9. Sie sprang durch die aktuellsten Clubhits, Rock, Techno und Klassiker, bis sie schließlich das Stück fand, was sie liebte und welches Hendricks auf seinem Oberarm tätowiert hatte:
In the Air Tonight.
Sie begann, die eingängige Melodie vor sich hin zu pfeifen, und erreichte so, nun bedeutend ruhiger, rasch die Straße, in der sie aufgewachsen war. Nach einem Blick in den Rückspiegel sah sie, dass nur noch zwei der Range Rover übrig waren. Offenbar hatte Lane sich bereits ein Sicherheitskonzept überlegt.
Sanchez drosselte ein wenig die Geschwindigkeit des Aston Martin und ließ den Wagen schließlich am Bürgersteig vor dem niedrigen Gartenzaun des Hauses ihrer Eltern ausrollen. Ihr Vater war gerade an der Hausseite am Arbeiten, er sah vom Blumenbeet auf und wischte sich mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn.
Sanchez prüfte, ob ihre Sonnenbrille richtig saß, dann stieg sie aus. Als die Wagentür ins Schloss fiel, starrten ihr Vater und sie sich für etwa zwei Sekunden lang an, dann hob sie schließlich die Hand zum Gruße.
„Hallo, Dad“, sagte sie und machte den ersten Schritt in Richtung Pforte. Sanchez ging forschen Schrittes um den Aston Martin herum und war bereits durch die Pforte, bevor ihr Vater sich überhaupt von diesem Schock erholt hatte. Er kam, einen Lappen in den Händen, mit dem er sich gerade die Hände abwischte, mit einem nicht definierbaren Gesichtsausdruck auf sie zu und blieb rund einen Meter entfernt stehen.
„Nadia“, sagte er nüchtern und Sanchez lächelte herzlich, nahm die Sonnenbrille ab und umarmte ihren Vater innig. Anschließend küsste sie ihn kurz auf die Wange.
„Wo ist Mum?“, fragte sie und sah demonstrativ nach links und rechts.
„Im Haus. Was willst du hier, Nadia?“
Sanchez straffte sich etwas. „Ich will“, begann sie langsam. „Mit euch meinen Frieden schließen.“
„Nach all den Jahren?“
„John? John,
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