Geheimprojekt Styx
sich in van der Vaals Schlafzimmer um, fand niemanden und humpelte dann auf den Korridor vor dessen Schlafzimmer heraus. Die Schrotflinte schussbereit, ließ er den Blick schweifen und fragte sich, wo der Pate Kapstadts wohl hin war. Etwa eine Minute starrte er in beide Richtungen des Korridors, ehe er sich umdrehte – und Ernst van der Vaal vor sich stehen sah, eine Pistole erhoben. Hinter ihm stand eine kleine Geheimtür in der Wand offen, die er schlicht nicht bemerkt hatte.
Mangope unternahm gar nicht erst den Versuch, seine Waffe zu heben – dies klappte nur in Hollywood-Filmen.
„Und ich lebe immer noch“, sagte van der Vaal süffisant. „Sie mögen ja meine Leute getötet haben, aber mich nicht.“
„Das bleibt abzuwarten.“
„Ich glaube kaum.“ Van der Vaal drückte ab, die 9mm Kugel traf Mangope direkt in die Brust und schickte ihn zu Boden. Erneut krachte er mit dem Kopf auf den Boden, nur dieses Mal schützte ihn kein Helm. Sein Blickfeld begann zu verschwimmen, und er sah van der Vaal über sich stehen, die Pistole direkt auf seinen Kopf gerichtet.
„Leben Sie wohl. Wenn Sie eine Familie haben... nun, die werde ich bald besuchen kommen.“
Dass Mangope sein rechtes Bein leicht angewinkelt hatte, als er auf dem Boden aufgeschlagen war, hatte van der Vaal offenbar nicht registriert.
Mangope reagierte schnell. Seine Hand zuckte das rechte Bein hinunter und bekam den Griff der Glock zu fassen. Er bewegte zeitgleich das Bein etwas zur Seite und feuerte dann. Die 10mm Hohlspitzgeschosse trafen van der Vaal an vier Stellen in den Unterschenkel, der Verbrecherboss schrie laut auf und fiel um wie ein gefällter Baum, halb auf Mangope drauf. Dieser packte van der Vaals Kopf und schlang das intakte Bein um dessen Brustkorb. Während er den Rest des Körpers mit dem Bein festhielt, zog er mit den Händen am Kopf und drehte gleichzeitig.
Etwa eine Sekunde später knirschte und knackte es einmal kurz, dann erschlaffte van der Vaals Körper. Mangope hingegen ließ die Arme zu beiden Seiten fallen und schloss kurz die Augen.
Sein Brustkorb schmerzte unglaublich, der Overall hatte ein Loch genau dort, wo sich sein Herz befand, doch das Unterhemd, ein wenig dicker als handelsüblich und etwa tausendmal teurer, hatte ihn gerettet. Der Grund war simpel. Dieses Kleidungsstück gehörte zu der Sorte von modernster Schutzkleidung, die Pistolenkugeln stoppen konnten. Es gab eine Firma in Kolumbien, die diese Kleidung herstellte, und zwar alles vom Anzug bis zum Brautkleid, und Mangope hatte einmal einige Unterhemden gekauft. Man munkelte, Hendricks würde ebenfalls solche Kleidung tragen, doch bisher hatte er sich darüber immer ausgeschwiegen, beziehungsweise gleich Westen getragen, die dann noch mehr Schutz boten – allerdings dem geübten Auge auffielen und natürlich nicht so flexibel waren.
Mangope kam wieder auf die Beine, schwer atmend, und betrachtete den leblosen Körper van der Vaals. Sein Hass und Zorn waren immer noch nicht abgeklungen, und er verspürte auch nicht die Genugtuung, die er sich erhofft hatte. Doch er wusste nun, dass, ganz gleich wie mächtig jemand war, am Ende starb er wie jeder andere auch.
Er hob die Schrotflinte vom Boden auf und schleppte sich dann die Treppe hinunter. Der Blutverlust machte sich langsam bemerkbar, ebenso wie die Schmerzmittel und die zahllosen Treffer, die die Keramikplatte hatte aufhalten müssen. Mangope gestand sich ein, dass er dringend eine Auszeit brauchte.
Um das Erlebte zu verarbeiten, um zu verarbeiten, dass er sich auf direktem Wege in eine Beziehung mit einer höchst ungewöhnlichen Frau befand, die vermutlich neun von zehn Männern zur abrupten Beendung der Beziehung gebracht hätte. Doch Mangope war nicht die Sorte Mann, den man einfach so über den Kamm scheren konnte. Er hatte Jahre in einer winzigen Zelle verbracht, den Tag mit unermüdlichen Kraftübungen überbrückend und mit Hass auf die Apartheids-Regierung Südafrikas. Als dann schließlich Nelson Mandela das Ende der Apartheid einleitete, bekam Mangope einen seiner früheren Peiniger in die Finger. Er tötete den Mann, einen Aufseher in den Vierzigern, der vor Rassismus nur so troff.
Doch dessen Tod brachte Mangope nicht die innere Ruhe, nicht den inneren Frieden, den er sich erhofft hatte.
So ging es ihm nun ebenfalls.
Ernst van der Vaal, der Pate Kapstadts, der Mann, der unzählige Morde zu verantworten hatte, war tot. Die Organisation würde vermutlich in einen internen
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