Geheimprojekt Styx
an die Kabinenwand und löste dort einen kleinen Feldspaten. Gut gezielt warf er ihn aus der offenen Seitenluke. Hendricks begann mit neuen Kräften, wo die Rettung nur ein Erdloch weit entfernt war, das Rad freizuschaufeln, als die ersten Rebellen sich an der Baumgrenze zeigten. Kugeln pfiffen um seinen Kopf und er ging in Deckung.
Neben ihm zog Mangope seine Pistole und eröffnete das Feuer.
Dann plötzlich ertönte das laute Rattern eines leichten MGs, welches Santiago wohl von einer der Paletten hatte. Die Rebellen zogen sich in den Dschungel zurück, und Hendricks gelang es unter lautem Schreien das restliche Erdloch so weit zu vergrößern, dass das Rad würde hinauskommen können.
Er und Mangope hechteten in die Cessna, welche sich sofort in Bewegung setzte. Santiago hingegen deckte die Baumgrenze unentwegt mit Sperrfeuer ein, um die Rebellen daran zu hindern, sie zu beschießen. Dann, quälende Sekunden später, erhob sich die Cessna in die Luft und ließ den mörderischen Dschungel hinter sich.
Im Frachtraum lagen Mangope und Hendricks, völlig am Ende ihrer Kräfte, gegen die Seitenwände gelehnt auf dem Boden, und Santiago legte gerade das MG zur Seite. Er setzte sich auf einen der freien Sitze und sah schweigend aus dem Seitenfenster.
Tinto kümmerte sich leise um die Krankenschwestern, und der Copilot brachte frisches Wasser zu ihnen.
„Sagen Sie mal, Priester“, begann Hendricks und setzte sich etwas aufrechter hin. „Woher wussten Sie, dass es Phosphorgranaten waren? Ich habe eine Ausbildung genossen, Walter hier war bei der Armee. Wir wissen solche Dinge, aber ein Priester?“
„Sie verschweigen uns etwas“, knurrte Mangope und sein Blick war wenig freundlich. „Also, erzählen Sie's.“
Santiago sah zwischen Hendricks und Mangope, die unterschiedlicher nicht hätten sein können, hin und her und nickte langsam. „Da Sie uns gerettet haben, bin ich Ihnen das wohl schuldig, was?“
„Ja.“
Santiago straffte sich etwas, dann begann er ruhig zu erzählen. „Mein voller Name ist Santiago Gorro, ich war achtzehn Jahre lang bei der Spanischen Legion. Ich habe im Irak, in Afghanistan und im Kosovo gekämpft. Irgendwann konnte ich die Gesichter der Menschen, die durch Terroristen oder mich selbst ums Leben gekommen waren, nicht mehr verdrängen, sie verfolgten mich im Schlaf. Es war furchtbar. Meine Kameraden sagten mir, man würde damit irgendwann umzugehen lernen. Nun, ich hatte meine Probleme damit. Also schied ich aus dem Dienst aus. Wissen Sie, ich ging zur Armee, um Dinge zu verändern, den Leuten zu helfen. Daher wollte ich dies auch danach noch tun und wurde schließlich Priester.“ Er sah seine Gesprächspartner an. „Haben Sie nicht solche Probleme?“
„Wenn wir solche Dinge nicht spüren würden, wären wir keine Menschen“, sagte Hendricks. „Ich habe eine Freundin, die mir mehr als genug Rückhalt gibt, und meine aktive Feldzeit endet auch hier und heute.“
„Ach, Sie steigen aus?“
„Nein“, korrigierte Mangope. „Er wird der Chef unserer Firma.“
„Hmm.“ Santiago musterte Hendricks eingehend. „Sie waren nie beim Militär, oder?“
„Nein.“
„Polizei?“
„Nein.“
„Geheimdienst?“
„Auch nicht.“
„Sie wurden also einfach vom Zivilisten zum Söldner?“
Hendricks sah an Santiago vorbei. Er kannte den Mann kaum, wusste aber, wo er ihn einzuordnen hatte. Er war genau wie so viele Männer und Frauen, die er kennengelernt hatte, ein ehemals gebrochener Geist, der seine Zuflucht in friedlichen Dingen gefunden hatte. Doch ihre Vergangenheit konnten sie nicht leugnen, sie konnten ihr nicht entkommen.
„Nicht direkt, aber im Grunde ist es richtig. Mein Vater ist der Chef der South African Consulting Service, ich werde die Firma übernehmen. Und dies hier war mein letzter Feldeinsatz.“
„Seien Sie froh, wenigen ist es vergönnt, so rasch den Dreck der Schützengräben hinter sich lassen zu können.“
„Wir sind eine Firma, die Rettungsoperationen durchführt“, betonte Hendricks deutlich. „Wir sind kein Killerkommando.“
„Natürlich nicht“, sagte Santiago sarkastisch.
„Urteilen Sie nicht über Dinge, die Sie nicht kennen!“, fuhr Mangope den Priester an. „Verstanden?“
Der Priester sah den bedeutend größeren Mangope unbeeindruckt an. „Denke schon.“
„Ruhig, Walter“, mahnte Hendricks. Er schloss die Augen und war in Gedanken bereits daheim bei Sanchez.
„Etwas Musik gewünscht?“, erkundigte sich der Pilot
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